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Der Schriftsteller Heinz Kruschel ist nach langer Krankheit im Alter von 82 Jahren gestorben Auf der Suche nach der freundlichen Welt

16.12.2011, 04:24

Heinz Kruschel ist tot. Der Autor, dessen Bücher hohe Auflagen erreichten, starb am 13. Dezember. In ihm vereinten sich ein freundlicher Geist und ein kritisches Wesen.

Von Dorothea Iser

Magdeburg l Heinz Kruschel, der am 8. Oktober 1929 in Staßfurt geboren wurde, arbeitete unermüdlich und recherchierte gewissenhaft.

Die besondere Kraft des Künstlers, so sagte er mal, liegt darin, nicht teilnahmslos zu sein. Er verband das mit Güte und Menschlichkeit, mit Entscheidung für das Wesentliche und dem Übernehmen von Verantwortung. Sich verantwortlich fühlen macht unruhig, treibt voran und belastet.

Kruschel hat sich nicht geschont. Er wollte wirksam sein, die Dinge bewegen, wie es seine Bücher tun. Er förderte junge Poeten und schreibende Arbeiter, kümmerte sich um Schaffensprobleme und um Wohnungsnöte der Kollegen, setzte sich für sie ein und bezog einen klaren Standpunkt im Verband der Schriftsteller, in den Verlagen und später auch in den Vereinen.

Wenn ein neues Jahr begann, wurde er nachdenklich

Er war Gründungsmitglied des Pelikan und des Friedrich-Bödecker-Kreises in Sachsen-Anhalt. Zehn Jahre lang führte er den Bödecker-Kreis als Vorsitzender und sorgte mit seinem Anspruch für Qualität der Arbeit.

Er schaffte es, dass Bilder, Skizzen oder Drucke der befreundeten Künstler sogar zwischen die Texte von Programmen und Dokumentationen gesetzt wurden. Das Nötige und das Mögliche wurden miteinander verbunden. Das kostete Kraft und Zeit. Die verging ihm viel zu schnell.

Wenn ein neues Jahr begann, wurde er nachdenklich. Er liebte die Tage, an denen er in seinem Arbeitszimmer saß und schreiben konnte. Dafür nutzte er die Vormittage. Das Lesen gehörte ebenfalls in seinen Tagesablauf. Er liebte Kabarett, ging gern ins Theater, in Museen, besuchte Ausstellungen und Konzerte.

Bei Faulheit und Dummheit hörte der Spaß für ihn auf, obwohl er über einen gesunden Humor verfügte. Verwundbar und verletzlich blieb er. Während er für andere stritt, konnte er sich selbst nur schlecht verteidigen. Er wurde oft zu Lesungen eingeladen. Auf Buchbasaren bildeten sich Schlangen vor seinem Stand.

Schwer war es für ihn nach der Abgabe eines Manuskripts, einen neuen Anfang zu finden. Da kamen ihm Einladungen gerade recht. Mehr als sonst suchte er dann Kontakte und Gespräche. Es war seine Zeit für Konzeptionen und Exposés, aber er hielt sich nicht daran.

Die Figuren, die Fabel, alles muss wachsen wie ein Baum, von dem er vorher nicht sagen konnte, wie er mal aussehen wird. Das Schreiben blieb für ihn selbst eine Überraschung. Die Klage, dass seine Figuren nicht auf ihn hören wollen, zeigte, wie ernsthaft er das mit dem Wachsen meinte.

Er freute sich, wenn er erlebte, dass sich einer veränderte, Vorbehalte ablegte, Positionen prüfte und zu eigenen Ansichten fand. Erst recht, wenn er Anteil daran hatte.

Kritische Auseinandersetzung mit einem Parteisekretär

Wer beginnt selbst zu denken, der beginnt auch zu wachsen. Viele wichtige Bücher hat er geschrieben.

Hohe Auflagen bekam "Das Mädchen Ann und der Soldat". Bekannt als Tendenz in der Literatur wurde der Roman "Gesucht wird die freundliche Welt", der als "Sabine Wulff" verfilmt wurde.

Die härtesten Auseinandersetzungen sind nach dem Roman "Leben. Nicht allein." geführt worden, weil er sich kritisch mit einem Parteisekretär auseinandersetzte.

Er hat Hörspiele und Kindergeschichten, Jugendbücher und Romane, Reportagen und Porträts geschrieben. Ein historischer Roman blieb unvollendet.

Heinz Kruschel war lange Zeit krank. Seit September konnte er das Bett nicht mehr verlassen. So also ist das Ende, sagte er noch. Am vergangenen Dienstag wurde er von seinen Qualen erlöst.