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"Sex ist ihr Hobby": Lilo Wanders erzählt Heikles und Pikantes im Magdeburger Theater Grüne Zitadelle Aufklärung für Fortgeschrittene mit einer Diva

Von Claudia Klupsch 24.10.2011, 04:32

Magdeburg l "Habt ihr hier in Magdeburg einen Sexshop?", fragt Lilo Wanders vorsichtig zweifelnd. "Mehrere!", tönt es empört aus dem Publikum. Wahrlich, in einer Zone, in der Grundaufklärung vonnöten ist, befindet sich die Wanders bei ihrem Auftritt im Theater Grüne Zitadelle am Freitagabend nicht. Ihr Tourneeprogramm "Sex ist ihr Hobby" spielt sie vor ausverkauftem Hause. Das Publikum erlebt einen spaßigen Abend, der auch "Aufklärung für Fortgeschrittene" überschrieben sein könnte.

"Ich bin die Wanders, ich mache alles mit", stellt sie sich zu Beginn singend vor. Eine Erscheinung! Grellblondes Haar, schwarzes langes geschlitztes Kleid. Ihre Körpergröße befindet sich im Bereich der Zwei-Meter Marke, High-Heels inklusive. "Femme cathedrale", formuliert sie es treffend.

Lilo Wanders - Schauspielerin, Moderatorin, Entertainerin, Travestiekünstlerin. Bürgerlicher Name: Ernst-Johann Reinhardt. Einst begrüßte sie mit "Hallo, liebe Liebenden" die Zuschauer der TV-Sendung "Wa(h)re Liebe", in der so manches Sex-Thema wie selbstverständlich enttabuisiert wurde.

Als Sexpertin fungiert sie in ihrem Programm vortrefflich. Stilecht lässt sich die Diva auf einer schwarzen Ledercouch nieder, schlägt die überlangen Beine übereinander und setzt die Kennermiene auf. Der Abend wechselt zwischen Rückblicken auf "Wa(h)re Liebe", eigenen Liebes-Erlebnissen (etwa mit Karsten, der Kanaille), "poetisch" angehauchten Beiträgen ("geküsstes Fleisch leuchtet"), wissenschaftlichen Abrissen über die menschliche Sexualität, "erforscht am lebenden Objekt" und gestenreich intonierten Liebesliedern.

Den Zuschauern dringt eine Stafette von Witzen und komischen Anekdoten in die Ohren. Die Lacher sind der Wanders gewiss, wenn sie über das "Leben nach der Ejakulation" nachdenkt, sich zu Sätzen hinreißen lässt, wie "Männer denken immer, sie kommen zu kurz, dabei kommen sie zu früh" oder den "kleinen Tod" für die Frau auf drei bis zehn Sekunden begrenzt ("wenn\'s länger dauert, ist\'s vorgetäuscht!").

Die Ausschnitte aus der Kult-TV-Sendung sind gekonnt eingesetzt, wobei der Beitrag über den Gummipuppen-Belastungstest besonders gut ankommt. Doch insgesamt scheint dem Abend eine schlüssige Struktur zu fehlen, auch hat er zuweilen Längen, weil vieles bekannt und längst nicht mehr spektakulär ist. Einige Witze sind eher vulgär als lustig. Die Zuschauer sind ein einziges Mal zur Aktion animiert - als sie mit einer Fruchtkombination aus Erbse und Orange ihre Tastsensibilität trainieren sollen.

Doch all das sei der Diva verziehen. Gestik und Mimik zu Heiklem und Pikantem sind einfach köstlich, ebenso wie ihre Präsentation verschiedenartiger Dildos. Erfrischend auch ihre Ironie bzw. Selbstironie. Auf das fortschreitende Alter anspielend meint sie: "Wenn du beim Küssen eine Leselampe brauchst, ist es Zeit, beim Sex das Licht auszumachen."

Am Ende bekommt Lilo Wanders herzlichen Applaus. Und es sei ihr beizupflichten: "Lachen und Sex - es gibt nichts Besseres für die Gesundheit."