Atelierbesuch bei dem Maler Christoph Bouet in Gommern Aus der Tube gedrückte Gemälde
Eigentlich sollte der jüngst verabredete Atelierbesuch an einem Feldrain nahe Gommern stattfinden. Allein der Dauerregen und die unwirtlichen Temperaturen ließen das Vorhaben scheitern und so wurde es ein Atelierbesuch in den geschützten Räumen eines Hauses in der kleinen Stadt Gommern. Hier war zu hören, dass seit 2004 fast alle Bilder von Christoph Bouet in der freien Natur entstehen.
Von Jörg-Heiko Bruns
Gommern. Wegen des grauen Himmels war aber auch ein Stillleben mit frischem Gemüse im Atelier aufgebaut und schon zu großen Teilen auf der Leinwand zu sehen, was einen für den Kunstfreund angenehmen Geruch von Ölfarben, Terpentin und somit frischer Arbeit ausströmte.
Selbst als Kurator der gro- ßen Ausstellungen "Der Dinge Stand" 2009 und 2010 muss ich gestehen, nichts von dem Maler Christoph Bouet in Gommern gewusst zu haben. Im Sommer entdeckte ich seinen Namen in Gera in der Ausstellung "Sachsen am Meer" und bekam bald darauf eine Einladung vom Ahrenshooper Kunstkaten, wo er nach Manfred Gabriel seine neuesten Bilder ausbreiten konnte. Ein schöner Katalog der "Galerie Berlin" zur Ausstellung bestärkte den Entschluss, diesem Mann schleunigst einen Besuch abzustatten.
Christoph Bouet, in Halle/Saale geboren, in Gommern aufgewachsen und dort und in Burg zur Schule gegangen, hat seine Liebe zur Malerei schon sehr früh entdeckt. Mal wollte er als Kind wie Spitzweg malen, mal erfand er lieber eigene Kompositionen. Seine Eltern hatten schon, als er dreizehn war, zwei große Reisekoffer voll mit Skizzenbüchern, Malpappen und Zeichenblöcken mit seinen Werken zusammengestellt und waren mit ihm nach Halle zur "Burg", der nächstgelegenen Hochschule für Kunst, gefahren, um zu erfragen, ob die bildende Kunst mal sein Beruf werden könnte.
Dort befand man, es könnte. 1988, also schon vor dem Eintritt ins Gymnasium (damals noch EOS ab 11. Klasse) bestand er die Voreignungsprüfung und war so einer der seltenen Fälle, der gleich nach dem Abitur mit dem Kunststudium beginnen konnte.
Bis dahin nahm er aber noch zusätzlichen Zeichenunterricht bei Wilhelm Paulke in Magdeburg. Dann studierte er bei Professor Ronald Paris an der Hochschule für Kunst und Design in Halle auf der Burg Giebichenstein. Seit 2000 arbeitete er freischaffend in Halle und Potsdam und seit 2005 in Gommern, wenn er nicht auf Mal- und Studienreisen ist in Frankreich, Italien, Kanada, Österreich oder den Niederlanden.
"Mit der Malerei bin ich verheiratet, es ist ja meine Jugendliebe"
Eigene Ausstellungen hatte er bisher "nur" in der Galerie Berlin (2008) und jetzt im Kunstkaten in Ahrenshoop, der wiederum eine Ausstellung in Berlin folgen wird. So erklärt sich vielleicht auch die Unkenntnis des Autors dieses Beitrages.
Der Atelierbesuch bringt aber auch weitere Überraschungen zutage. Sein Atelier riecht nicht nur nach frischen Farben und Terpentin, sondern riecht auch nach Musik. Eine Mal-Ecke ist ihm ja geblieben, aber ein größerer Teil des Raumes ist ausgestattet mit komplettem Schlagzeug, Gitarren stehen griffbereit neben dem Mischpult und die Decke des Raumes ist, Beuys lässt grüßen, mit Filz ausgespannt, um die Lautstärken zu zügeln.
Und dann: In seinem Katalog finden sich auch Gedichte von seiner Hand. Bouet definiert das so: "Mit der Malerei bin ich verheiratet, es ist ja meine Jugendliebe. Und die Musik, zumeist Country-Rock, ist meine Geliebte. So bin ich ein äußerst ausgeglichener Ehemann der Malerei."
Im wirklichen Leben ist er auch verheiratet und seine Frau ist eine seiner gefragtesten Kritikerinnen, der noch nicht ganz einjährige Sohn äußert sich noch nicht zur Kunst des Vaters, der als Maler, Dichter und Musiker eines der seltenen Multitalente ist.
Seit 2007 sieht er Kontinuität in seinem Werk. Bis dahin malte er seine sogenannten "Dunkelbilder", die er als "innere Landschaften" sieht. Jetzt geht er nach außen, malt in der freien Natur seine Landschaften in expressiver Farbigkeit, nicht mehr in monatelangen, immer erneuten Korrekturen, sondern eher in einem kurzen, eruptiven Ausbruch drückt er seine Bilder aus den Tuben auf die Leinwand.
"Hier habe ich meine Lichtblicke", sagt er, wenn er wie einst die Postimpressionisten und Fauves nichts anderes gelten lässt als die freie Natur unter wechselndem Licht der Tages- und Jahreszeiten.
"Das Elementare der Naturansichten stand im Vordergrund"
"Vitale Farbschreie aus der Tube gedrückt" überschreibt Astrid Volpert deshalb auch ihren Katalogtext über Christoph Bouet.
Im Farbenrausch des Künstlers entstehen derzeit expressive Bilder, die mit den Farbmassen großartige Reliefs bilden und somit der Zweidimensionalität entfliehen und seine Kunst ein Stück mehr unabhängig machen.
So entstanden neben Landschaften und Stillleben auch Porträts berühmter Künstler wie Günter Grass, Siegfried Lenz, Albert Camus, Max Beckmann. "Malerei ist eine Sprache", formuliert Bouet, und "meine Kerninformation dieser Sprache ist Glückseligkeit. Vor allem als Freude über die Geburt meines Jungen. In den Jahren davor, auch auf die Porträts bezogen, stand die physische Kraft meiner Malerei im Fokus. Der Gestus war rauer und größer, das Elementare der Naturansichten stand im Vordergrund. Seit März dieses Jahres hat sich eine "friedlichere" Formsprache entwickelt, in der ich meine Freude über meinen Jungen ausdrücken kann."
Dies sagt er selbstbewusst und völlig unbeeindruckt von gegenwärtigen Moden und dem Kunstmarktgetriebe. Er bekennt sich gern zu seinen Vorbildern, zu denen aus der Neuzeit sein Lehrer Ronald Paris, aber auch Bernhard Heisig oder Hartwig Ebersbach gehören.
Wenn der Atelier-Besucher vor seiner Fahrt nach Gommern zunächst an Vincent van Gogh oder auch an Maurice de Vlaminck gedacht hatte, jetzt, als er das Atelier verließ, hatte er nur noch den jungen Maler Bouet und seine kompromisslosen Bilder vor Augen.