Ausstellung Schönebeck erinnert an Werner Tübke
Werner Tübke galt als einer der bedeutendsten DDR-Maler. Seine Geburtsstadt Schönebeck erinnert nun mit einer Ausstellung an ihn.
Schönebeck l „In diesem Haus wurde am 30. Juli 1929 der bedeutende deutsche Maler Werner Tübke geboren.“ Man muss gut hinschauen, um die Plakette am Haus Markt 13 zu entdekcen. Es ist in privater Hand. Die Schaufenster im Untergeschoss verheißen tristen Leerstand.
Bis 1948 wohnte Tübke in Schönebeck. Dort besuchte er die Schule, machte eine Malerlehre, dann sein Abitur. Privaten Zeichenunterricht hatte er in Magdeburg. Dann zog er aus nach Leipzig. Kunst und Studium riefen.
Er war Assistent, Dozent, Professor, Rektor der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig. Berühmt wurde er vor allem mit seinem 1987 fertiggestellten Monumentalbild zu den Bauernkriegen in Bad Frankenhausen. Da gehörte er mit Wolfgang Mattheuer und Bernhard Heisig schon längst zum legendären Dreigestirn der sogenannten Leipziger Schule.
Heute sind alle drei Maler tot. Tübke, eigenwillig und extravagant, geschätzt, umstritten, immer wieder auch abwertend als Staatsmaler bezeichnet, starb 2004 kurz vor seinem 75. Geburtstag.
Damals schon gab es in der Sparkasse von Schönebeck eine Ausstellung. Fünf Jahre später, der 80. wäre zu feiern gewesen, erinnerten Weggefährten erneut in der Elbestadt an den großen Meister. Mit dabei war Eberhard Frank, selbst Maler und ehemaliger Nachbarsjunge von Werner Tübke. Frank, auch schon verstorben, hatte jahrelang in seinem Atelier ein Selbstbildnis von Tübke hängen, der eine Rechnung damit bezahlt haben soll.
Jetzt ist dieses kleine Selbstbildnis aus dem Jahr 1947 in der aktuellen Ausstellung zu sehen, mit der der Verein Industrie- und Kunstmuseum Schönebeck den wichtigen Sohn der Stadt ehrt. Es ist das einzige von Tübke geschaffene Ölbild in der Ausstellung. Sie richtet den Blick auf Lithografien, Zeichnungen und Aquarelle. Zu verdanken sind die Leihgaben der Leipziger Galerie Schwind, der Tübke-Stiftung Leipzig und der 88-jährigen Witwe Brigitte Tübke-Schellenberger.
Die bis zum 24. August zur Verfügung gestellten 40 Arbeiten sollen einen Blick auf den Maler-Fürsten ermöglichen, der seinen künstlerisch eigenständigen Weg als Zeichner begann. Ganz frühe Kohle- und Bleistift-Zeichnungen sind zu sehen: die Elbe bei Schönebeck, die Brücke, die den Fluss überquert. 1949, 1953, 1962 die Entstehungszeiten. Da ist nicht ersichtlich, dass Tübke ein distanziertes Verhältnis zu seiner Geburtsstadt nachgesagt wird. „Dies ist nicht meine Stadt“, soll er zu DDR-Zeiten auf einer Kulturbund-Veranstaltung in Schönebeck gesagt haben. Das Warum blieb er damals schuldig.
Lithografien aus einzelnen Schaffensphasen sind nun zu sehen, bis hin zu Tübkes Sichten auf die Welt. Usbekische Landschaft, Kaukasus, Sinai. Zahlreiche Studienreisen hatten den Maler schon zu DDR-Zeiten ins Ausland geführt. Bad Frankenhausen zum Beispiel, wo Tübke bis zur Erschöpfung sein bis heute vielbesuchtes Bauernkriegs-Panorama schuf, zeigt Arbeiten von Reisen durch die Sowjetunion. „Seine Gemälde stießen in der DDR auf Unverständnis. Man hatte gehofft, den neuen Sowjet-Menschen darin zu sehen, stattdessen kam Tübke zurück mit geradezu altmeisterlichen Darstellungen“, sagte Johanna Huthmacher vom Panorama-Museum gegenüber der Nachrichtenagentur dpa.
In Schönebeck ist Tübkes Perfektion in den Lithografien ersichtlich, deren Inhalt aber wird so manchem als tübketypisch fremd und verschlüsselt bleiben. Um das Metaphorische und Rätselhafte zu deuten, ist ein gewisses kunsthistorisches Wissen angebracht.
Das wird auch vorausgesetzt, wenn man die Aquarelle zu „Arbeiterklasse und Intelligenz“ von 1970 betrachtet. Zwei Studien sind zu sehen. Darf der Betrachter davon ausgehen, dass sie zu jenem Auftrag gehörten, den Tübke erhielt, um für die Leipziger Universität ein monumentales Wandbild mit Marx‘schen Zielen zu schaffen?
Es ging damals um die großen Themen Kunst, Wissenschaft und Arbeit, die sich im Rektoratsgebäude des Universitätsneubaus wiederfinden sollten. Jahrelang, die Mauer war längst gefallen, hatte es um diese zwischen 1970 und 1973 entstandene Großarbeit einen emotionsgeladenen Streit gegeben. „Arbeiterklasse und Intelligenz“ wurde erst abgehängt, dann wieder aufgehängt.
Man will das gar nicht bewertet wissen. Aber Kunst nur aufstellen und den Betrachter sehr alleinlassen mit den sehenswerten Arbeiten, tut einer Ausstellung nicht gut. Wer Tübke zeigt, muss Werk und Vita zumindest ein klein wenig einordnen.
Geöffnet sonnabends und sonntags jeweils 14 bis 17 Uhr, Industrie- und Kunstmuseum, Ernst-Thälmann-Straße 5a, Schönebeck.