Erinnerung Der Modezar aus Magdeburg
Die Modenschauen von Heinz Bormann waren legendär. Der MDR erinnert in einer Reihe an den Modeschöpfers aus Magdeburg.
Magdeburg l Mit 20 alten Nähmaschinen fing der Aufstieg zum Modezar der DDR an. Heinz Bormann hatte sie vom Konfektionsbetrieb der Schwiegereltern sichern können. Magdeburg war zerbombt, Bormann zog ins heil gebliebene Schönebeck. Er stellte 30 Leute an, die Unterhosen flickten und Uniformen für die Sowjets herstellten. Bezahlt wurde damals zu großen Teilen noch in Naturalien. Die Uniform-Schneiderei war der Beginn einer außergewöhnlichen Erfolgsstory.
Die Dresdner Autorin Antje Schneider erzählt in ihrem Film „Heinz Bormann – Der Modezar aus Magdeburg“ vom Aufstieg des gebürtigen Erfurters, dessen Firma bald 200 Beschäftigte hatte. Neuer Firmensitz wurde Magdeburg. Für Aufsehen sorgte Bormann mit Helena Zeilhofer, der jungen Modedesignerin aus München, die im Magdeburger Kristallpalast ihre erste Kollektion zeigte. Filmaufnahmen zeigen die Mannequins und die begeisterten Besucher.
Bormanns Modenschau waren legendär. Seine Modelle waren individuell und exklusiv. Vor allem Frauen sehnten sich nach etwas anderem als der volkseigenen Kleiderproduktion. Der Westen wurde schnell auf den Modemann aus dem Osten aufmerksam. Otto, Quelle und Neckermann bestellten bei ihm Kleider, Röcke und Blusen. Auch Lotte Ulbricht – die Frau an der Seite des einstigen Staatsratsvorsitzenden Walter Ulbricht war nicht gerade bekannt für Chic – wollte Bormann-Mode.
Designerin Ursula Beutler erinnert sich gut an den Auftrag. Horst Fahlberg, einst Chauffeur der Bormanns, spricht über die Fahrten nach Berlin und Leipzig. In der Messestadt wurde der Nerz für den Kragen der „First Lady“ besorgt. Dagmar Frederic, eine der bekanntesten Schlagersängerinnen der DDR, gehörte ebenfalls zu den Kunden des Modezars aus Magdeburg. Sie erzählt von ihrem Auftritt im Friedrichstadt-Palast und dass sie zu ihrem Erstaunen von der unbequemen Kritikerin Renate Holland-Moritz für ihr Outfit gelobt worden war.
Bormanns Leben in der DDR war alles andere als republiktypisch. Bormann reiste, flog zu Shootings um die Welt. Längst hatte er im Westen den Beinamen „Der Rote Dior“. Filmaufnahmen zeigen ihn mit Models in Russland und bei privaten Modenschauen in seiner Villa. Und die DDR profitierte von Bormanns Erfolg. Der Staat verdiente ordentlich mit.
Immer wieder kommt Jens Bormann zu Wort, der für den Film zahlreiche Alben wälzte. Der jüngste Sohn des einstigen Unternehmerpaares, der in Schönebeck lebt, erzählt nicht nur vom Vater, dem bemerkenswerten Ökonomen und Macher, sondern auch von seiner Mutter Hanna. Sie stand im Schatten ihres Gatten, musste sich jedoch um vieles kümmern, weil der Firmenchef stets unterwegs war.
Bormann war, das wird im Film deutlich, ein cleverer Geschäftsmann, der es trotz schwieriger Planwirtschaftsbedingungen immer wieder verstand, seine Chance zu nutzen. Doch mit dem Aufstieg Erich Honeckers zum wichtigsten Mann der DDR endete die erfolgreiche Unternehmensgeschichte. 1972 wurde der Bormann’sche Betrieb ein VEB. Der Modezar wurde enteignet.
Ruth Duhm, eine der Näherinnen, die sich heute immer noch treffen und über einst austauschen, ist die Erinnerung an den Abschied noch sehr nahe: „Er hat sich von uns verabschiedet und vor uns geweint.“
Bormann war im Februar 1989 gestorben. Auf der Modavision 2018 in der Landeshauptstadt trugen Models auf dem Laufsteg als Hommage wieder Mode von ihm. In Magdeburg ist er nicht ganz vergessen.
Das MDR-Fernsehen zeigt „Heinz Bormann – Der Modezar aus Magdeburg“, am Donnerstag, 13. Dezember, um 23.05 Uhr.