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Magdeburg Ein Reigen skurriler Gestalten

Was für ein Spaß! „Ein Käfig voller Narren“ schuf am Sonnabend einen Theatersaal voller begeisterter Zuschauer.

Von Claudia Klupsch 14.02.2016, 23:01

Magdeburg l Das schräge Musical von Jerry Hermann und Harvey Fierstein stammt aus den 80ern. Die Erfolgsgeschichte begann am Broadway und setzt sich bis heute in unzähligen Inszenierungen fort. Die Story im Drag-Queen-Milieu des Nachtclubs „La Cage aux folles“ in St. Tropez ist komisch und turbulent, setzt aber auch eine klare Botschaft: Respekt für alle Spielarten der Liebe! Freie Bahn für Transen und Tunten! Lieben und lieben lassen, egal, wie Mann und Frau ticken. Der das Musical prägende Song „Ich bin, was ich bin“ ist ein Ohrwurm.

Die Magdeburger Inszenierung von Regisseurin Cornelia Crombholz und Musikchef Hermann Dukek versprüht erfrischende Leichtigkeit. Sie verzichtet auf Einfälle, die Botschaft übermäßig zu betonen. Amüsement hat Vorrang. Und das ist gut so.

Die Zuschauer sind mitten im Geschehen. Ihnen als Besucher des „La Cage aux folles“ öffnet sich der rote funkelnde Vorhang für extravagante Shownummern. Marcel Keller nutzt für seine Bühnenbilder alle Möglichkeiten einer Drehkonstruktion. Blitzschnell verändert sich der Ort des Geschehens, geht der Blick von Showbühne mit Showtreppe sofort in die Künstlergarderobe mit zickigen Show-„Girls“, ins Privatgemach des Besitzers, auf den Platz vor dem Club. Das bringt Rasanz ins Geschehen, das voller Turbulenzen steckt.

Georges und Albin sind ein schwules Paar. Georges ist Besitzer des „La Cage“, sein Partner der Star der dargebotenen Travestie-Show, Künstlername Zaza. Nun trägt es sich zu, das Georges´ Sohn, Ergebnis eines „Fehltrittes“ vor etwa 25 Jahren, heiraten will. Die spießig-reaktionären Schwiegereltern in spe haben ihren Besuch angekündigt. Forderung des Sohnes: die realen Familienverhältnisse verschleiern, Albin verheimlichen! Dies kann nur schiefgehen – und tut es auch.

„Ich bin, was ich bin", schmettert Andreas Lichtenberger im schwarzen, eng anliegenden Paillettenkleid. Er singt so kraftvoll und inbrünstig, dass das Publikum in jubelnden Beifallssturm ausbricht. „Ich will leben, ich liebe Feder, Glanz und Flitter.“ Was für eine Zaza! Ein Bär von einem Mann, groß und stark, in Mörder-High Heels, perfekt zurechtgemacht und sich bewegend als glamouröse Drag Queen. Lichtenberger lebt die Rolle, er ist Show-Königin, zickige Diva, der liebende Mensch, von tiefer Kränkung getroffen. Wenn er singt, sind die Zuschauer gepackt, ob bei besagter Hymne, bei „Mascara“ oder in Liebesduetten mit Georges. Sebastian Reck als Georges ist weniger schillernd (allein wegen zurückhaltender Kostümierung), dafür umso gefühlvoller in berührenden Momenten. Er ist ein sehr guter Partner – in jeder Hinsicht.

Was für Tänzerinnen! Die „Cagelles“ sind eine Augenweide. Die Tanzchoreografien von David Williams setzen lange Beine eindrucksvoll in Szene. Lebens- und Spielfreude schwappt in den Saal. Die liederliche Lederdiva oder das männermordende Mysterium erobern im Sturm ihre Fans, die Königin der Nacht bekommt Szenenapplaus. Die Kostüme von Marion Hauer sind der Hammer. Farben und Glitzer, Feder-Boas, Lack und Leder 7 – alle Register spektakulärer Verkleidungskünste sind gezogen. Popöchen sind auch freigelegt. Solcher Fummel kleidet Anthony Kirby als Butler Jacob besonders gut, denn er gibt eine herrlich überzeichnete Tunte. Fast ohne Maskerade kommt Raimund Widra als Francis aus. Für Lacher sorgt sein herrlich überkandidelter schwuler Habitus.

Schade, dass die Musiker im Orchestergraben verborgen sind. Die Magdeburgische Philharmonie spielt sicher auf, beherrscht die schwierige Partitur und lässt sie beschwingt erklingen. Des Ohrenschmauses nicht genug. Der Opernchor hat seinen Auftritt – in der chaotischen Restaurant-Szene, als die Versteck-Komödie auffliegt. Das drollige Schwiegerelternpaar (Iris Albrecht und Thomas Schneider), das im Finale fantastisch kostümiert auftrumpt, bereichert den Reigen der skurrilen Gestalten.

„Ein Käfig voller Narren“ erlaubt einen liebevollen Blick auf liebenswerte Paradiesvögel. Neben aller Komik in frivoler Szenerie verschafft die Inszenierung emotionale, menschliche Momente – etwa als Georges seinem Sohn (Raphael Gehrmann) die unerschütterliche Liebe seiner Ziehmutter (Albin) klarmacht sowie in der späteren Versöhnungsszene. Die Inszenierung ist ein Knüller im Repertoire des Theaters Magdeburg. Eine Besuch im „La Cage aux folles“ ist herzlichst empfohlen.