"Einfall für Zwei" mit den Hengstmann-Brüdern Ein Requisitenkoffer hilft aus der Improvisationsmisere
Die Brüder Sebastian und Tobias Hengstmann haben sich längst die Kabarettbühnen erobert. Sie sind nicht nur in der Familienbühne "…nach Hengstmanns" im Magdeburger Breiten Weg zu erleben, sondern inzwischen auch gefragte Gäste auf den Kabarettbühnen deutschlandweit. Ihr nun schon 8. Brüderprogramm ist "Einfall für Zwei" und hatte am Mittwoch im ausverkauften Haus seine fröhlich bejubelte Premiere.
Von Liane Bornholdt
Magdeburg. Es geht ziemlich heftig zu Sache, denn die Brüder beginnen mit einer handfesten Prügelei. Sebastian ist der Kragen geplatzt, weil Tobias sie beide ohne Programmtext in den Premierenabend laufen ließ. Da bleibt nichts weiter, als einfach nur so das ganze Programm zu improvisieren.
Dies ist der Einfall für Zwei, die aus den Erfahrungen ihrer sieben Vorgängerprogramme und natürlich auch denen, die sie mit Vater Frank Hengstmann spielten, schöpfen. Und dieser Einfall trägt tatsächlich über zweimal 45 Minuten einen ganzen Kabarettabend lang. Dies ist vor allem den wirklich umwerfenden Spielkünsten der beiden Kabarettisten zu verdanken, besonders denen von Tobias. Er ist ein Komiker und versteht es, allein mit seiner Mimik, mit ein paar Andeutungen, ja mit ein wenig Augenklappern und Armwedeln jedes Publikum zum Lachen zu bringen. Er ist ein Vollblutkomödiant, und diese Kunst auszuspielen hat er im jüngsten Programm alle Gelegenheit.
Aber natürlich würde sein Spiel niemals so wirken, wenn er nicht seinen Bruder Sebastian als Gegenspieler hätte, der immer in der Rolle des ernsthaften intellektuellen Mahners auftritt, für den Kabarett nicht nur unterhalten soll, sondern erziehen und aufklären. Es zeigt sich aber bald, dass er damit schlechte Karten hat, denn viel Neues, über das es sich aufzuklären lohnte, bringt die aktuelle Politik nicht aufs Tapet.
Weissagungen des Nostradamus
Beide suchen im großen Requisitenkoffer auf der Bühne nach Utensilien, die sie aus der Improvisationsmisere retten könnten, aber es kommen lauter Versatzstücke aus alten Programmen zu Tage, mit denen beide also spielen müssen, und siehe da, die alten Lieder und Spiele kommen brandaktuell daher.
Da findet sich zum Beispiel das Buch mit den Weissagungen des Nostradamus, dessen Vorhersagen aus früheren Programmen alle eingetreten sind, so dass sich die Kabarettisten an neue Propheterien wagen können. Im Jahr 2020, finden sie, erhält Thilo Sarrazin den Literaturnobelpreis.
Merkels Küche der Marke "Barack"
Natürlich wird auch die Kanzlerin gehörig aufs Korn genommen. Nicht alle Gags hier sind sonderlich neu, und diesmal muss sie gar als Anlass für die unweigerliche Trunken- heitsnummer herhalten. Die spielt Tobias Hengstmann allerdings so köstlich, dass man doch außerordentlich amüsiert dem absurden Geschehen zusieht. Sie hat sich in ihrer amerikanischen Küche Marke "Barack" einen Cocktail zusammengemixt aus den Getränken all der von ihr "erledigten" CDU-internen Widersacher, dessen "Genuss" verheerende Wirkungen hat.
Sebastian Hengstmann rettet die Situation mit einem Kasperletheater, in dem Guido Westerwelle das Kasperle und Angela Merkel die Gretel ist, und beide streiten sich von Herzen.
In all den Nummern stecken wirkliche Frechheiten, die gut und treffend sind, aber doch werden auch schon abgespielte Gags etwas großzügig eingebaut. Über drei Blazerknöpfe möchte man nicht mehr lachen und auch nicht mehr über immer wiederholte Stereotype wie Steuern oder Gesundheitsreform, über deren Verwirrspiele auch die Kabarettisten nichts Erhellendes zu sagen wussten. Die Schwächen des Programms wurden zwar von beiden hervorragend überspielt, aber dennoch gab es Themen, die in Allgemeinplätzen hängenblieben.
Wunderbar hingegen wieder die schon bekannten Figuren, der ewig motzende Altersheimbewohner von Tobias, der diesmal gar nicht gestrig vorkam und zum Höhepunkt des Programms wurde, sowie das Pärchen aus Matze mit seinen Blechbrötchen (Tobias) und der ewige Student Malte-Maria (Sebastian).
Am Ende war dieser "Einfall für Zwei" doch ein wunderbares, vor allem unterhaltsames, aber durchaus auch aufklärendes Kabarettprogramm, für das das Premierenpublikum sehr fröhlich gestimmt herzlichen Beifall spendete.