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Anwesen des Fotomontage-Künstlers in Brandenburg saniert Erinnerung an John Heartfield: Sommerhaus öffnet als Museum

Von Bernd Kluge 06.09.2010, 04:17

Das unter Denkmalschutz stehende Anwesen von John Heartfield ist am Wochenende in Brandenburg als Museum wiedereröffnet worden. Ein Freundeskreis hat sich mit der Gemeinde Waldsieversdorf und der Akademie der Künste Berlin seit der Wende darum gekümmert, dass der marode gewordene Sommersitz des Begründers der politischen Fotomontage gerettet wird.

Waldsieversdorf (ddp). Von der Dachterrasse des Blockhauses auf dem idyllisch gelegenen Waldgrundstück im brandenburgischen Waldsieversdorf muss John Heartfield einen herrlichen Panoramablick über den Großen Däbersee gehabt haben. 55 Jahre später verderben dicke Bäume am Steilufer dem Betrachter dieses Vergnügen.

Die Baumriesen dürfen aus Naturschutzgründen nicht gefällt werden. Der Rest des Grundstücks aber wirkt gepflegt, das einstige Sommerhäuschen Heartfields wie neu.Mehr als 120000 Euro flossen in die Sanierung, ein großer Teil davon stammt aus Fördermitteln der Europäischen Union.

Ein Rechtsstreit um das 2400 Quadratmeter große Seegrundstück hatte über die Jahre jegliche Nutzung verhindert. Seit zwei Jahren ist das juristische Tauziehen vorbei. Die Gemeinde Waldsieversdorf kaufte das Heartfield-Anwesen und bemüht sich seitdem um ein würdevolles Erinnern an den berühmten Bewohner des Ortes. Der jahrelange Stillstand seit der Wende habe zumindest dafür gesorgt, dass "alles erhalten ist, wie es zu Heartfields Zeiten war", sagt Manfred Werner, einstiger Bürgermeister von Waldsieversdorf und Begründer des Freundeskreises.

Eine Museologin der Akademie der Künste hat rekonstruiert, wie das Inventar zu Heartfields Lebzeiten im Haus verteilt war. "Einige Räume werden wieder so eingerichtet, andere nutzen wir als Ausstellungsflächen für zeitgenössische Kunst", sagt die Berliner Galeristin Anke Zeisler. Das Haus soll ihren Angaben nach ein lebendiges Museum werden, mit wechselnden Expositionen, die eine Verbindung zu Heartfields Werk haben.

Das ehemalige Kamin-Zimmer des Häuschens wurde zum Heartfield-Kabinett. Sein Schreibtisch findet hier ebenso Platz wie das asiatische Kinderspielzeug, das er von Auslandsreisen mitbrachte. Wie zu Lebzeiten des Künstlers dekoriert die Sammlung erneut die großen, gläsernen Fenstervitrinen des Zimmers.

Zu sehen waren die bekanntesten Fotomontagen des Künstlers sowie ein Teil des Sommerhäuschen-Inventars in den vergangenen Jahren in der alten Schule von Waldsieversdorf, die inzwischen zu einem Ausstellungszentrum umgestaltet worden ist. Die Ausstellung dort wurde von der Akademie der Künste gestaltet und soll auch künftig dort bleiben.

Öffentlich zugänglich war Heartfields Waldsieversdorfer Bungalow schon seit Mai vergangenen Jahres. "Wir hatten bis Oktober lediglich an den Wochenenden geöffnet. Es kamen 1240 Besucher, nicht nur aus Deutschland, sondern auch aus Kanada, Australien, Frankreich und den Niederlanden", erzählt Zeisler.

Viele Künstler ließen sich von ihm inspirieren

Die überraschende Resonanz habe bewiesen, dass der Meister der Fotomontage nicht vergessen ist und sich viele Künstler von Heartfield inspirieren lassen. "Seine Werke sind bis heute aktuell, aber bisher nicht so öffentlich verbraten worden. Deswegen stößt man damit auf so reges Interesse", ist die Kunstwissenschaftlerin überzeugt.

Seit dem Wochenende sind Reproduktionen von Fotomontagen zu sehen, die Heartfield während seiner Zeit im Londoner Exil zwischen 1939 und 1946 geschaffen hat. Gezeigt werden in Vitrinen außerdem Archivalien aus jener Exil-Zeit, in der viele, von den Nazis verfolgte Mitglieder des Freien Deutschen Kulturbundes in die britische Hauptstadt emigriert waren.