75. Berlinale Filmfest mit neuen Perspektiven
Die 75. Internationalen Filmfestspiele haben mit Tricia Tuttle eine Leiterin, die den Glamour in die deutsche Hauptstadt zurückholt. Was die Filmfans erwartet.
![Berlinale 2025: Auftakt mit Schauspielerin Tilda Swinton.](https://bmg-images.forward-publishing.io/2025/02/14/d755da3b-2a3d-45e6-a355-0319ce5a360f.jpeg?rect=0%2C0%2C4000%2C3000&w=1024&auto=format)
Berlin. - Wintereinbruch in Berlin. Was für ein Auftakt für die 75. Berlinale! Mit der neuen Festivalleiterin Tricia Tuttle weht seit Donnerstag ein frischer Wind durch die Hauptstadt – und das ist gut so. Wie üblich liefern aktuelle politische Ereignisse Futter für Gesprächsstoff und Statements.
![Manches Sternchen trug seine Meinung auf dem Abendkleid.](https://bmg-images.forward-publishing.io/2025/02/14/ad3abe5a-f6fe-4b5d-8201-0f41d3eb4156.jpeg?rect=0%2C0%2C3000%2C4000&w=1024&auto=format)
Auf dem Roten Teppich und bei der Gala beziehen deutsche Schauspieler wie Andrea Sawatzki und Berlin-Fan Tilda Swinton freimütig Stellung. Gesellschaftliche Abgründe oder besser gesagt: Alltagsgeschichten, wie sie Regisseur Tom Tykwer im Eröffnungsfilm zeichnet, tragen ihr Übriges dazu bei, auf der Berlinale Diskussionen zu entfachen.
![Die deutsche Schauspielriege um Andrea Sawatzki (Mitte) bezieht Stellung.](https://bmg-images.forward-publishing.io/2025/02/14/26598077-9dc7-4425-9618-e19d4272cb7c.jpeg?rect=0%2C0%2C4000%2C3000&w=1024&auto=format)
Zum dritten Mal – das gab es noch nie! – wurden die Internationalen Filmfestspiele Berlin mit einem Film des Berliner Regisseurs Tom Tykwer eröffnet. Und er gibt gut gelaunt zu, dass die Berlinale schon sein Lieblingsfestival ist, seit er das erste Mal von Wuppertal in die Hauptstadt reiste. Ja, er konnte es selbst nicht glauben, dass sein Berlin-Film „Das Licht“ zum Eröffnungsfilm auserkoren wurde.
![Pressekonferenz am Donnerstag: Regisseur Tom Tykwer präsentierte seinen Berlin-Film "Das Licht" zur Eröffnung.](https://bmg-images.forward-publishing.io/2025/02/14/b90422f6-4b49-43d3-933d-90c4d679cd70.jpeg?rect=0%2C0%2C4000%2C3000&w=1024&auto=format)
Schauspieler Lars Eidinger, eine der Hauptfiguren, spricht auf der Pressekonferenz sogar davon, zuerst etwas traurig gewesen zu sein, nicht im Wettbewerb zu laufen. Im vergangenen Jahr hatte er mit Matthias Glasners Familiengeschichte „Sterben“ Erfolge gefeiert. Inzwischen sieht er es als Kompliment, dass der Film als Auftakt präsentiert wird. Schließlich sei alles drin: vom Generationskonflikt bis zum Klimaschutz, von der Oberflächlichkeit der Gesellschaft bis hin zur Flüchtlingspolitik.
![Nach der PK zum Film "Das Licht" im Interview: Schauspieler Lars Eidinger.](https://bmg-images.forward-publishing.io/2025/02/14/86e07061-5aba-4bed-8730-72f1d90fa270.jpeg?rect=0%2C0%2C4000%2C3000&w=1024&auto=format)
Und Tykwer macht es wirklich gut. Keine Minute hätte es gedauert, bis für ihn die syrische Protagonistin feststand. Tala Al-Deen hatte sofort diese Ausstrahlung, der man sich anvertrauen möchte – ideal, um als Schlüsselfigur alle in ihren Bann zu ziehen. Schon die ersten Bilder verraten, hier geschieht gleich etwas Außergewöhnliches, ein Gleichnis. Seelen, die keine Ruhe finden, werden uns begegnen. Und das Geheimnis des Films liegt darin, wir sind sofort mittendrin – in dieser WG, die eigentlich eine Familie ist. Bei den rastlosen Seelen.
Die Sache mit der Angst
Während die Mutter ständig nach Ostafrika jettet, um dort ein Theater zu bauen, radelt der Vater durch den Regen, kommt chronisch zu spät und nimmt kaum von seinen Teenager-Kindern zu Hause Notiz, die in ihrer Welt versumpfen. Plötzlich steht die Zeit still. Wir kennen das von „Lola rennt“ mit Franka Potente. Die Kamera erzählt nicht nur die Geschichte eines sich ständig wandelnden Berlins, in dem die Abrissbirnen nur so schwingen, sondern zieht in das Chaos jedes Einzelnen wie in einem Sog. Über allen und in allen: die Sache mit der Angst.
![Schauspieler Elyas M'Barek outet sich sich als Tykwer-Fan.](https://bmg-images.forward-publishing.io/2025/02/14/79f145ec-fa29-40b4-8ce3-984c922dd16f.jpeg?rect=0%2C0%2C4000%2C3000&w=1024&auto=format)
Aber es wäre nicht die 75. Berlinale, wenn nicht gleich einer der ersten Knaller ein Musikfilm wäre. New York 1961. Schirmmütze und abgewetzter Gitarrenkoffer sind erst der Anfang. Timothée Chalamet glänzt als Bob Dylan in „A Complete Unknown.“ An der Seite von Joan Baez (Monica Barbaro), mit der er eine stürmische Liebe erlebt, singt er sich in die Herzen des Publikums. Wer vorher nicht schon Bob-Dylan-Fan war, kann sich Chalamets Charme nicht entziehen, dem hin- und hergerissenen Künstler, der nicht bis zum Ende seines Lebens „Blowing in the Wind“ singen will.
Von einem, der singt wie Bob Dylan
Regisseur James Mangold („Walk the Line“) erzählt vom ersten Tag der Begegnung Dylans mit den Folklegenden Pete Seeger und Woodie Guthrie bis zum erfolgreichsten der 55 Dylan-Alben. Oder sagen wir dem Album, mit dem er die erste große Ansage macht. Nämlich, sich in keine Schublade stecken zu lassen. „Jetzt bin ich berühmt“, schreibt Bobby alias Robert Zimmerman an Johnny Cash, der ihm schon nach seiner ersten Scheibe seine Verehrung ausdrückt und zum Brieffreund wird. 2017 hat Timothée Chalamet mit dem Film „Call me by your Name“ das Berlinale-Publikum regelrecht umgehauen. Es wird ihm auch mit dieser Rolle gelingen. Schließlich singt er alle Songs selbst. Die Fans standen schon am Anreisetag Schlange.
![Der junge Bob Dylan noch mal: Schauspieler Timothée Chalamet mit seinem Film "A Complete Unknown".](https://bmg-images.forward-publishing.io/2025/02/14/c0ab9441-529c-4841-9fc3-04290e698602.jpeg?rect=0%2C0%2C4000%2C3000&w=1024&auto=format)
Eine, die seit Jahren in allen Rollen die Zuschauer vom Hocker reißt, ist Tilda Swinton. Zeit für den Goldenen Ehrenbären. Einen Berlinale-Spleen hat die schottische Schauspielerin ohnehin. Die 64-Jährige kann der Schnee im Februar nicht von einem Besuch im Winter abhalten. Eine Auswahl ihrer Filme läuft in der Reihe „Retrospektive“, die Rainer Rother seit 2006 leitet. Und das ist erst der Anfang des Starrummels, der die Celebrity Deutschlands ins Kino lockt.
![Schneefall zur Berlinale am Potsdamer Platz.](https://bmg-images.forward-publishing.io/2025/02/14/c0d58f6b-83b4-446d-a454-cde24950b51b.jpeg?rect=0%2C0%2C4000%2C3000&w=1024&auto=format)
Hollywoodstar Robert Pattinson präsentiert den Science-Fiction-Streifen „Mikey 17“, und Regisseur Richard Linklater bringt mit dem Film „Blue Moon“ auch gleich wieder Ethan Hawke in die Hauptstadt, der auf der Berlinale unter anderem 2016 mit dem Film „Maudie“ vertreten war. Mit der Sektion „Perspectives“ öffnet das Festival neue Türen für Debüts. 19 Filme konkurrieren in den nächsten zehn Tagen um den Goldenen und den Silbernen Bären. Bis zum 23. Februar werden insgesamt 240 Filme zu sehen sein. Klappe, die 75. Warm anziehen!