1. Startseite
  2. >
  3. Kultur
  4. >
  5. Forscher kämpfen um Erhalt von Felsmalereien in Afrika

Forscher kämpfen um Erhalt von Felsmalereien in Afrika

Die bergigen Gebiete im Süden Afrikas sind voll von Felsmalereien afrikanischer Buschmänner. Viele der jahrtausendealten Zeichnungen sind bereits verblasst. Forscher kämpfen gegen die Zeit, um sie für künftige Generationen zu erhalten.

Von Sinikka Tarvainen, dpa 03.09.2015, 07:25

Clarens (dpa) - Ein Bach plätschert, Vogelgezwitscher erfüllt die Luft im bergigen Osten Südafrikas. Rötlich hebt sich auf einem Felsen die Zeichnung eines Jägers ab, der auf ein Reh zielt. Eine andere Malerei zeigt Menschengestalten mit Tierköpfen neben einer Herde Antilopen.

Fast wirkt es so, als sei seit Entstehen der gelben oder rötlichen Felsmalereien durch die San-Buschmänner keine Zeit vergangen. Dabei sind die Bilder, die unter einem Felsdach in Nähe der Stadt Clarens südlich von Johannesburg entdeckt wurden, rund 600 Jahre alt. An anderen Zeichnungen wiederum hat die Zeit ihre Spuren hinterlassen. Sie sind nur noch als Flecken zu erkennen.

Nach Angaben von Experten gibt es in Afrika mehr als 100 000 solcher Schauplätze mit San-Malereien. Doch Regen, Sonne, Tiere und durch Menschen verursachter Vandalismus setzen den Zeichnungen zu und lassen sie mit der Zeit verblassen. Viele verschwänden, bevor sie überhaupt gefunden werden, sagt Siyakha Mguni, ein Experte der Universität Witwatersrand in Johannesburg. Um ihre Bedeutung zu entschlüsseln, führen Wissenschaftler ein Wettrennen gegen die Zeit.

Die Buschmänner gelten als die ältesten Einwohner im südlichen Afrika und eine der weltweit ältesten Bevölkerungsgruppen. Spuren ihrer in Stein geritzten oder gemalten Malereien wurden in Namibia, Botsuana, Lesotho, Swasiland, Mosambik, Angola und Südafrika entdeckt. Sie sind zwischen 100 bis 27 000 Jahre alt. Laufend finden Forscher neue Felsmalereien. Allein in Südafrika sind mehr als 8600 solcher Stätten bekannt. Die Felsmalerei-Expertin Janette Deacon schätzt ihre Zahl auf mehr als 25 000.

Mguni zufolge sind die Zeichnungen eine der ältesten Formen religiöser Kunst. Sie geben Aufschluss über die Sicht der San zur Herkunft des Menschen und seinen Platz im Universum. Inzwischen gibt es in Afrika noch etwa 100 000 Buschmänner, das frühere Volk aus Jägern und Sammlern hat sich an das moderne Leben angepasst. Einst bemalten sie Felsen, Höhlen und kleinere Steine, die im Freien verstreut lagen. Mehr als 200 davon liegen in der Ortschaft Wildebeest Kuil bei Kimberley. Auf die Steine wurden Elefanten, Nashörner, Antilopen und Symbole mit unbekannter Bedeutung gemalt.

Die Felsmalereien der San galten lange als Gekritzel eines primitiven Volkes. Erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts begannen Wissenschaftler, sie zu erforschen. In den 80ern entdeckten sie, dass die Kunst eine tiefere Bedeutung hatte. Die Felsmalereien der San stellten den Kern ihres Glaubens und ihrer Weltsicht dar, sagt Mguni. Die Zeichnungen zeigten die Welt aus Sicht der in Trance gefallenen Schamanen. Auf den Bildern ist zu sehen, wie sie sich in Tiere verwandelten und deren Fähigkeiten annahmen oder Tänze zur Heilung von Kranken vollführen. Andere Felsmalereien stellen mythische Tiere dar.

Für die Zeichnungen benutzten die Buschmänner mit Tierblut gemischte Mineralfarben. Vor allem dem Blut der von den San als heilig erachteten Riesenantilope sprachen sie spirituelle Kräfte zu. Bis heute wisse man jedoch nicht, was viele der Bilder bedeuteten, sagt Mguni. Die Malereien wiederherzustellen sei schwierig. Wir wissen nicht genau, welche Materialien die Künstler benutzt haben, sagt er. Kopien anzufertigen sei die einzige Möglichkeit, die Bilder zu erhalten. Im Witwatersrand Institut für Felsmalerei wurden Bilder von mehr als 3000 Fundstätten dokumentiert.

Doch die angefertigten Kopien und Fotografien könnten die Kunst der San nicht exakt wiedergeben. Das ist nur mit der neuesten Technik möglich, sagt Michelle Dye vom gemeinnützigen African Conservation Trust. Mit der dreidimensionalen Laser-Technik seien in der Gebirgskette Drakensberg und Umgebung bereits 87 Fundstellen dokumentiert worden. Die hochpräzisen Scans werden mit hochaufgelösten Fotografien kombiniert. So entsteht eine virtuelle Kopie der Malereien.

Die jahrtausendealten Visionen der San-Schamanen werden vom African Conservation Trust ins Netz gestellt und somit für die moderne Welt zugänglich gemacht. Als nächstes wollen die Organisationen die Malereien digital aufhellen.

Witwatersrand Rock Art Institut

Webseite African Conservation Trust

Beispiel einer digitalen Aufnahme