Dichtkunst Goethe reiste auch nach Barby
Vom 7. bis 9. Dezember 1776 weilte der Dichter Johann Wolfgang Goethe in Barby. So haben es Historiker herausgefunden.
Barby l 1776, als das Universaltalent das Elbestädtchen Barby (Salzlandkreis) besuchte, hieß es noch Johann Wolfgang Goethe. Also ohne „von“. Erst 1782, mit 33 Jahren, wurde er geadelt.
Bisher machte man in Barby nicht viel Aufhebens um diesen Besuch. Wo man anderen Orts mit Wegen, Höhen, Bauwerken oder Vereinen mit dem Namen des Dichters für sich wirbt, brachte es Barby gerade mal zu einer Goethestraße. Sie wurde allerdings erst knapp hundert Jahre nach Goethes Tod benannt. Vorher war es ein Teil der Schulstraße und hieß auch so.
In Barby ist man nicht so schnell mit den großen deutschen Literaten. Eher hatte man es mit dem hasenjagenden Kaiser Wilhelm. Sogar der Wilhelmsweg überdauerte DDR-Straßenumbenennungen. Er mündet heute in die Karl-Liebknecht-Straße. Man muss sich diesen politischen Antagonismus auf der Zunge zergehen lassen: der blaublütige und stockkonservative Monarch und der Kommunist an einem Schildermast vereint … Die Zeit heilt alle Wunden.
Jetzt macht das historische Wirtshaus „Rautenkranz“ plakativ Werbung mit dem Dichterfürsten. Frank Liersch, aus Barby, der erst kürzlich ein großes Wandgemälde in der Stadt abschloss, malte das Konterfei an die Fassade. Daneben lesen wir ein Gedicht des Meisters, das so recht zum Gebäude passt: „Trunken müssen wir alle sein! Jugend ist Trunkenheit ohne Wein; Trinkt sich das Alter wieder zu Jugend, so ist es wundervolle Tugend ...“ Es ist jedenfalls der erste optisch-wirkungsvolle Hinweis, dass Goethe in Barby war. Vor allem die Radtouristen wird es interessieren, die im Sommer in Scharen kommen.
Ob Johann Wolfgang wirklich in Barby weilte, war lange Zeit urkundlich nicht belegbar, galt aber als ziemlich sicher. In einem Beitrag aus dem Barbyer Heimatkalender von 1932 wird der Besuch als Fakt dargestellt.
Dort heißt es: „Unser Elbestädtchen gehört zu den Orten, die einst auch Goethes Fuß betreten hat. So weilte einst Herzog August von Weimar mit dem Fürsten Leopold Friedrich Franz von Dessau in Barby, und in der Begleitung des Herzogs befand sich Goethe.
In einer geschichtlichen Studie, die Herr Prof. Dr. Danzfuß über diesen bedeutsamen Besuch im Barbyer Schloss geschrieben hat, wird der schlüssige Beweis geliefert, dass Goethe vom 7. Dezember bis zum 9. Dezember 1776 in Barby zu Gast war und dort zwei Nächte verbrachte.
Eine ausführliche Darstellung erhält ein Diarium (stärkeres Heft für tägliche Eintragungen) der Brüdergemeine. Darin steht zu lesen:
„7. Dezember 1776. Nachmittags langten Ihro Durchlaucht, der regierende Herzog von Sachsen-Weimar in Gesellschaft des Fürsten von Dessau nebst einigen anderen Herren, darunter auch der bekannte Herr Dr. Goethe sich befand, von Dessau hier an. Sie unterredeten sich zuerst mit einigen Brüdern der Unitäts-Aeltesten-Konferenz über die Verfassung der Brüdergemeine und unteren Missionen und … sahen auch beim Abendmahl zu. Das Liebesmahl ward von Dr. Andersen mit Gesang und vom Chore mit Musik unterhalten.
8. Dezember. Nachdem sich oben genannter hoher Besuch allhier verweilet, … auch das Naturalienkabinett in Augenschein genommen hatte, so kehrten Ihre Herzogliche und Fürstliche Durchlaucht den 9. Dezember mit Ihrer Gesellschaft nach Dessau zurück.“
Demnach hat Deutschlands berühmtester Dichter sogar zwei Nächte in der Elbestadt sein Haupt gebettet. Das Haus, wo er das tat, war nicht etwa die Herberge „Rautenkranz“, die es damals schon gab und die nur einen Steinwurf vom Schloss entfernt ist, sondern auf des Herzogs barockem Schloss.
Ein Jahr vor des Dichters Barby-Besuch schrieb er den Roman „Wilhelm Meisters Lehrjahre“, nach einer Pause erschien 1808 der erste Teil von „Faust“.
Johann Wolfgang Goethe hat diesen Besuch leider nicht in einer seiner Reisebeschreibungen erwähnt, wie beispielsweise in der Harzreise, wo es hernach nur so von Goethe-Klippen, Goethe-Wegen oder Goethe-Höhen wimmelte.