92-jähriger Helmut Winschermann ausgezeichnet für seine Verdienste um das Andenken des Barockkomponisten Bonner Musikexperte mit Telemann-Preis geehrt
Magdeburg l Die Verleihung des Georg-Philipp-Telemann-Preises der Landeshauptstadt Magdeburg ist eine schöne Tradition, die jährlich den Blick in die Geburtsstadt des Komponisten lenkt. Der Preis wurde am Sonntagvormittag im Gesellschaftshaus vergeben, dort wo sich im wahrsten Sinne des Wortes das Magdeburger "Zentrum für Telemann-Pflege und -Forschung" befindet.
Der Preis ging in diesem Jahr an Helmut Winschermann, der durch sein hohes Engagement und sein von der internationalen Musikkritik hoch gelobtes Oboenspiel dazu beitrug, Telemanns Kompositionen für Oboe im Musikleben zu etablieren. Es folgten praktische Editionen in namhaften Verlagen, die die Auseinandersetzung mit dem kammermusikalischen Schaffen und den Bläserkonzerten Telemanns anstießen und die Integration dieser Werke in die musikalische Ausbildung unterstützten.
Helmut Winschermann war erster Solo-Oboist im Sinfonieorchester von Radio Frankfurt, dem späteren Hessischen Rundfunk und wurde bereits 1948 als Dozent an die Nordwestdeutsche Musikakademie Detmold berufen, an der er ab 1956 als Professor für Oboe wirkte. Hoch angesehene Oboisten zählen zu seinen Schülern, unter anderem Hansjörg Schellenberger, Günther Passin, Fumiaki Miyamoto und Gernot Schmalfuß.
1960 gründete Helmut Winschermann die "Deutschen Bachsolisten", die in aller Welt musizieren. Über einhundert Schallplatten und CDs zeugen vom Wirken des "munteren Greises", wie er in der Laudatio genannt wurde. Immerhin wird der Preisträger noch in diesem Monat 93 Jahre alt.
Winschermanns Dankesrede bekräftigte das "munter", ließ das Publikum jedoch an seinem Alter zweifeln. Fasziniert lauschte es den kleinen Anekdoten aus einem langen Musikerleben, staunte über seine langfristigen Pläne und die Gesangseinlage, die nicht mal eines Mikrofons bedurft hätte.
Baseler Musiker im Gesellschaftshaus
Die sich anschließende 513. Sonntagsmusik im Gartensaal stand ganz im Sinne von Georg Philipp Telemann, Georg Friedrich Händel und Johann Friedrich Fasch. Es musizierte das junge "Ensemble l\' Ornamento" aus dem Raum Basel. Diese kompakte Stunde kammermusikalischer Barockmusik bewies, dass Alte Musik alles andere als ein akademisch - sprödes Vergnügen sein kann. Juliane Heutjer (Blockflöte), Susanne Regel (Oboe), Peter Barczi (Violine), Rebeka Rusó (Viola da gamba), Jonathan Pesek (Violoncello) und Sebastian Wienand (Cembalo) zogen den Zuhörer mit ihrer lebendigen Spielweise in die opulente Klangwelt dieser speziellen Musik-Gattung.
Schon während des Concerto d-Moll für Oboe, Violine, Violoncello und Basso continuo (FWV L:d6) konnte sich das Publikum am wunderschönen Zusammenspiel laben und in den zauberhaften Gesang einer Oboe einfühlen.
Elegante Melodienbögen mit spritzigem Reiz ließen sich Händels Blockflötensonaten entdecken (Sonate F-Dur HWV 389 und Sonate d-Moll HWV 367a). Warm, leicht und fedrig kam die Blockflöte daher auf souveränem Basso-continuo-Grund, flexibel und äußerst feinsinnig. Die Musiker phrasierten stilsicher und ließen temporeiche Passagen besonders ausdrucksvoll leuchten - in den getragenen Sätzen überwog die Anmut.
Das Concerto g-Moll von Telemann (TWV 43:g2) geriet noch einmal zum speziellen Höhepunkt. Schön, wie das Ensemble hier Telemanns ausgeklügelte Stimmdisposition (besonders in den Solo-Partien) nutzte und mit einer zauberhaften konzertanten Interpretation aufwartete.
Höhepunkt der Aria "Vo\' far guerra" aus der Oper Rinaldo (HWV 7) von Händel waren gewiss die rasanten Tastensoli von Sebastian Wienand, die ihm gar Bravo-Rufe einbrachten. Die authentische Begleitung sorgte für eine rundum stimmige Interpretation.
Das Ensemble L\'Ornamento hat mit seiner Spielweise selbst Barockmusik-Zweifler für das Genre erwärmt und so im Gesellschaftshaus für einen wunderbaren Sonntag gesorgt.