Ausstellung in der Feininger-Galerie zeigt Radierungen und Lithografien Vom Karikaturisten zum Künstler
Die Lyonel-Feininger-Galerie in Quedlinburg zeigt in einer Ausstellung an vielen Beispielen den künstlerischen Weg des Jahrhundertkünstlers "Vom Karikaturisten zum Künstler". Begleitend dazu erschien ein Katalog mit den Radierungen und Lithografien aus dieser Umbruchszeit.
Von Jörg-Heiko Bruns
Quedlinburg l "Das Gesehene muss innerlich umgeformt und crystallisiert werden", schrieb Lyonel Feininger (1871-1956) am 29. August 1907 an seine Frau Julia. 1905 hatte er sich entschieden, als freier Künstler zu arbeiten. Der größte Teil der etwa 75 Radierungen und 20 Lithografien seines Schaffens entstand in der Zeit dieses künstlerischen Aufbruchs bis 1912.
Auf der Suche nach neuen Ausdrucksmöglichkeiten fernab der Karikatur fand er in dieser Zeit zu seinen kristallinen Formen in Malerei und Grafik. Mit ihnen wurde er ja schließlich weltberühmt und ging in die Kunstgeschichte ein.
Trotzdem ist der Titel der Ausstellung "Vom Karikaturisten zum Künstler" vielleicht nicht ganz glücklich gewählt, denn für mich sind Karikaturisten auch Künstler. Feininger war bis dahin ein an die Auftraggeber oder Abnehmer gebundener Künstler, der für den Gebrauch produzierte. Davon wollte er sich freimachen. Zunächst versuchte er es mit der Radierung, die, wie das Blatt "Eisenbahner" von 1910 und viele andere, schon noch deutlich an seine Zeit als Karikaturist erinnert.
"Neulich träumte ich, ich sei ein Kubist"
Überhaupt hat Feiningers Personage (auffallend, fast schon ein Markenzeichen, die immer wiederkehrenden hohen Hüte) etwas skizzenhaft Skurriles und Groteskes behalten. Ähnliches konnte man übrigens auch bei dem Magdeburger Spätexpressionisten Bruno Beye (1895-1976) beobachten, der seine karikierenden Zeichnungen in der Volksstimme veröffentlichte und ebenso wie Feininger die Malschule des italienischen Bildhauers Colarossi in Paris besuchte. Feininger allerdings hatte in Paris auch noch das Erlebnis des Kubismus verinnerlicht und versuchte, ebenfalls mit geometrischen Formen auszukommen. "Neulich träumte ich, ich sei ein ¿Kubist\' und habe lauter Vierecke schräg von oben nach unten abschattieren müssen", schrieb er im Mai 1911 an Julia, und dazu kann sein Ölgemälde "Vollersroda" von 1912 in der Ausstellung vom Betrachter zu Rate gezogen werden.
Radierungen halfen immer, seine Bildvorstellungen zu festigen. Feininger sieht seine Bilder als Synthese der Fuge, indem er Figuren, Bäume und Häuser aus prismatischen Formen aufbaut. Die ersten "Kristallisierungen" stammen auch in seiner Grafik wohl aus dieser Zeit.
Schon lange vorher hatte er, seine Suche nach neuen Ausdrucksweisen betreffend, in einem Brief geschrieben: "Nicht umsonst fängt man mit 36 Jahren als vergnügter Greis an zu malen und malt mit lokomo- tivartiger Leidenschaft acht oder zehn Stunden am Tag."
Die Malerei forderte ihn heraus, aber Holzschnitt und Radierung blieben weiter sein Metier. Eigentlich zeigt auch die Radierung "Teltow I" von 1914 deutlich den künftigen Weg an und wird in "Teltow 2" von 1916 noch konkreter.
Danach gibt es immer wieder auch feinlinige, fast zarte Radierungen, die von diesem Gestaltungsstil abweichen. Der Weg zum "typischen" Feininger ist aber nicht mehr aufzuhalten.
Dass die Feininger-Galerie den Radierungen und Lithografien aus der hauseigenen Sammlung Dr. Hermann Klumpp, der weltweit bedeutendsten Sammlung von druckgrafischen Arbeiten Feiningers, noch etwa 40 kostbare Karikaturentwürfe, Skizzen, Federzeichnungen, Gouachen und Gemälde aus Privat- und Museumsbesitz hinzufügte, macht die Bilderschau abwechslungsreicher und zeichnet den Weg eines großen Künstlers überzeugend nach.