Promi-Geburtstag vom 14. April 2016: Julie Christie
Schwarzer Lidstrich, blonde Mähne - Julie Christie war die Stilikone der Swinging Sixties. Doch statt als exzentrische Diva in Hollywood zu altern, floh sie aus dem Trubel der Glitzerwelt auf einen walisischen Bauernhof.
London (dpa) - Hollywood lässt sie nicht los, obwohl Julie Christie Berühmtheit für so überflüssig hält, als hätte man Kaugummi im Haar kleben. Und seit über 40 Jahren wird sie immer dasselbe gefragt: Ist die Sex-Szene in dem 1973er-Psychothriller Wenn die Gondeln Trauer tragen mit Donald Sutherland echt?
Während ihr Filmpartner die Gerüchte umgehend dementiert, bleibt Julie Christie erst einmal stumm - wie immer, wenn die Gerüchteküche brodelt. Ich könnte das nie jemandem erzählen, sagt sie schließlich in einem ihrer seltenen Interviews der britischen Boulevardzeitung Express. Können Sie sich vorstellen, dieses Mystische zu verlieren? Regisseur Nic Roeg hat seinen Job wunderbar gemacht.
An diesem Donnerstag (14. April) feiert die weltbekannte Schauspielerin ihren 75. Geburtstag.
Für viele ist Julie Christie die Kinogöttin der 60er Jahre. Mit ihren tiefblauen Augen und ihrer wilden blonden Mähne symbolisierte sie in ihren Rollen ein neues Frauenbild: selbstbewusst, unabhängig, unglaublich erotisch - und doch gefühlvoll. Ein Bild, das Christie gleicht: politisch engagiert gegen Atomwaffen und Tierversuche und für mehr Umweltschutz; unabhängig von Männern und Starruhm - aber seit jeher voller Selbstzweifel. Filme verursachen mir enorm viel Angst, weil ich nicht viel Selbstvertrauen habe, verriet sie 2015 dem Express.
Nach ersten Erfolgen am Theater und im Fernsehen Anfang der 60er Jahre verläuft Christies Hollywood-Aufstieg rasant. 1966 erhält sie den Oscar für ihre Rolle als karrierehungriges und ungezügeltes Fotomodell Diana in John Schlesingers Darling. Zur selben Zeit ist Christie als Krankenschwester Lara in Doktor Schiwago zu sehen - eine Rolle, die bis heute unvergessen ist und die ihr den Platz in der ersten Riege der Hollywood-Stars sichert.
15 Jahre lang gehört Christie zum Hollywood-Establishment, ist lange mit dem Kollegen und Frauenheld Warren Beatty liiert; angeblich bat er sie sogar, ihn zu heiraten. Al Pacino wurde einmal in einem Playboy-Interview gefragt, mit welcher Schauspielerin er am liebsten arbeiten würde. Seine Antwort: Julie Christie, weil sie am poetischsten ist.
Zu Hause fühlt sich Christie in der Glitzerwelt nie. Ende der 70er Jahre flüchtet sie schließlich. Ich dachte, ich werde dort verrückt, sagt sie später. Außerdem gebe es unendlich viele Dinge, die sie lieber mache als schauspielern. Filme macht sie nur noch,um Geld zu verdienen - dafür nimmt sie dann auch Nebenrollen in Filmen wie Troja (2004) und Harry Potter und der Gefangene von Askaban (2004) an.
Ich wünschte, ich könnte gut mit Geld umgehen, gibt sie zu. Aber ich bin hoffnungslos. Ich verstand nie, was Raquel Welsh vor Jahren sagte: dass Showbusiness aus zwei Worten besteht, Show und Business. Heute gehen ihre Gagen für Dachreparaturen drauf, verrät sie der New York Times.
Was bei anderen Schauspielern nach Koketterie klingt, wirkt bei der stets von Unsicherheiten geplagten Christie authentisch. Geboren als Tochter eines Teeplantagen-Betreibers in der englischen Kolonie Indien, kam sie mit sechs Jahren nach England, wurde von Internat zu Internat geschickt und von strengen Lehrern gepiesackt. Julie Christie, mach keine Grimassen, du bist hässlich genug - der Satz einer Nonne prägte sich ihr tief ein, erzählt sie später.
Nur einmal nach dem Rückzug ins Privatleben fällt sie wieder auf die Erwartungen der Traumfabrik herein: Als ihr langjähriger Lebenspartner und jetziger Ehemann, der britische Journalist Duncan Campbell, in den 90er Jahren an die amerikanische Westküste versetzt wird. Amerika untergräbt einen wirklich, sagt sie. Andere sind älter als man selbst, aber man schaut aus wie ihre Mutter. Deshalb lässt sie sich damals liften. Und tatsächlich: Hollywood ruft wieder an.
2008 wird ihr Jahr. Im Ehedrama An ihrer Seite übernimmt sie auf Bitten der jungen kanadischen Regisseurin Sarah Polley, für die sie fast eine Art Ersatzmutter ist, die Hauptrolle. Für ihre Darstellung einer Alzheimer-Kranken wird Christie mit einem Golden Globe und dem amerikanischen Filmkritikerpreis ausgezeichnet sowie für den Oscar nominiert. Zuletzt spielte sie neben Robert Redford in dem politischen Thriller The Company You Keep - Die Akte Grant (2012) eine linksradikale militante Weathermen-Aktivistin.
Seit vielen Jahren lebt Christie abwechselnd in einer Londoner Mietwohnung, einem Raum in einem alten Lagerhaus im East End, und auf einem Bauernhof in Wales, den sie in den 60er Jahren als Hippie-Kommune benutzte. Das Bauernhaus selbst ist vermietet; der ehemalige Weltstar lebt nun quer überm Hof im Austragshaus mit kleiner Küchenzeile und spärlich eingerichtetem Wohn- und Schlafbereich. Enten, Hühner und Katzen tummeln sich um den Eingang, der noch nicht einmal eine richtige Tür habe, berichtet der Waliser Informationsdienst Wales Online 2008 entsetzt.
Doch Julie Christie ist zufrieden: Ich bevorzuge das wirkliche Leben, was auch immer das ist, sagt sie 2015 dem Express. Ich muss mir keine Karriere mehr aufbauen und komme ganz gut klar. Ich halte mich für eine glückliche Frau.