Hamburg Reeperbahn-Festival hofft auf 40.000 Besucher in den Clubs
Hunderte Bands und Acts aus vielen Ländern wollen beim Hamburger Reeperbahn-Festival zeigen, was sie können. Sie spielen in Kiez-Clubs, vernetzen sich in der Branche und hoffen auf die große Karriere.
Hamburg - Was die Berlinale für die Filmbranche ist, ist das Reeperbahn-Festival für die Musikbranche. Das ist zumindest der Anspruch des Hamburger Clubfestivals, das nun wieder in den Startlöchern steht. Von Mittwoch an werden in der Hansestadt im Kult-Viertel St. Pauli fast 300 Acts aus 38 Nationen auf den Bühnen erwartet.
Von Indie über Electronic, Rock, Punk und Pop bis hin zu Jazz, Hip-Hop, Rap und Singer-Songwriter-Auftritten können sich die Besucher des Reeperbahn-Festivals wieder auf einen abwechslungsreichen Blick in die aktuelle, nationale und internationale Musiklandschaft freuen.
700 Einzelprogramme
Für den Festivalchef Alexander Schulz steht damit ein Festivalprogramm, das fast wieder an alte Zeiten anknüpft. Allerdings nur fast. „Mit insgesamt über 700 Einzelprogrammen für Fachbesucherinnen und -besucher und öffentliches Publikum entspricht der Umfang in etwa 70 Prozent der Ausgabe von 2019“, sagte Schulz der Deutschen Presse-Agentur in Hamburg. Zum einen ist das Programm zumindest verglichen mit der Vor-Corona-Zeit noch nicht so umfangreich - da waren es noch 600 Konzerte, 2022 werden es etwa 330 sein. Zum anderen hätten die Besucher nicht - wie sonst üblich - schon viele Monate vorher ihre Tickets gekauft. Gründe dafür seien wahrscheinlich die Unsicherheit wegen der Corona-Pandemie und dass viele Menschen mit Blick auf steigende Energiepreise sparen müssten. Zudem gebe es derzeit - auch aufgrund der vielen Nachholkonzerte - so viele Kulturangebote, dass der eine oder andere schlicht überwältigt sei, so Schulz weiter.
Partnerland USA
Auch das Reeperbahn-Festival wird wieder sowohl mit Zugpferden wie Mine, Anna Calvi und Tom Walker als auch mit vielen vielversprechenden und noch weitgehend unbekannten Bands und Künstlerinnen und Künstlern aufwarten. Ein Teil der Konzerte wird auch gestreamt.
Partnerland des Festivals sind in diesem Jahr die USA. Das schlägt sich weniger in der Musik als mehr bei der Konferenz nieder. „Das bleibt für uns einfach der wichtigste Musikmarkt“, sagt Schulz dazu. Alle wichtigen Verbände, Organisationen und Unternehmen aus Nordamerika seien auf dem Reeperbahn-Festival vertreten. „Für einen europäischen Branchentreff ist das bemerkenswert, für die hiesige Musikwirtschaft extrem attraktiv“, sagt Schulz nicht ohne Stolz.
Gleichzeitig ist gerade die Vernetzung zwischen Künstlern und Entscheidern eine der Säulen des Festivals neben dem Blick auf neueste musikalische Entwicklungen. Nicht umsonst ist das Club-Festival zu großen Teilen mit Geldern von Stadt und Bund finanziert. Das Reeperbahn-Festival soll Aktuelles zeigen, Neues aufgreifen und der Zukunft der Branche im Grunde stets einen Schritt voraus sein. So ist das ausgeglichene und diverse Verhältnis zwischen Künstlerinnen und Künstlern schon vor Jahren erfolgreich angestoßen und praktiziert worden.
Nachwuchspreis: Bill Kaulitz in der Jury
Einen zusätzlichen Aufmerksamkeits-Push außerhalb der Musikexperten-Szene erhofft sich Festivalchef Schulz davon, dass Tokio-Hotel-Sänger Bill Kaulitz und Sänger und Dragqueen Pabllo Vittar aus Brasilien in diesem Jahr Teil der sechsköpfigen Jury für den Nachwuchspreis, den Anchor-Award, sind. „Es geht da auch einfach um mehr mediale Reichweite und Aufmerksamkeit für die internationalen Talente in unserem Wettbewerb“, begründet er die Entscheidung. „Bill Kaulitz und Pabllo Vittar können hilfreich als Katalysator für deren Karrierestart sein.“ Neben den beiden gehören Tony Visconti, Tayla Parx, The-Hives-Sänger Pelle Almqvist und Joy Denalane zur Jury.
Corona-Beschränkungen wird es nach aktuellem Stand nicht geben. Auch sind die Ticketpreise noch ähnlich wie im Vorjahr. „Die haben wir schon im August 2021 festgelegt. Wir konnten deshalb gar nicht auf die Kostensteigerungen der vergangenen Monate reagieren.“ Das Festival wird 2022 fast 12 Millionen Euro kosten, etwa 8,4 Millionen Euro davon kommen von Stadt und Bund. Schulz hofft auf etwa 40.000 Besucher an vier Tagen, darunter etwa 3000 Fachbesucherinnen und -besucher aus 40 Ländern.