Museum Rundgang mit Pierrot in Wernigerode
Erstmals seit 30 Jahren hat sich das Schloss Wernigerode museal erweitert - mit einer neuen Studiengalerie.
Wernigerode l Die eine große Holztür in der Roten Henrichskammer war stets verschlossen. Kein Zutritt für Besucher. Dahinter lag der einst sogenannte Bleuler-Flur, nicht saniert, nicht schön anzusehen. Seit gestern ist die Holztür geöffnet zu einem hergerichteten Raum, der einen Blick bietet auf Kunst – sowie in den pittoresken Innenhof.
21 Arbeiten aus dem musealen Bestand seines Hauses hat Christian Juranek, Geschäftsführer der Schloß Wernigerode GmbH, für diese neue Dauerausstellung ausgesucht. Ihm ging es um Werke des 19. Jahrhunderts, eine Zeit, auf die sich das Schloss spezialisiert hat, auch weil es zwischen 1862 und 1885 seinen großen historischen Umbau zu einem Repräsentationsschloss erfuhr.
Öl, Grafik, Handzeichnungen sind zu sehen. Einiges stammt von Künstlern, die man dem Schloss und seinem Depot nicht zwingend zuordnen würde, wie Max Liebermann, Hans Thoma, Hans Makart, Max Slevogt. Georg Heinrich Crola (1804–1879) hingegen wird gezielt gesammelt. Das Haus besitzt von Crola, der einst als große Nachwuchsbegabung unter den Landschaftsmalern in München galt und mit seiner Frau ein Haus in Ilsenburg bewohnte, 450 Handzeichnungen und 15 Gemälde.
„Voralpenlandschaft bei München mit Eichen“ ist nun von ihm in der Studiengalerie zu sehen, ein Öl-auf-Leinwand-Bild aus dem Jahr 1831, das wie auch das Ölgemälde „Tod des Pierrot (V)“ von Leo von König mit Geldern des Landes Sachsen-Anhalt erworben werden konnte. Summen wurden nicht genannt.
Vieles, was gezeigt wird, stammt aus dem eigenen Haus, im Depot schlummern ein paar tausend Arbeiten, manches ist eine Dauerleihgabe der Bundesrepublik Deutschland. Der „Pierrot“ stammt von 1943. Kunst des 19. Jahrhunderts? Juranek erklärt seine Entscheidung, dieses Bild zu hängen: „Es stellt symbolisch den Tod des Kaiserreiches dar.“ Ausnahmslos Frauen in farbigen Kleidern bilden die Trauergemeinde und stehen für eine neue Zukunft. Die sah der Erschaffer des Bildes bunt und weiblich. Zu erfahren sind solche Erklärungen auf den ausführlichen Bildunterschriften – in Deutsch und in englischer Sprache.
Und auch die vier Kupferstiche des Italieners Giovanni Battista Piranesi (1720–1778) fallen etwas aus der Zeit. Christian Juranek habe sich bewusst für diese Ansichten verschiedener Teile des barocken Roms entschieden, weil es Piranesi schaffe, „das porträtierte Bauwerk selbst zum Schauspieler auf der Bühne des Betrachters zu machen. Monumentale Bauten als Schauspiel – das weist voraus auf das romantische Bauen im 19. Jahrhundert.“
Juranek spielt damit auch auf die Architektur an, für die sein Haus nicht nur von der Außenansicht her bekannt ist. Fast 50 Räume kann man bei den Rundgängen besichtigen – jetzt einen mehr. Auch wenn es ein einstiger Flur ist – die pompöse Holzdecke ist Original, der hohe Kachelofen von Schlossbaumeister Carl Frühling ebenso. Selbst das Hängesystem für die Kunst stammt aus dem 19. Jahrhundert.
Kulturstaatssekretär Gunnar Schellenberger (CDU), der zur Eröffnung der Studiengalerie im Schloss war, sprach von einem „Neugewinn“. Das Land hatte den Ausbau des Raumes mit 10 000 Euro unterstützt. Juranek sagte, man könne sich nicht auf dem ausruhen, was man habe, das Haus müsse immer neue Angebote unterreiten. Die Studiengalerie sei ein weiterer Baustein in all den Angeboten zwischen Rundgängen, Sonderausstellungen, Konzerten, Theater.
207 000 Besucher kamen im vergangenen Jahr auf das Schloss. Das war das beste Jahr seit 2002.
Öffnungszeiten bis Ende April: Montag bis Freitag 10 bis 17 Uhr, letzter Einlass 16 Uhr, Sonnabend und Sonntag bis 18 Uhr (letzter Einlass 17.30 Uhr)