Das Mädchen aus dem Totenmoor
Sein letzter Fall verlangt ihm alles ab: Robert Atzorn spielt im ZDF-Krimi einen Kommissar, der an die Grenze geht. Alexandra Neldel beweist, dass sie viel mehr kann, als nur nett lächeln.
Berlin (dpa) - Eine norddeutsche Kleinstadtidylle mitten im Moor. Sehr proper, aufgeräumt, und etwas unheimlich. Ein paar Tage vor seiner Pensionierung wird der gestandene Polizeikommissar Lorenz Keller (Robert Atzorn) vor seiner Vergangenheit eingeholt. Bei Grabungen im Moor wird das Skelett eines Mädchens gefunden, das vor 16 Jahren verschwunden ist.
Wurde die schwangere Fee ermordet oder handelte es sich um einen tragischen Unfall? Keller musste den Fall damals zu den Akten legen, aber jetzt will der herzkranke Ermittler das Rätsel vor seinem Eintritt in den Ruhestand unbedingt lösen. Der spannende, prominent besetzte Kriminalfilm Das Mädchen aus dem Totenmoor läuft am Mittwoch (6. Januar) um 20.15 Uhr im ZDF.
An Verdächtigen herrscht kein Mangel in diesem klassisch erzählten TV-Krimi (Regie: Axel Barth, Ein Fall für Zwei) der ganz raffiniert den Zuschauer immer wieder auf Holzwege führt und am Ende dann doch mit einer Überraschung aufwarten kann. Welche Rolle spielt der Torfbauer Hannes (Max von Pufendorf), auf dessen Grundstück die Leiche gefunden wurde? Sein undurchsichtiger Traktorfahrer Paul (Matthias Buss) hat auf alle Fälle einiges zu verbergen.
Fees Vater, der Landarzt Dr. Günther Lohse (Gerhard Garbers), verstrickt sich bei Kellers Nachforschungen in allerlei Widersprüche. Und dann wäre da noch Kellers Tochter Jutta (Alexandra Neldel), eine Klassenkameradin der Ermordeten, die vielleicht in den selben Jungen verliebt war wie die unglückliche Fee. Da kann man als Zuschauer schön mitermitteln.
Drehbuchautor Wolf Jakoby (SOKO Wismar) präsentiert uns eine ganze Riege von Menschen, die in die alte Mordgeschichte verstrickt sein könnten. Aber ganz allmählich verschiebt sich der Fokus auf den ermittelnden Kommissar Keller. Der mittlerweile 70-jährige Robert Atzorn, viele Jahr lang als Tatort-Hauptkommissar Jan Casstorff in Hamburg unterwegs, verkörpert diesen Mann durchaus glaubhaft. Ein starrsinniger, von Alter und Krankheit gebeugter Eigenbrötler, der unbedingt seinen letzten Fall aufklären muss. Da kann er jetzt keine falschen Rücksichten mehr nehmen.
Gleich zu Beginn geht die Kamera ganz nah an sein von Falten zerfurchtes Gesicht heran, während wir die Schreie einer Ertrinkenden im Moor hören. Dies ist die Tragödie seines Lebens, und tatsächlich mausert sich der anfangs eher banale Whodunit?-Krimi noch zum abgründigen Drama im flachen Moorland. Nichts ist abgefeimter als die Provinz und ihre wortkargen Bewohner.
In der zweiten Hauptrolle zeigt Alexandra Neldel (Verliebt in Berlin) eindrucksvoll, dass sie schauspielerisch mehr drauf hat als das nette Mädchen von nebenan. Und der coole Kinderdarsteller Noah Kraus, der gerade erst im Nachkriegsdrama Der verlorene Bruder zu sehen war, bildet mit seiner unbekümmerten Art so etwas wie den Lichtblick im grauen norddeutschen Moorkrimi.