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Lochte oder Lokkti? Sag es richtig: ARD-Aussprachedatenbank wird 20

Früher gab es bei Hörfunk und Fernsehen einen Zettelkasten für das Aussprechen schwieriger Namen und Orte. Jetzt hilft eine professionelle Datenbank. Doch für manche Begriffe gibt es gleich mehrere Versionen.

Von Thomas Maier, dpa 10.05.2017, 12:59

Frankfurt/Main (dpa) - Die Hörfunkreporter vom Norddeutschen Rundfunk (NDR) gerieten bei den Olympischen Spielen in Brasilien im vergangenen Sommer ins Schwitzen. Wie - so grübelten sie - wird der Name des US-Schwimmstars Ryan Lochte richtig ausgesprochen?

Die Antwort lieferte per Computerclick die ARD-Aussprachedatenbank. "Lokkti" heißt es dort - mit Verweis auf die offizielle Sprachregelung des US-Schwimmverbands.

Lochte ist nur einer von rund 380 000 Einträgen in der Datenbank, die am kommenden Freitag (12. Mai) ihr 20-jähriges Bestehen feiert. Die Namen sind dort nicht nur mit der Lautschrift aufgeführt. Es gibt immer auch eine Hörprobe davon. Diese liefert eine Redaktion, die beim Hessischen Rundfunk (hr) in Frankfurt angesiedelt ist.

Seit 1997 betreut ein eigenes Team die Aussprachedatenbank, die täglich 14 Stunden lang besetzt ist. Inzwischen haben sich auch das ZDF sowie die großen Anstalten in Österreich, Schweiz und sogar in Südtirol der Datenbank angeschlossen. Jede Woche gehen zwischen 150 und 500 Anfragen ein. Diese gelten vor allem neuen Namen, die in der Datenbank noch nicht erfasst worden sind.

"Jeder darf erwarten, dass sein Name richtig ausgesprochen wird", sagt Redaktionsleiter Roland Heinemann, der die Datenbank mitaufgebaut hat. Anfang der 1990er Jahre hat der studierte Germanist und Anglist beim hr dafür gesorgt, dass aus einstigen Zettelkästen ein professionelles Computerprogramm wurde.

Dann hat es die ARD bundesweit übernommen. Die Datenbank gibt seitdem auch für Jan Hofer und Co. in der "Tagesschau" die Aussprache vor. Gängige Namensverhunzungen der 1980er Jahre - so wurde bei Polens Ex-Solidarnosc-Chef Lech Walesa fälschlicherweise immer das "n" im Nachnamen mitgesprochen - gehören seitdem der Vergangenheit an.

Heute arbeitet die Redaktion vorausschauend: So werden schon vor jeder Fußball-WM alle Namen der qualifizierten Mannschaften "phonetisch abgeklopft", wie Heinemann sagt. Einschließlich der Schiedsrichter, Linienrichter, Trainer und Co-Trainer. Für die Aufnahme österreichischer Ortsnamen in die Datenbank wurde sogar der ORF-Chefsprecher verpflichtet.

Dahinter steckt also beträchtlicher Aufwand. Die Deutschen nehmen es in Hörfunk und Fernsehen bei der korrekten Aussprache gründlicher als der Rest der Welt. Deutschland sei eben ein "sehr weltoffenes Land", sagt Heinemann dazu. Deutsch hat auch noch einen anderen Vorteil: Traditionell wird meist die vorletzte Silbe betont, wie es in vielen anderen Sprachen auch üblich ist.

Allerdings gibt es auch innerhalb der deutschen Sprachgrenzen Unterschiede. Für die Stadt "Brunsbüttel" verzeichnet die Datenbank gleich mehrere Möglichkeiten der Aussprache: Die überregionale mit Betonung auf der vorletzten Silbe sowie die norddeutsche mit dem Akzent auf der ersten Silbe. Und dann gibt es auch noch die plattdeutsche Version, deren besonderer Zungenschlag ebenfalls die Betonung auf der vorletzten Silbe vorsieht.

Auch ausländische Namen können nicht immer so ausgesprochen werden, wie es ein Muttersprachler tut, sagt Heinemann. "So original wie möglich, so Deutsch wie nötig", lautet seine Devise. Es gehe um Annäherungen, gerade bei Zungenbrechern wie dem isländischen Vulkan Eyjafjallajökull, der vor sieben Jahren seine Asche über ganz Europa verstreute.

Wie im Einzelfall Kompromisse aussehen können, versucht Heinemann im Austausch mit Muttersprachlern herauszufinden. Die ARD-Datenbank kooperiert mit rund 30 fremdsprachlichen Redaktionen der Deutschen Welle. Im Inland arbeitet man mit dem Institut für Niederdeutsche Sprache in Bremen zusammen. Dieses Engagement fürs Plattdeutsche sieht Heinemann als Form der Sprachpflege. Dies soll auch auf das Friesische oder Sorbische ausgeweitet werden.

Die ARD-Aussprachedatenbank