Erschossen in Neukölln War es ein rechtsextremer Täter? Doku über Mord an Burak B.
Der Mörder kam wie aus dem Nichts. Er ging auf eine Gruppe von jungen Männern in Berlin-Neukölln zu, feuerte mehrere Schüsse ab und verschwand wieder im Dunkeln. Es gab keine Spuren und kein Motiv. Seit 2012 rätseln Polizei und Angehörige über diese Tat.
Berlin (dpa) - Acht Jahre sind seit dem Mord an dem 22-jährigen Burak B. in Berlin-Neukölln vergangen und der Täter ist immer noch unbekannt. Die Familie, ihr Anwalt und eine Bürgerinitiative werfen der Polizei seit langem vor, zu wenig in Richtung Rechtsextremismus ermittelt zu haben.
Kriminalpolizei und Staatsanwaltschaft beteuern in einer neuen TV-Dokumentation, dass sie alles für die Aufklärung der Tat getan hätten. ZDFinfo zeigt die Sendung "Rechter Terror in Neukölln?" an diesem Samstag um 20.15 Uhr.
Burak B. wurde in der Nacht zum 5. April 2012 auf der Straße in Neukölln von einem Unbekannten erschossen. Zwei weitere junge Männer aus der fünfköpfigen Gruppe wurden durch Schüsse schwer verletzt. Der Täter, dessen Gesicht die Zeugen nicht sahen, wurde nie gefasst.
Hauptkommissar Alexander Huebner, damals Leiter der 6. Mordkommission, sagt in dem Film: "Ich weiß, dass ich das, was möglich war, getan habe. Wir haben alles gemacht, was geht." Leider gebe es fast keine Fakten zu dem Mörder. "Der war einfach von der Bildfläche verschwunden. Und wir haben keine Informationen, keine Bilder, keine Aussagen, wo er danach hingegangen ist."
Auch der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Martin Steltner, betonte: "Es wurde sorgfältig nach Spuren gesucht, die Zeugen und Anwohner wurden befragt, es gab eine Funkzellenauswertung, nach Kameras an Bankfilialen, die den Täter in der Umgebung gefilmt haben könnten, wurde gesucht." Ergeben habe sich nichts.
Nach den Polizeierkenntnissen wurden die Opfer zufällig ausgewählt. Kommissar Huebner: "Wir wissen, dass es keine bis wenige polizeiliche Vor-Erkenntnisse zu diesen jungen Männern gab. Ich bin mir sicher, dass die jungen Männer keinen Anlass zu dieser Tat geboten haben, weder in dem, was sie früher mal gemacht haben, noch an dem Tag."
Ein rechtsextremes und rassistisches Motiv des Mörders könne er nicht ausschließen, aber auch nicht als sicher annehmen, sagte Huebner. Diverse Hinweise in diese Richtung seien ohne Ergebnis überprüft worden. Seine Leute hätten auch direkt nach der Tat beim Staatsschutz nach möglichen Verdächtigen aus der rechtsextremistischen Szene in Neukölln gefragt.
Eine Überprüfung aller rechtsextremistischen Taten in ganz Deutschland auf mögliche Parallelen halte er nicht für sinnvoll, so Huebner. "Wir haben sehr wenig, was wir überprüfen und abgleichen können." Wegen des Ablaufs der Tat gehe die Polizei davon aus, dass der Mörder aus der Nähe komme. "Deshalb halte ich es trotz der Erfahrung von NSU und allen anderen rechten Netzwerken nicht für sinnvoll, alle pauschal zu überprüfen."
Der Anwalt der Familie, Mehmet Daimagüler, sieht hingegen Parallelen zu den Morden der rechtsextremistischen Terrorgruppe NSU, weil es auch dort keine Beziehungen zwischen Täter und Opfern gegeben habe. "Natürlich gibt es viel zu vergleichen. Da haben wir die Opfer, Migranten. Den Tatablauf: Ein unbekannter Täter ohne jede Kommunikation schießt und geht." Das erinnere auch an den Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke im Juni 2019. "Es ist doch naiv anzunehmen, gerade aus den Erfahrungen aus dem NSU, dass nur lokal agierende Nazis lokal handeln und als Täter in Frage kommen."
Daimagüler kritisierte die Polizei: "Ich sage nicht, es muss rassistisch gewesen. Ich weiß es nicht. Aber was ich weiß nach dem Studium der Akten: Die Polizei hat in alle Richtungen ermittelt. Sie hat exzessiv auch die persönlichen Hintergründe des Opfers und der Familie geprüft und in Richtung Rechtsextremismus wurde nur so ein bisschen oberflächlich geschaut."
Der Mörder eines jungen Engländers aus dem Herbst 2015 in Neukölln war nach Einschätzung eines Zeugen bei den Schüssen auf Burak B. nicht dabei. Er habe sich den Mann im Prozess angesehen und sei sich sicher, sagte der Freund von Burak B., der bei der Tat dabei war. "Der Mann war ziemlich alt, hatte lange weiße Haare, Bart und er war auch dick. Der Täter bei uns war nicht dick. Da bin ich mir ganz sicher. Der war schlank."