Zorn - Wie sie töten
Krimis zum Mitraten sind meistens spannender als jene, in denen der Täter bereits feststeht. In diesem hier geht es aber im Grunde mehr um das seltsame Ermittler-Duo.
Berlin (dpa) - Herr Schröder hat da so ein Gefühl. Eigentlich hat er den Polizeidienst ja quittiert, um sich um seine Eltern zu kümmern. Doch sein demenzkranker Vater ist gestorben, und seine Mutter lebt nun im Altersheim. Als dort seltsame Dinge passieren, wird Schröders Spürsinn geweckt.
So beginnt der vierte Film aus der Reihe Zorn mit dem Titel Wie sie töten, der an diesem Donnerstag (20.15 Uhr, Das Erste) zu sehen ist.
Gleich zu Beginn wird ein Mann vor die einfahrende U-Bahn gestoßen, was er nicht überlebt. Die Täterin ist klar zu erkennen: Es ist die Krankenschwester Berit (Susanna Simon), die - trotz der vielen Videokameras - unerkannt fliehen kann. In dem Pflegeheim, in dem sie arbeitet, lebt auch die Mutter von Schröder (Axel Ranisch) - und prompt gibt es dort einen Toten. Angeblich starb der Mann an einem Herzinfarkt, doch Schröder entdeckt am Boden seines Zimmers ein blutgetränktes Wattebäuschchen. Leider konzentriert er sich erstmal auf sein kleines, meist leeres Bistro namens Chéz Schröder, so dass die Schwester Berit fleißig weiter morden kann.
Schröders Ex-Kollege Zorn (Stephan Luca) ist ihm keine große Hilfe, denn er ist viel zu sehr mit seiner schwangeren Freundin Malina (Katharina Nesytowa) beschäftigt - die allerdings wenig später fast ein weiteres Opfer der meuchelnden Krankenschwester wird. Da Zorn von seinem neuen Kollegen Bert (Gregor Weber) und dessen 80er-Musikgegröle genervt ist, macht er sich gemeinsam mit der Staatsanwältin Frieda Borck (Alice Dwyer) doch noch an die Ermittlungen - zumal auch Schröder in die Hände von Schwester Berit samt ihrer Giftspritze fällt. Und dann eilt ihr auch noch der nicht minder gestörte Melvin (Pit Bukowski), der als merkwürdiges Faktotum durch das Heim geistert, zu Hilfe: Er soll eine Art von Bewährungsprobe abliefern und Schröder töten.
Überhaupt Schröder - der Mann ist dick, gebildet, klug, freundlich, er sprüht förmlich vor Energie und guter Laune - und er ist einfach urkomisch. Der Schauspieler Axel Ranisch (32, Dicke Mädchen, Ich fühl' mich Disco) erzählt der Deutschen Presse-Agentur über die Entwicklung seiner Figur: Er hat sich im Laufe der Zeit gegenüber Zorn schon sehr emanzipiert. Zu Anfang war er doch sehr brav, angepasst und richtiggehend dienstbeflissen. Er gewinnt jetzt immer mehr an Freiheit. Mit den persönlichen Verlusten kommt einfach mehr innere Freiheit für ihn. Schröder ist ja schon sehr festgefahren in seinen Strukturen zwischen seinen Eltern und der Arbeit, und leider hat er dabei einfach vergessen, sich um sich selbst zu kümmern. Ein eigenes Privatleben hat er offenbar nicht, das kommt ja auch in den Romanen nicht vor. In wen oder was könnte er sich denn verlieben? Er ist als junger Mensch ja vergewaltigt worden und hat seitdem seine Schwierigkeiten mit der Sexualität, aber asexuell ist er ganz sicher nicht. Falls er sich verliebt, dann könnte man das irgendwann mal ganz beiläufig erzählen.
Das wäre doch schön. Regisseur Jochen Alexander Freydank (Große Fische, kleine Fische) und Autor Stephan Ludwig (er schreibt gerade seinen sechsten Zorn-Krimi) mischen dann sicher auch wieder thriller-artige Szenen mit viel Humor. Der zeigt sich im neuen Film recht hübsch durch fehlendes Türanklopfen und das Rauchen in geschlossenen Räumen. Einige unverhoffte Wendungen sind dabei, die Logik bleibt leider zu oft auf der Strecke - warum müssen gleich alle beiden Ermittler in ihre Hände fallen?
Die Motive der eiskalt mordenden Pflegerin (Erbschleicherei) sind erschreckend banal - für Zorn ist sie ohnehin lediglich eine völlig gestörte Psychotante. Und sie flüstert ihren Opfern ins Ohr: Ich habe schon vielen Menschen das Leben zur Hölle gemacht. Niemand kann das so gut wie ich. Niemand. Schauerlich - aber immerhin regnet es in Halle nicht mehr gar so viel. Die Story ist schon irgendwie spannend, doch ist das Ende vorhersehbar, und richtig mitraten kann man als Zuschauer natürlich auch nicht.
Der Krimi macht trotzdem Laune. Es geht darin viel um Gefühle - oder was man dafür hält. Die Chemie zwischen den beiden Kollegen, die ja eigentlich mehr Freunde sind, stimmt einfach, was man auch den gut aufgelegten Schauspielern anmerkt. Stephan Luca ist nicht ganz so zynisch wie sein Vorgänger Mišel Maticevic (der Zorn im ersten Teil spielte), sein Büro (und er selbst) ist nicht mehr ganz so schmuddelig, aber er rennt noch immer ziemlich viel, und er brüllt und tobt auch ganz gern. Sein Liebeskummer zeigt ihn diesmal von einer ganz anderen Seite.
Axel Ranisch als gemütlicher Schröder ist trotz seines Ausscheidens aus dem Dienst ziemlich präsent - er hält vom Rennen nicht so viel, er bleibt stets gleichermaßen ruhig, besonnen und freundlich. So betont freundlich, dass es einem schon fast graust. Und am Ende kehrt er nicht nur in den Polizeidienst zurück, sondern macht auch noch einen Karrieresprung. Das ist nun wirklich zwingend logisch, denn offenbar ist es nicht weiter schwer, ein besserer Chef zu sein. Was Schröder sicher ein gutes Gefühl gibt.