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Puppentheater Voller Esprit, Witz und Hintersinn

Am Sonnabend feierte das Stück "Das blaue Licht" unter der Regie von Leonhard Schubert umjubelte Premiere am Puppentheater Magdeburg.

25.10.2015, 23:01

Von Claudia Klupsch

Magdeburg l Vor 200 Jahren schrieben die Grimms die Geschichte des armen Soldaten auf. Aus dem Krieg körperlich kaputt zurückgekehrt, sortiert ihn sein König aus und jagt den nun Nutzlosen ohne einen Groschen davon. In einer Begegnung mit der bösen Hexe gelangt der Soldat in den Besitz des blauen Lichts, worin ein Männlein sitzt, das ihm jeden Wunsch erfüllt, auch den nach Rache.

Leonhard Schubert und Dramaturgin Stephanie Preuß machen aus dem alten Märchen eine moderne, aufregende Geschichte - voller Esprit, Witz und Hintersinn. Puppenspieler Florian Kräuter, erstmals in einem Solo-Stück auf der Bühne präsent, ist ein Glücksgriff. Schauspielerisch gibt er überzeugend das magische Männlein, als Puppenspieler macht er seine hölzernen Kollegen lebendig, verleiht ihnen Stimme und Emotionen.

Ausstatter Jonathan Gentilhomme hat eine grandiose Bühnenwelt erschaffen. Er lässt die Zuschauer in das Innere eines Feuerzeugs blicken – mit einem riesigen Docht und innerer metallener Wand. In diesem Raum wohnt das Männlein. Florian Kräuter zeigt es als durchgeknallten kleinen Kobold in blauem Anzug, ungeduldig auf nächste Taten wartend, hin und her tigernd, wenn es nicht begreift, an welchen „Nichtigkeiten“ sich sein Herr zunächst erfreuen kann. Kräuter – ein wunderbarer Komödiant.

Der Feuerzeug-Bewohner erzählt die Geschichte höchstselbst. Es war einmal ein König ... Auf der metallenen rostigen Wand führen wechselnde grafische Kunstwerke des Ausstatters an die Schausplätze. Königspalast, Hotel, Gefängnis. Gemeinsam mit dem Sound von Bernhard Range und eingesetzten Lichteffekten gelingen echte Atmosphären. Auf dem Schrottplatz wärmt sich die böse Alte an einer Feuertonne, gedämpftes metallenes Getöse ist zu hören. Fehlt nur noch Öl- und Eisengeruch und der Zuschauer wähnt sich tatsächlich an solch düsterem Ort. Auch der Ausflug in die Kanalisation mit Tropfgeräuschen scheint wahrhaftig.

Puppenbauer Janusz Debinski kreierte charakterstimmige Handpuppen. Der König scheint das Glück gepachtet zu haben, sitzt er doch auf einem Würfel mit der Zahl 6. Die Hexe ist eine alte Diva, der ein Damenbärtchen, nein ein Damenbart gewachsen ist. Der Puppenspieler gibt ihnen Leben, zeigt das böse innere Beben der Hexe an der Tonne ob ihrer verlorenen Macht, den König in seiner majestätischen Überheblichkeit und später zappelnd wie ein Käfer im umgekippten Rollstuhl. Der Schmerz des Soldaten, der anfangs ächzend mit lädiertem Knie vor seinem König niederkniet, ist der Puppe abzunehmen. Lustig ist anzuschauen, wie die Prinzessin emsig jedes kleine Fleckchen im ausgebrochenen Putzwahn entfernt.

Die Inszenierung löst überhaupt viele Schmunzler aus, so etwa, als die Hexe mit vollem Körpereinsatz den Soldaten aus dem Kanalschacht zu ziehen versucht. Ihr werden gar witzige Bewegungen entlockt. Fein auch das Bad im Popcorn, das sich der Soldat gönnt. Die meisten Lacher verzeichnet jedoch das Männlein in Menschengestalt. Es manipuliert seinen Herrn, stiftet es zu Untaten an, es will Spaß, Spaß, Spaß und noch dazu Showtime. Das Lachen darf im Halse stecken bleiben.

Was würde sich unsereiner als Besitzer des blauen Lichts wünschen? Den persönlichen Feind endlich von der Bildfläche verschwinden, ihn für seine Niederträchtigkeiten büßen lassen? Nachts den Traumpartner frei Haus liefern lassen? Bäder im Popcorn? Geld wie Heu? Das ist dann Glück? Nachdenken erwünscht, auch darüber, ob übermütigen spaßvernarrten Wünscheerfüllern standzuhalten wäre.

Für alle Puppenspielfreunde ab 9 Jahren ist „Das Blaue Licht“ wärmstens empfohlen.

Nächste Vorstellungen im Oktober: 26., 27., 28., 29. und 30.