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Landwirtschaft Agrar-Influencer: Deichdeern und Bauernbengel

Nicht nur in der Mode oder der Kunst gibt es Blogger: Auch junge Menschen aus der Agrarbranche tummeln sich zunehmend in sozialen Medien. Weil sie oft mit Misstrauen konfrontiert sind, wollen sie über Themen wie Ackerbau und Tierhaltung aufklären.

Von Christina Sticht, dpa 17.01.2020, 07:21

Bargum/Kalefeld (dpa) - Landleben ist nicht öde, sondern cool: Das will die Deichdeern aus Nordfriesland ebenso zeigen wie der Bauernbengel aus Südniedersachsen. In den sozialen Medien sind zunehmend junge Landwirte als Blogger und Influencer unterwegs.

Sie posten Fotos und Videos von ihrer täglichen Arbeit. Manche legen den Schwerpunkt auf "Blechporn" - sprich Landmaschinen in Action - andere zeigen sich gern mit niedlichen Tieren.

"Ich will zeigen, dass das Leben hier lebenswert ist", sagt Julia Nissen, die als Deichdeern aus Bargum nahe der dänischen Grenze bloggt. Sie gibt Basteltipps und erzählt, wie die Partnersuche für Vieh per App funktioniert ("Tinder für Rinder") oder dass man sich einen Futtermischwagen wie einen XXL-Thermomix vorstellen sollte.

Im September startete die 32-Jährige außerdem eine Trecker-Mitfahrzentrale. Die Idee stamme von ihrem dreijährigen Sohn, der gefragt habe, warum nicht alle Kinder Trecker fahren dürfen, erzählt Nissen. Rund 300 Mal brachte sie seither junge Familien und Landwirte unter dem Hashtag #BlablaTrecker zusammen.

Weil sie irgendwann die Anfragen kaum noch bewältigen konnte, baut die zweifache Mutter die Idee nun zu einer "App aufs Land" aus, das Startkapital sammelte sie per Crowdfunding. "Es soll eine Plattform für Landerlebnisse von privat zu privat werden", sagt die Agrarwissenschaftlerin. Nissen möchte per App nicht nur Traktorfahrten, sondern auch Kochen mit einer Landfrau oder Treffen mit einem Jäger oder Angler vermitteln.

Die Zielgruppe der Deichdeern sind Frauen zwischen 25 und 40 mit Sehnsucht nach Landleben, die Hälfte ihrer Follower kommt aus der Stadt. Die 25-jährige Ann-Christin Kahler sagt hingegen: "Ich erreiche fast nur Landwirte und leider fast nur Männer." Sie hat vor rund fünf Jahren als Gülleprinzessin, ihr Spitzname in der Ausbildung, damit begonnen, Bilder und Videos zu posten. Die junge Frau zeigt die Wasserbüffel auf dem Hof ihrer Eltern im hessischen Rosenthal-Roda oder wie sie in ihrem Wohnort Kalefeld auf einem benachbarten Hof Mähdrescher fährt. Über 41.000 Menschen folgen ihr bei Instagram.

Anfragen für Werbung oder Auftritte bekommt die Angestellte eines Landmaschinenunternehmens zuhauf. "Ich lehne aber auch vieles ab", erzählt sie. So habe sie weder für Bio-Tampons werben noch bei einer Fernseh-Doku mitmachen wollen. Nach Postings über das Schlachten oder über Spritzmittel habe sie auch Hasskommentare bekommen, berichtet Kahler. "Ich versuche dann zu erklären, sachlich zu bleiben und blockiere notfalls auch Leute."

Aufklären will auch Malte Messerschmidt aus Eimen in der Nähe von Einbeck, der sich als "bauern_bengel" bei Instagram präsentiert. "Ich möchte den Leuten zeigen, was tatsächlich bei uns abläuft. Ich fahre nicht nachts zum Spritzen, weil ich etwas zu verbergen habe, sondern weil dann die Mittel am besten wirken", sagt der 21-Jährige, der in Göttingen studiert und den elterlichen Hof übernehmen will. Per WhatsApp-Gruppe informiert er zudem Nachbarn, zum Beispiel bevor es beim Dreschen staubig wird.

Die Bedeutung von sozialen Medien in der Branche sei gestiegen, weil die Menschen heute genauer wissen wollen: "Wie werden Lebensmittel hergestellt? Was steckt hinter meinem Schweinekotelett?", sagt auch Thomas Fabry, der Social-Media-Seminare für die Branche anbietet. Nach seiner Beobachtung wollen viele Verbraucher regionale Landwirte unterstützen, wissen aber nicht wie. Einige seien misstrauisch, weil sie von Tierschützern heimlich aufgenommene Bilder von Missständen in Ställen gesehen haben, sagt der 26-Jährige aus dem hessischen Korbach. "Sie denken dann, so sieht es in jedem Stall aus."

Deichdeern

Ann-Christin Kahler bei Instagram

Malte Messerschmidt bei Instagram

Swen Pförtner
Swen Pförtner
dpa
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