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Telefonforum zum Thema chronisch-entzündliche Erkrankungen des Verdauungssystems "Astronautenkost" kann den Darm entlasten

12.06.2013, 01:21

Häufige Durchfälle, Bauchkrämpfe und totale Abgeschlagenheit: Manchmal steckt hinter diesen Symptomen eine entzündete Darmschleimhaut. Fachärzte des Magdeburger Uniklinikums gaben Auskunft über Diagnostik und Therapie.

Frage: Wir wohnen in einem Elbeüberflutungsgebiet. Wie groß ist das Risiko, dass ich eine Magen-Darm-Infektion durch Keime im Wasser bekomme?

Antwort: Das Risiko ist gering, wenn Sie die gründsätzlichen Hygieneregeln beachten, also regelmäßiges Händewaschen und Trinken aus Wasserflaschen. In den Regionen, wo über längere Zeit der Strom ausgefallen war, sollten im Kühlschrank aufgetaute Essensprodukte möglichst nicht mehr verzehrt werden.

Frage: Meine Tochter (18 Jahre) leidet schon seit längerem unter wässrigen Durchfällen. Die Beschwerden treten in unterschiedlichen zeitlichen Abständen auf. Eine Blinddarmreizung, Infektionen oder Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten schließt ihre Ärztin aus. Da die Beschwerden bei psychischen Belastungen, etwa vor Prüfungen, besonders ausgeprägt sind, vermutet sie einen Reizdarm. Auf die Behandlung hat sie bislang nicht angesprochen. Sie wird immer dünner. Was kann man tun?

Antwort: Die Diagnose Reizdarm ist eine sogenannte Ausschlussdiagnose. Das heißt, wenn bekannte organische Ursachen durch eine gründliche Diagnostik ausgeschlossen werden konnten, bleibt die Diagnose Reizdarm übrig. Eine gründliche Diagnostik schließt neben der Stuhluntersuchung die endoskopische Untersuchung des Darmes ein. Wenn das noch nicht geschehen ist, sollte Ihre Tochter auf eine Überweisung zu einem Spezialisten für Magen-Darm-Erkrankungen (Gastroentrologen) bestehen. Da die Symptomatik Ihrer Tochter wiederholende Phasen von wässrigen Durchfällen einschließt, die mit den Ernährungsgewohnheiten oder Infektionen nicht zu erklären sind, könnte es sich um Entzündungen im Darm handeln, die ganz anders als ein Reizdarm behandelt werden müssen.

Frage: Vor wenigen Wochen habe ich von meinem Arzt erfahren, dass ich eine chronische Dickdarmentzündung habe. Ich leide unter den Beschwerden (wiederkehrende, sehr breiige Durchfälle ohne erkennbare äußere Ursache, heftige Bauchschmerzen und Fieber) schon seit gut zwei Jahren. Eine Darmspiegelung führte zu der Diagnose Colitis ulcerosa. Gibt es die Chance auf Heilung? Kann man etwas über meine Prognose sagen? Ich bin erst 33 Jahre.

Antwort: Chronisch-entzündliche Dickdarmentzündungen (Colitis ulcerosa) treten vor allem in jüngeren Lebensjahren (etwa 20 bis 40 Jahre) auf - manchmal auch schon bei Kindern. Oft sie auch mit Gelenkschmerzen, Hautrötungen und Augenentzündungen verbunden. Deshalb spricht man auch von einer systemischen Erkrankung. Ausgelöst werden die Beschwerden durch ein fehlgeleitetes Immunsystem, das sich gegen die Schleimhautzellen richtet und zu Entzündungen führt. Nach einiger Zeit klingen die Symptome wieder ab, wobei die ehemaligen Entzündungsherde funktionsuntüchtiges Narbengewebe hinterlassen. Die Krankheit kann unterschiedlich schnell voranschreiten. Notwendig sind daher regelmäßige Untersuchungen des Krankheitsverlaufs durch Laboruntersuchungen (z.B. Blut, Leber, Urin, Stuhl etc.) sowie weitere Untersuchungen (z.B Ultraschall und endoskopische Darmuntersuchung) .

Bislang sind chronische Darmentzündungen unheilbar. Mit Medikamenten und ergänzenden Therapien lassen sich jedoch die Symptome lindern. Viele Patienten können jahrzehntelang durch entsprechende Medikamente gut geführt werden. In besonderen Fällen einer Colitis ulcerosa kann eine Operation Heilung verschaffen.

Frage: Kann man auch ohne Dickdarm leben?

Antwort: Prinzipiell ja. Bei oft wiederholenden, schweren Krankheitsverläufen der Colitis ulcerose kann es sinnvoll sein, gleich den Dickdarm zu entfernen. Dann wird aus einem Stück Dünndarm ein Dickdarmersatz im kleinen Becken geschaffen. Die normale Stuhlpassage bleibt damit erhalten. Soweit möglich wird bei diesem Eingriff der Enddarm geschont. So kann der natürliche Verschlussmechanismus (Kontinenz) erhalten bleiben. Ein künstlicher Darmausgang kann vorübergehend diese Darmnähte schützen. Durch die vollständige Entfernung des Dickdarms ist die Colitis ulcerosa geheilt.

Frage: Wie kann ich durch Umstellung meiner Ernährung die medikamentöse Behandlung einer chronischen Darmentzündung günstig beeinflussen?

Antwort: Während eines Krankheitsschubs wird der Arzt Ihnen entzündungshemmende Arzneimittel verordnen (Kortison-Präparate, Mesalazin). Wenn die Entzündung zum Stillstand gekommen ist, wird eine medikamentöse Erhaltungstherapie durchgeführt. Neben der Behandlung der Entzündung sind andere unterstützende Maßnahmen wichtig. Hierzu zählt die Umstellung der Ernährung und ggf. eine psychische Unterstützung (Psychotherapie), die der Arzt verordnen kann.

Bei aktiven Krankheitsphasen ist eine an Eiweißen, Vitamin- und Mineralstoffen reiche Ernährung ohne Ballaststoffe zur Entlastung des Darmes wichtig. Sollte das zu keiner Verbesserung des Ernährungszustandes führen, ist eine weitergehende Ruhigstellung des Darmes möglich. Patienten sprechen in diesem Zusammenhang oft von "Astronautenkost", weil diese Nahrungsstoffe sehr rasch vom Körper aufgenommen werden.

Frage: Ist es bei einer Colitis ulcerosa ratsam, ein Durchfallverhinderndes Mittel zu nehmen?

Antwort: Es kann ergänzend zur Symptomkontrolle über einen kurzen Zeitraum eingenommen werden.

Frage: Gibt es eine moderne Alternative zur endoskopischen Untersuchung des Darms?

Antwort: Ja, die gibt es. Wir untersuchen einen Teil unserer Patienten mit einer Kamera-Kapsel. Sie rutscht innerhalb weniger Stunden durch Speiseröhre, Magen und Dünndarm. Dabei macht sie Bilder der Darminnenwand und der Patient kann sich normal bewegen. Nach dem Ausscheiden der Kapsel werden die Daten vom Arzt ausgewertet. Bevor die Kamera-Kapsel zum Einsatz kommt, sollte man jedoch mit Ultraschall untersuchen, ob es im Dünndarm Engstellen gibt, an denen das Kameraauge hängen bleiben könnte.