1. Startseite
  2. >
  3. Leben
  4. >
  5. Auto
  6. >
  7. Autotest: Warum Dacias dickstes Ding ein Bestseller werden könnte

Autotest Warum Dacias dickstes Ding ein Bestseller werden könnte

Wo Dacia antritt, ist die Renault-Tochter ganz vorn dabei. Mit dem Bigster drängt Dacia nun in die Kompaktklasse. Müssen sich Skoda Karoq, Hyundai Tucson und VW Tiguan deshalb warm anziehen?

Von Thomas Geiger, dpa 08.04.2025, 00:05
Bigger ist der Bigster: Der neue Dacia ist 4,57 Meter lang und bietet bis zu 1.937 Liter Kofferraumvolumen.
Bigger ist der Bigster: Der neue Dacia ist 4,57 Meter lang und bietet bis zu 1.937 Liter Kofferraumvolumen. Dacia/dpa-tmn

Berlin - Nur keine falsche Bescheidenheit. Nachdem sich Dacia bislang auf Kleinwagen beschränkt hat, wagen die Rumänen jetzt mit dem Bigster einen Schritt nach oben und treten erstmals in der gehobenen Kompaktklasse der SUV gegen Platzhirsche wie den VW Tiguan an.

Aber nur, weil sie jetzt ein Auto von 4,57 Metern bauen, verraten sie ihre Ideale nicht. Sondern auch für ihr bis dato größtes Modell setzen sie auf kleine Preise und starten bei 23.990 Euro - rund 15.000 Euro weniger als der Segment-Sieger aus Wolfsburg.

Mehr Platz auf allen Plätzen

Dafür gibt es einen ausgewachsenen Geländewagen, der vielleicht nicht so viel Prestige bietet wie die Konkurrenz aus dem VW-Konzern, von Stellantis oder aus Korea, dafür aber mindestens genauso so viel Platz: Gegenüber dem Duster um gute 20 Zentimeter gestreckt, sitzt man in der ersten Reihe jetzt erstklassig und bei 2, 70 Metern Radstand auch im Fond sehr viel bequemer. Das optionale Panoramadach verstärkt das luftige Raumgefühl. Der Kofferraum fasst 546 bis 1.937 Liter.

Charme statt Chrom 

Was dem Bigster mangels Chrom und LED-Ornat dabei an Präsenz fehlt, macht er mit seinem rustikalen Charme und seinem robusten Auftritt wett. Zumal die Sache mit dem Abenteuerlook durchaus ernst gemeint ist. Nicht umsonst bietet Dacia im Gegensatz zu manchem Konkurrenten tatsächlich noch Allradantrieb an und die durchgefärbten Plastikplanken an Bug und Heck verzeihen auch mal einen kleinen Kratzer.

Mit den Extras aus der Rubrik InNature rüstet sich der Bigster für die Landlust in den großen Ferien – selbst einen modularen Campingausbau gibt es dort für kleines Geld (rund 1.600 Euro) als Zubehör.

Mehr Substanz als schöner Schein

Auch innen setzt Dacia - irgendwo muss der Kampfpreis ja herkommen - eher auf Substanz statt auf den schönen Schein und teure Effekthascherei. Die Konsolen sind deshalb zwar liebevoll gestaltet und gemustert, werden aber aus preiswertem und deshalb bisweilen ungemütlichem Hartplastik gegossen – scharfe Grate und Spritznasen inklusive.

Die Sitze sind etwas dünner gepolstert als bei der Konkurrenz und das Gepäckrollo wirkt weniger wertig. Aber dafür gibt es genügend Ablagen für kurzweilige Suchspiele, reichlich USB-Outlets und als kleinen Luxus auf Wunsch sogar ein gekühltes Staufach für Erfrischungen unterwegs.

Der Bigster ist auch für das YouClip-System mit den cleveren Accessoires gerüstet, die sich überall im Auto an speziellen Haltepunkten befestigen und Skodas Simply-Clever-Details erstaunlich altbacken erscheinen lassen. 

Technisch vorn dabei 

Wo die Rumänen früher alte Renault-Technik auftragen mussten, sind sie jetzt technisch auf der Höhe der Zeit. Das beweist die Ausstattung mit digitalem Cockpit, großem Touchscreen und allen gängigen Assistenten und nicht zuletzt die Auswahl der Antriebe. Sie sind alle mehr oder minder elektrifiziert.

So gibt es zum Start einen 1,2 Liter großen Dreizylinder mit Mild-Hybrid-Technik, der im Fronttriebler auf 103 kW/140 PS kommt oder in der vom Duster bekannten Version mit 96 kW/130 PS auch als Allrad angeboten wird. Statt eines Diesels soll es bald auch für den Bigster eine Flüssiggas-Motorisierung geben.

Dacias ganzer Stolz ist ein Hybrid, der bei den Rumänen seinen ersten Einsatz gibt. Er kombiniert einen 80 kW/109 PS starken 1,8-Liter-Motor mit einer E-Maschine von 36 kW/49 PS und einem elektrischen Startergenerator. So kommt er auf eine Systemleistung von 115 kW/155 PS und fährt im Alltag weiter elektrisch, als man es bei 1,4 kWh Batteriekapazität erwarten würde.

Das hat gleich zwei Vorteile: Der Normverbrauch sinkt so auf 4,7 Liter (CO2-Ausstoß: 106 g/km) und es herrscht eine angenehme Ruhe beim Reisen. Denn mit der ist es vorbei, wenn sich der vergleichsweise raue Verbrenner zuschaltet und lautstark in den Vordergrund drängt.

Immerhin hat das Doppel dann genügend Kraft: Geht es mit vereinten 377 Nm zu Werke, beschleunigt der Bigster in soliden 9,7 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100 und ermöglicht eine Höchstgeschwindigkeit von 180 km/h. Ja, viele konventionelle Konkurrenten sind schneller. Aber den meisten ach so modernen Elektro-SUV fährt der Bigster damit locker davon.

Für gehobene Ansprüche

Und das mit einem guten Gefühl. Denn für ihr Flaggschiff haben sich die Rumänen auch bei der Fahrwerksabstimmung Mühe gegeben, den gehobenen Ansprüchen der wohl mehrheitlich deutschen Kundschaft Rechnung getragen und für eine straffere Anbindung gesorgt.

Der Bigster fühlt sich deshalb weniger belanglos und beliebig an als einige kleinere Dacia-Modelle, liegt gut und komfortabel auf der Straße. Er verkneift sich starke Bewegungen im Aufbau und schürt mit seiner präzisen Lenkung sogar ein bisschen Lust auf flotte Kurven. Trotzdem ist der Bigster in der Stadt überraschend wendig. Zusammen mit einer übersichtlichen Karosserie und der Rückfahrkamera lässt er sich deshalb leicht auch in enge Lücken rangieren.

Fazit: Der wahre Volkswagen

Der VW Tiguan mag das meistverkaufte Auto in seinem Segment sein. Aber mit dem Bigster baut Dacia den wahren Volkswagen unter den kompakten SUV. Und gleichzeitig trägt man der pessimistischen Grundstimmung in Wirtschaft und Gesellschaft Rechnung.

Denn ohne, dass die Kunden außer auf Glanz und Gloria wirklich auf etwas verzichten müssten, dreht Dacia die Preise im Vergleich mal eben um ein Drittel zurück und macht das Familienauto so auch in schweren Zeiten wieder halbwegs bezahlbar. Zumindest, solange es aus Überzeugung oder von Gesetz wegen kein Elektroauto sein muss, hat der Bigster damit das Zeug zum Bestseller. 

Datenblatt: Dacia Bigster Hybrid155
 

Motor und Antrieb:
Vierzylinder-Benziner mit Hybridmodul
Hubraum:
999 ccm
Max. Leistung:
115 kW/155 PS
Max. Drehmoment:
372 Nm 
Antrieb:
Frontantrieb
Getriebe:
Automatik-Getriebe

 

Maße und Gewichte
 
Länge:
4.570 mm
Breite:
1.813 mm
Höhe:
1.657 mm
Radstand:
2.702 mm
Leergewicht:
1.494 kg
Zuladung:
446 kg
Kofferraumvolumen:
546-1.851 Liter

 

Fahrdaten
 
Höchstgeschwindigkeit:
180 km/h
Beschleunigung 0-100 km/h:
9,7 s
Durchschnittsverbrauch:
4,7 Liter/100 km
Reichweite:
1.060 km
CO2-Emission:
106 g/km
Kraftstoff:
Super
Schadstoffklasse:
Eu6
Energieeffizienzklasse:
C

 

Kosten
 
Basispreis des Dacia Bigster: 
23.990 Euro
Grundpreis des Dacia Bigster Hybrid 155:
28.590 Euro 
Typklassen:
k.A.
Kfz-Steuer:
58 Euro/Jahr

 

Wichtige Serienausstattung
 
Sicherheit:
Sechs Airbags, LED-Scheinwerfer, Notbremsassistent. Spurhalteassistent
Komfort:
Tempomat, digitale Instrumente, Zentralverriegelung, Klimaanlage