Ein Atem-Test gibt Aufschluss über eine Laktose-Intoleranz / Milchzucker bewusst vermeiden Bauchschmerzen nach Genuss von Milch
Laktose-Intoleranz - diese Diagnose betrifft vor allem immer mehr Erwachsene. Mit einer Ernährungsumstellung beispielsweise kann man den Beschwerden Einhalt gebieten.
Wiesbaden/Leipzig (dapd) l Ein heißer Kakao oder ein sahniger Vanillepudding schmecken lecker. Das Vergnügen ist jedoch nur von kurzer Dauer, wenn schon wenige Minuten nach dem Essen der Bauch weh tut und der Darm laut grummelt. "Bei einer Laktoseintoleranz zeigen sich die Beschwerden oft innerhalb kürzester Zeit", erklärt Professor Richard Raedsch, Gastroenterologe am St. Josefs Hospital in Wiesbaden. Oft dauere es noch nicht mal eine halbe Stunde, bis die Betroffenen mit wässrigem Durchfall zur Toilette eilen: "Oder sie plagen sich mit starken Blähungen und Bauchkrämpfen."
Immer noch glauben die meisten Menschen, Milch gehöre zwingend zu einem ausgewogenen Ernährungsplan. Doch das stimme nicht, sagt der Experte: "Milch ist zwar ein sehr wertvolles Lebensmittel, von der Natur aber eigentlich nur für Säuglinge vorgesehen." Tatsächlich verträgt der überwiegende Teil der Menschheit im Erwachsenenalter keine Milch mehr. "Im Mittelmeerraum haben 40 Prozent der Menschen eine Laktoseintoleranz, in Asien und Afrika sind es über 80 Prozent."
Verträglichkeit lässt mit zunehmendem Alter nach
Genetisch ist es im Normalfall nämlich so vorgesehen, dass die Verträglichkeit nach dem dritten Lebensjahr nachlässt. Hierzulande könnten immerhin noch 85 Prozent der Menschen Milch problemlos verarbeiten, sagt Raedsch. Das bedeutet jedoch auch: 15 Prozent können es nicht oder zumindest nicht ohne Beschwerden.
Bei einer Laktoseintoleranz produziert der Dünndarm zu wenig oder gar keine Laktase. "Laktase ist das Enzym, das zur Aufspaltung des Milchzuckers, also der Laktose, benötigt wird", erklärt Ulrike Böhm, Diplom-Ernährungswissenschaftlerin aus Leipzig. Erfolgt diese Zerlegung nicht, kann der Zucker nicht durch die Darmwand ins Blut gelangen, sondern kommt zusammen mit den anderen unverdaulichen Speiseresten in den Dickdarm: "Für die dort angesiedelten Darmbakterien gleicht das einem Fest", sagt Raedsch. Doch während die Bakterien sich am Zucker berauschen, muss der Mensch die Quittung zahlen: Der Milchzucker vergärt, im Darm bilden sich Wasserstoff, Kohlendioxid und Fettsäuren, die Übeltäter für das Zwicken und Zwacken, Blähen und Kneifen im Bauch.
Eine Laktose-Intoleranz ist aber keine Krankheit und auch keine Allergie. Per Definition fällt sie unter die sogenannten Nahrungsmittelunverträglichkeiten. "Wer betroffen ist, muss keine Folgeerkrankungen oder gesundheitlichen Risiken fürchten", beruhigt der Gastroenterologe.
Einfach ist es nicht , der Unverträglichkeit auf die Spur zu kommen und Milchzucker bewusst zu vermeiden, räumen die Experten ein. Denn Milchzucker sei als Zusatzprodukt in sehr vielen Lebensmitteln enthalten, die mit Milch überhaupt nichts zu tun haben, sagt Ernährungswissenschaftlerin Ulrike Böhm. Ob Fertigprodukte, Wurstwaren, Chips oder Kekse: "Wer erstmal auf die Inhaltsangaben seiner Lebensmittel achtet, wird erstaunt sein, wo überall Laktose drin steckt."
Um die diffusen Magen-Darm-Probleme auf eine Laktoseintoleranz testen zu lassen, reicht ein einfacher Atem-Test. "Hierfür wird Patienten beim Arzt eine konzentrierte Laktose-Lösung zum Trinken gegeben und dann in regelmäßigen Abständen der Atem auf Wasserstoff getestet", erklärt der Mediziner Raedsch. Die Untersuchung dauere zwar zwei Stunden, bringe aber klare Ergebnisse. "Gegebenenfalls muss man noch untersuchen, ob die Laktoseintoleranz auch andere Ursachen als eine reine Unverträglichkeit haben kann."
Auch Wurst und Fertigprodukte enthalten oft Lactose
In seltenen Fällen sei die Intoleranz Nebensymptom einer anderen Grunderkrankung, zum Beispiel einer Zöliakie. Auch Darmerkrankungen wie Morbus Crohn könnten die Verarbeitung von Milchzucker im Darm beeinträchtigen.
Wer eine Laktoseintoleranz hat, kann seine Ernährung einfach und effektiv umstellen, sagt Ulrike Böhm: "Es gibt viele tolle Milchersatzprodukte auf dem Markt." Normale Trinkmilch könne einfach durch laktosefreie Milch ersetzt werden. Auch Hafer-, Dinkel-, Reis oder Sojagetränke sind eine gute Alternative. "Hartkäse kann in der Regel sogar weiter verzehrt werden, da dieser kaum noch Milchzucker enthält."
Auch Sauermilch, Kefir oder Joghurt würden vielen Menschen keine Probleme bereiten. "Jeder muss Stück für Stück ausprobieren, was er gut verträgt oder was nicht." Für Restaurantbesuche oder andere Gelegenheiten, bei denen der Verzehr von Milchzucker nicht zu vermeiden sei, könnten Betroffene auch Hilfe aus der Apotheke nutzen: "Es gibt dort rezeptfreie Enzympräparate, die dem Körper Laktase zuführen." Eine Dauerlösung sei diese Medikation aber auf keinen Fall, schränkt der Experte ein: "Bei anhaltenden Beschwerden sollte man auf jeden Fall eine Ernährungsberatung aufsuchen."