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Weitere Teile des Anlegerschutzgesetzes treten am 1. Juli in Kraft "Beipackzettel" ist ab heute für Geldanlagen Pflicht

01.07.2011, 04:31

Weitere Teile des überwiegend bereits seit April gültigen Anlegerschutgesetzes treten heute in Kraft. Kreditinstitute müssen ihre Anlageprodukte mit einem Produktinformationsblatt versehen. Das Gesetz soll Privatanleger in verschiedenen Bereichen besser vor Nachteilen durch Falschberatung und mit Konstruktionsfehlern behafteten Offenen Immobilienfonds schützen. Die Verbraucherzentrale erklärt, was sich ändert.

Produktinformationsblatt: Banken müssen Verbrauchern bei Anlageberatungen verpflichtend ein Produktinformationsblatt zur Verfügung stellen. Die Verpflichtung gilt nicht bei einer bloßen Anlagevermittlung. Ein Anlagevermittler übernimmt im Interesse eines Kapitalsuchenden (Fonds etc.) den Vertrieb eines Anlageprodukts, während der Anlageberater "neutraler" berät. Eine klare Abgrenzung ist allerdings nicht immer möglich. Auch sind die Berater nur bei den Produkten zur Übergabe eines Produktinformationsblattes verpflichtet, hinsichtlich derer sie tatsächlich eine Kaufempfehlung aussprechen.

Der Kunde muss den Beipackzettel rechtzeitig vor Vertragsschluss erhalten. Das Produktinformationsblatt darf nicht mehr als zwei DIN-A4-Seiten umfassen, in Ausnahmefällen nicht mehr als drei Seiten, etwa bei Derivaten und Termingeschäften. Enthalten muss es:

m die Art des Anlageprodukts,

m seine Funktionsweise,

m die damit verbundenen Risiken,

m die Aussichten für die Kapitalrückzahlung und Erträge unter verschiedenen Marktbedingungen sowie

m die mit der Anlage verbundenen Kosten.

Die Banken dürfen das Produktinformationsblatt in gedruckter oder in elektronischer Form zur Verfügung stellen.

Flankiert wird die Pflicht zur Beifügung des Produktinformationsblattes durch Bußgeldvorschriften. Sind die Informationsblätter nicht richtig, nicht vollständig oder werden sie zu spät oder gar nicht zur Verfügung gestellt, so kann die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) ein Bußgeld verhängen. Aus denselben Gründen können auch Schadensersatzansprüche des Verbrauchers entstehen.

Offene Investmentfonds: Für Offene Investmentfonds sieht das Gesetz eine andere Lösung vor. Hier treten an die Stelle des Produktinformationsblattes die wesentlichen Anlegerinformationen (KID oder KIID – Key Investor Information Document) nach dem Investmentgesetz (InvG). Diese wiederum ersetzen bei den inländischen Investmentfonds das bisher vorgesehene vereinfachte Verkaufsprospekt.

Die wesentlichen Anlegerinformationen müssen ähnliche Angaben wie das Produktinformationsblatt enthalten, das sind:

m die Identität des Sondervermögens,

m eine kurze Beschreibung der Anlageziele und Anlagepolitik,

m das Risiko- und Ertragsprofil der Anlage,

m die bisherige Wertentwicklung oder gegebenenfalls Performance-Szenarien und

m praktische Informationen und Querverweise.

Die Angaben muss der Anleger verstehen können, ohne hierfür zusätzliche Dokumente heranzuziehen. Dabei bestehen genaue gesetzliche Vorgaben hinsichtlich der näheren Inhalte, der Form, Struktur und Gestaltung der wesentlichen Anlegerinformationen.

Konkretisierung der Beratungspflichten: Seit April 2011 verpflichtet das Anlegerschutzgesetz die Wertpapierdienstleistungsunternehmen, ihren Kunden nur geeignete Finanzprodukte zu empfehlen. Damit wurden die bereits zuvor bestehenden Bankenpflichten ergänzt. Schon nach dieser ursprünglichen Rechtslage mussten die Institute die notwendigen Informationen über die finanzielle Situation des Kunden, seine Kenntnisse, Erfahrungen und Anlageziele einholen, um überhaupt eine für ihn geeignete Anlageempfehlung machen zu können.

Verstöße gegen die Pflicht, geeignete Finanzprodukte zu empfehlen, können seit der gesetzlichen Neuregelung mit einem Bußgeld belegt werden. Auch besteht eine gesetzliche Aufklärungspflicht, wenn bei der Beratung die Auswahl der Finanzprodukte eingeschränkt oder bestimmte, insbesondere hauseigene Produkte bevorzugt werden.

Zusätzliche Möglichkeiten für die Finanzaufsicht: Die Wertpapierdienstleistungsunternehmen sind ab dem 1. November 2012 per Gesetz ausdrücklich verpflichtet, nur sachkundige und zuverlässige Mitarbeiter einzusetzen. Um dies kontrollieren zu können, werden die Befugnisse der BaFin erweitert. Alle Anlageberater, Compliance-Beauftragten und Vertriebsverantwortlichen werden nun in einer Datenbank bei der BaFin registriert. Die Institute müssen der BaFin melden, wenn Kundenbeschwerden gegen einen Berater oder Vertriebsverantwortlichen vorliegen. Die Beschwerden werden in der Datenbank gespeichert. So sollen Missstände leichter aufzeigbar und der Einfluss von Vertriebsvorgaben transparenter werden.

Ist der Mitarbeiter nicht ausreichend qualifiziert oder unzuverlässig, kann dem Unternehmen die Beschäftigung des Mitarbeiters in der Anlageberatung untersagt werden. Verstößt der Mitarbeiter gegen die gesetzlichen Vorschriften, so kann die BaFin Unternehmen und Beschäftigten verwarnen, den Instituten aber auch verbieten, den Berater weiter in der Anlageberatung einzusetzen. Dieses "Berufsverbot" kann auf bis zu zwei Jahre ausgedehnt werden. Zusätzlich besteht die Möglichkeit, dass die BaFin von ihr verhängte Sanktionen auf ihrer Internetseite veröffentlicht.

Offene Immobilienfonds: Das Investmentgesetz sieht künftig Mindesthaltefristen für Anleger vor, um kurzfristige Verkaufswellen einzudämmen. Aus demselben Grund wird die Möglichkeit, Fondsanteile jederzeit zurückgeben zu können, eingeschränkt. Kleinanleger sind von den strengeren Regeln aber kaum beeinträchtigt. Auch die Anforderungen an die Fondsgesellschaften werden strenger. So sollen die Immobilien im Fondsvermögen künftig häufiger durch einen Sachverständigenausschuss bewertet werden. Strengere Regelungen gelten auch bei vorübergehenden Fondsschließungen aufgrund mangelnder Liquidität.

Die Vorlagen treten nach einer Übergangsfrist in Kraft: Offene Immobilienfonds, die am 8. April 2011 bestanden, müssen sie 2013 erfüllen.(rgm)