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Brotzeit am Ententeich: Füttern ist oft schädlich

26.06.2015, 09:19
In mehreren Städten ist das Entenfüttern bereits verboten - und das soll sogar den Tieren helfen. Foto: Matthias Balk
In mehreren Städten ist das Entenfüttern bereits verboten - und das soll sogar den Tieren helfen. Foto: Matthias Balk dpa

Berlin - Kaum raschelt ein Parkbesucher am Teichufer mit der Brottüte, stürmen die Enten in seine Richtung. Gierig stürzen sie sich auf die Brocken, die im Wasser treiben. Nicht immer wird damit dem Wohl der Tiere gedient.

Kinder lieben das Entenfüttern. Mancher Erwachsene will den Vögeln etwas Gutes tun oder seine Essensreste sinnvoll loswerden. Dabei ist das Füttern in manchen Städten sogar verboten - aus mehreren Gründen.

Die Stockente gehört deutschlandweit zu den häufigsten Wasservögeln. Sie hat sich dem menschlichen Lebensraum angepasst und fühlt sich auch an Seen und Teichen in städtischen Parks wohl. Oft haben die Tiere ihre Scheu vor Menschen verloren.

Derk Ehlert, Wildtierexperte bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt in Berlin, findet das problematisch. Ihm geht es nicht darum, dass Enten beim Picknick schon mal lästig werden können. Ihm geht es um die Gefahr für die Tiere: "Die natürliche Scheu dem Menschen gegenüber muss erhalten bleiben", sagt Ehlert. "Sonst kann es passieren, dass die Tiere bei Unfällen getötet werden, zum Beispiel auf der Straße oder durch Hunde."

Weil viele Parkbesucher die Enten mit Brot oder Gebäck füttern, kommen sich beide Seiten nahe. Stürzen sich die Enten gierig auf die Brotbrocken, bekommen Parkbesucher den Eindruck, die Tiere seien ausgehungert. Aber: "Die Enten finden in den Parks genügend natürliche Nahrung", sagt Ehlert. Trotzdem fressen sie die angebotenen Bröckchen. Das ist für die Enten bequemer, als sich selbst Nahrung zu suchen.

Gesund ist das mitgebrachte Futter für die Tiere nicht. Brot enthält für Vögel zu viel Salz, zudem quillt es im Magen auf. "Brot ist für Enten eher Fast Food", sagt Julian Heiermann, Zoologe beim Naturschutzbund Deutschland (Nabu). Schädlich sei vor allem die Menge, die in Parks verfüttert werde - und die lasse sich nicht kontrollieren. Denn wer an einem Sommertag im Park Futter verteilt, ist gewiss nicht der Einzige. Daher empfiehlt Heiermann, Wasservögel generell nicht zu füttern, er vermutet: "Wir Menschen haben mehr Freude daran als die Enten."

Außerdem zieht das herumliegende Fressen im Park Mitesser an. Am Ufer liegen gebliebenes Brot lockt Ratten und Mäuse an. Wenn die Stadt gegen die Schädlinge vorgeht, wird das teuer. Auch die Gewässer können Schaden nehmen. Brotbrocken und Entenkot reichern das Wasser mit zusätzlichen Nährstoffen an. Es entstehen mehr und mehr Algen, für deren Zersetzung Sauerstoff nötig ist.

Das bereitet der Natur vor allem im Sommer Probleme, da warmes Wasser weniger Sauerstoff bindet als kaltes. Spült ein starker Regenguss zusätzliche Nährstoffe in den See, beispielsweise in Form von Blütenpollen oder Abwässern, kann es zum Kollaps kommen: Der Sauerstoffgehalt sinkt so stark, dass Fische und Pflanzen regelrecht ersticken. Man spricht von einer Eutrophierung oder dem Umkippen des Gewässers.

In mehreren Städten, darunter Berlin, ist das Füttern von Enten verboten. An etlichen Gewässern informieren Schilder über die Folgen, Parkbesucher werden aufgefordert, die Brottüte in der Tasche zu lassen. Auch in kleineren Städten sind die Probleme bekannt, die durch zu viel Brot im Ententeich entstehen.

Zum Beispiel im niedersächsischen Oldenburg, wo die Stadtverwaltung ebenfalls Hinweisschilder an Seen und Teichen aufgestellt hat. Grundsätzlich verbieten will die Stadt das Entenfüttern aber nicht. Frank Ignatius von der unteren Naturschutzbehörde in Oldenburg hat durchaus Verständnis für das Bedürfnis vieler Menschen, den Tieren nahezukommen. "Manche Eltern sehen im Entenfüttern die Möglichkeit, ihre Kinder an die Natur heranzuführen."

Aber dafür gibt es andere, tier- und umweltfreundlichere Wege: "Die örtlichen Naturschutzorganisationen bieten regelmäßig Exkursionen an, die Kindern und auch Erwachsenen die Natur in der Stadt nahebringen", erklärt Ignatius. Wer nach Terminen für die eigene Stadt oder Gemeinde sucht, wird oft beim Nabu fündig.

Wer auf das Entenfüttern trotzdem partout nicht verzichten mag, der sollte über Alternativen zum Brot nachdenken. Für die Enten ist spezielles Wasservogelfutter aus dem Zoohandel oder Baumarkt gesünder als Brot. Am Ufer ausgelegt, verschmutzt das Futter nicht den See. Nach der Entenmahlzeit sollten die Fütterer die Reste aufsammeln. In Japan sei das ganz normal, sagt Ehlert. Dort werde anschließend sogar der Boden geharkt, um keine Spuren und einen sauberen Park zu hinterlassen.