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Reiseziel zu Halloween Dartmoor-Tour: Begegnung mit dem Hund von Baskerville

Halloween-Trip für Hartgesottene: Im Südwesten Englands kann, wer sich traut, den Hund von Baskerville jagen - wie Sherlock Holmes. Aber bitte die Nerven behalten, wenn wirklich ein Biest auftaucht.

Von Christoph Driessen, dpa Aktualisiert: 28.11.2023, 16:23
Wie aufgestapelte und teils wieder eingestürzte Riesenbauklötze: „Tor“ nennt man die im Dartmoor vorkommende typische Felsformation.
Wie aufgestapelte und teils wieder eingestürzte Riesenbauklötze: „Tor“ nennt man die im Dartmoor vorkommende typische Felsformation. Christoph Driessen/dpa-tmn

Dartmoor - Dartmoor. Das Wort ist Inbegriff des Unheimlichen. Es steht für Nebelschwaden über dem Hochmoor, ein berüchtigtes Gefängnis und die bekannteste aller Sherlock-Holmes-Geschichten: „Der Hund von Baskerville“.

In dem Roman müssen der Londoner Detektiv und sein Sidekick Dr. Watson einen mysteriösen Todesfall aufklären: Sir Charles Baskerville wurde mit einem Ausdruck größten Entsetzens auf seinem Gesicht aufgefunden - mit den Fußabdrücken eines gigantischen Hundes in nächster Nähe.

Um den Stoff zu recherchieren, unternahm Sherlock-Holmes-Erfinder Sir Arthur Conan Doyle (1859-1930) im Jahr 1901 eine Reise in die einsame Urlandschaft in Englands Südwesten. Einer seiner Hauptinformanten war der örtliche Pfarrer und Dartmoor-Kenner Robert Duins Cooke.

Dessen Urenkel Alex Graeme hat sich darauf spezialisiert, Touristen an die Entstehungsorte des weltbekannten Kriminalromans zu führen. Für alle, die den Mut dazu haben, ist es das ultimative Halloween-Abenteuer. Schöner Schauder garantiert.

Los geht's noch ganz komfortabel

Der Anfang ist noch ganz harmlos: Alex kommt mit seinem Wagen zum Hotel, was die Tour um einiges einfacher macht als zur Zeit von Doyle, der überwiegend zu Fuß durch die unzugängliche Heidelandschaft streifen musste.

Alex ist der ideale Guide: extrem gut im Stoff, aber dabei nie ermüdend und mit sehr viel englischem sense of humour ausgestattet. Seine achtstündige „The Hound of the Baskervilles Tour“, die von niemand anderem angeboten wird, hat ihm in Großbritannien mittlerweile zu einiger Bekanntheit verholfen.

„Henry Baskerville“ steht auf dem verwitterten Grabstein auf dem Friedhof von Ashburton, eine der ersten Stationen der Tour. Eine Figur aus dem Buch? Nicht ganz. Doyle borgte sich den klangvollen Namen einfach von dem Kutscher Henry Baskerville, der ihn damals im Dartmoor herumfuhr.

Baskerville führte ein ruhiges Leben und starb 1962 im Alter von 81 Jahren friedlich im Bett - und nicht etwa zu Tode gehetzt von einem kalbsgroßen phosphoreszierenden Höllenhund.

Ponys, die sich an Autos wärmen

Der Tag ist milchig trübe, wie so viele hier. Ab und zu scheinen dräuende Himmelsstimmungen ein Unwetter anzukündigen, doch es bleibt dann jedesmal bei ein paar Tropfen.

In der Landschaft dominieren Braun- und Grüntöne, hin und wieder aufgelockert von wild lebenden Dartmoor-Ponys. Die Tiere suchen mitunter die Nähe geparkter Autos, um sich aufzuwärmen. Orientierungspunkte am Horizont sind die dramatisch aufragenden „Tors“, unwirkliche Felsformationen. Sie wirken wie aufgestapelte und teils wieder eingestürzte Riesenbauklötze.

„Ich rate euch, das Moor in jenen dunklen Stunden, da die Kräfte des Bösen am Werk sind, nicht zu überschreiten“, heißt es in Doyles Roman. Es ist jetzt zwar noch mitten am Tag, aber am Himmel hat sich tiefschwarzes Gewölk zusammengezogen.

Ein besonders düsterer Anblick ist der des Prison Dartmoor. Errichtet wurde das Gefängnis im Jahr 1806 für französische Kriegsgefangene, die zuvor auf abgetakelten Schiffen interniert worden waren. Bis heute sind die grauen Granitkästen als Zuchthaus in Betrieb. Im „Hund von Baskerville“ verbreitet ein ausgebrochener Sträfling zusätzliche Spannung.

Der Ort, der am stärksten mit der Sherlock-Holmes-Geschichte verbunden ist, ist die Ruine der Holy Trinity Church am Rande des Dorfes Buckfastleigh, die einsam inmitten schiefer Grabsteine steht. 1992 brannte sie ab - jemand hatte Feuer gelegt.

Die Seele an den Teufel verkauft

Möglicherweise stand die Brandstiftung in Zusammenhang mit Kulten von schwarzer Magie und Satanismus, die in dem einsamen Gemäuer praktiziert worden sein sollen. Dass das Gebäude solche Leute anzog, hatte wiederum mit der wuchtigen Grabkammer zu tun, die unbeschädigt neben der Kirche steht.

Hier ruht der zu Lebzeiten als besonders grausam gefürchtete Gutsherr Richard Cabell III, Beiname „Dirty Dick“, der angeblich seine Seele an den Teufel verkauft hatte. Seit seinem Tod im Jahre 1677 soll der passionierte Waidmann in stürmischen Nächten als Phantom mit seinen Hunden übers Moor jagen.

Eben diese Legende stellte Doyle ins Zentrum seiner Detektivgeschichte: Bei ihm ist es ein böser Baskerville aus dem 17. Jahrhundert, der nachts im Moor jungen Frauen nachstellt, bis er schließlich von einem Hund zu Tode gehetzt wird.

Alex weiß zu berichten, dass die örtliche Bevölkerung den Geist Cabells dermaßen gefürchtet habe, dass sie seinen Sarg in dem massiven Grabhaus hinter dicken Mauern, Eisenstäben und obendrein unter einer mächtigen Steinplatte festsetzte.

Einer alten Überlieferung zufolge verhält es sich so, dass Cabell oder gar der Teufel selbst einem in die Finger beißen werden, wenn man siebenmal um die Grabkammer läuft und dann seine Hand durch die Eisenstäbe steckt. Bemerkenswert ist, dass auf dem verwilderten Gelände mehrere Schilder mit der Aufschrift „Hunde verboten“ aufgestellt sind. Bezieht sich das am Ende auf den Geisterhund...?

Und dann passiert es

Von der Ruine geht es nun in die Sümpfe der Fox Tor Mires. Diese schwermütige Gegend soll Doyles Vorbild für das fiktive Moor Grimpen Mire gewesen sein, jene besonders isolierte Region, in der der Hund sein Unwesen treibt.

Und genau hier geschieht es: Direkt auf der Straße steht auf einer Hügelkuppe plötzlich ein pechschwarzes Riesenbiest und versperrt Alex' Wagen den Weg. Der Schreck fährt einem in die Knochen. Erst beim zweiten Hinsehen stellt sich heraus, dass es sich um ein kapitales Rindvieh handelt.

Langsam fährt Alex wieder an, und der gehörnte Wiederkäuer verschwindet hinter dem Hügel. Als der Wagen die Anhöhe erreicht, ist nichts mehr zu sehen - das Tier scheint sich aufgelöst zu haben. Alles was man hört, ist der pfeifende Wind.

Nach diesem Grusel ist es höchste Zeit für etwas Beschauliches, Beruhigendes. Das gemütliche Hotelrestaurant „Two Bridges“ unweit des moosbedeckten Eichenwalds Wistman's Wood, das auf dem Programm steht, scheint ideal. Doch - man hätte es sich ja denken können - auch dort spukt es. Die „Wisht Hounds“, blutrünstige Hunde mit brennend roten Augen, gehen um.

In dem urigen Pub jedoch, in dem sich viele Wanderer stärken und ausruhen, knistert behaglich ein Kaminfeuer. Alles scheint gut. Jetzt erstmal einen heißen Cream Tea und Scones mit Marmelade. Herrlich. Und die Geister? Die müssen draußen bleiben. Und man hofft, dass sie sich daran halten.

Hund von Baskerville-Tour durchs Dartmoor

Anreise: Viele deutsche Touristen kommen mit dem eigenen Pkw. Ab London dauert die Fahrt noch rund vier Stunden. Die einzige Nonstop-Flugverbindung in die Region geht in den Sommermonaten von Düsseldorf nach Newquay an der Nordküste von Cornwall. Am Flughafen Newquay kann man sich einen Leihwagen mieten, von dort braucht man etwa eine Stunde bis ins Dartmoor.

Einreise: Deutsche Urlauber benötigen seit dem Brexit einen Reisepass. Der Personalausweis reicht nicht.

Tour: Die achtstündige „The Hound of Baskervilles Tour“ mit Alex Graeme ist nicht billig. Sie kostet für ein Paar 450 Pfund (rund 500 Euro), für eine Gruppe von sechs Personen 595 Pfund (knapp 690 Euro).

Weitere Informationen: Visit Britain