Expertinnen der Arbeitsagentur beantworteten die Fragen am Lesertelefon der Volksstimme Der Spagat zwischen Arbeit und Familie
"Vereinbarkeit von Familie und Beruf" war das Thema des gestrigen Telefonforums der Volksstimme. Hier die meistgestellten Fragen und Antworten.
Frage: Ich kann die Arbeitszeit nicht mehr realisieren, aufgrund der Kinderbetreuung. Welche Möglichkeiten gibt es für mich nicht zu kündigen?
Antwort: Eine eigene Kündigung sollte wirklich der letzte Ausweg sein. Sie haben die Möglichkeit mit Ihrem Arbeitgeber über eine Arbeitszeitverlagerung zu sprechen. Vor diesem Gespräch ist es ratsam, mit dem Träger (Kommune oder freier Träger wie z. B. Wohlfahrtsverband) der Kitaeinrichtung über eine mögliche Ausweitung oder Verlagerung der Betreuungszeiten in Kontakt zu treten. Dadurch erhalten Sie für sich eine gute Gesprächsgrundlage. Bitten Sie Ihren Arbeitgeber um einen frühzeitigen Termin um gemeinsam nach einer für beide Seiten realisierbaren Lösung zu suchen. Gesprächsgegenstand können die Arbeitszeiten und die Stundenanzahl sein.
Möglichkeiten der Unterstützung nach Auszeit
Frage: Meine Kita hat leider nur bis 16 Uhr geöffnet. Welche Möglichkeiten gibt es darüber hinaus die Betreuung zu gewährleisten?
Antwort: Grundlage für die Betreuung bietet das Kinderförderungsgesetz (KiFöG) des Landes Sachsen-Anhalt. Hiernach haben Sie einen Rechtsanspruch auf bedarfsgerechte Kinderbetreuung bis zur Vollendung der 7. Klassenstufe. Grundsätzlich sollte in einem ersten Schritt an den Träger der Einrichtung schriftlich eine Anfrage auf Ausweitung oder Verlagerung der Betreuungszeiten, gegebenenfalls auch in einer anderen Einrichtung des Trägers gestellt werden. Sollte sich hier keine Möglichkeit bieten, so können Sie sich in einem zweiten Schritt mit Ihrem Anliegen an das für Sie zuständige Jugendamt wenden. Alternativ bieten sich auch Lösungen außerhalb des KiFöG an, die auf privatrechtlicher Basis (Eigenfinanzierung) vereinbart werden, beispielsweise Tagesmutter, Großelterndienst oder Babysitter. Diese Angebote variieren regional.
Frage: Ich habe viele Jahre ausschließlich meine Kinder betreut. Jetzt möchte ich wieder in das Berufsleben einsteigen. Wo bekomme ich dabei Unterstützung?
Antwort: Erster Ansprechpartner für einen beruflichen Wiedereinstieg sind die Agenturen für Arbeit vor Ort. In diesen werden unter anderem Informationsveranstaltungen zu dem Thema "Wiedereinstieg nach der Familienphase" regelmäßig durch die Beauftragten für Chancengleichheit angeboten. Hier erhalten Sie neben Informationen, zum regionalen Arbeitsmarkt, zu Weiterbildungsmöglichkeiten sowie zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf, auch die Gelegenheit individuelle Anliegen zu besprechen. Die Termine finden Sie auf der Internetseite der Arbeitsagenturen unter www.arbeitsagentur.de.
Frage: Ich bin alleinerziehend und kann keine Schichten mehr leisten. Welche Alternativen habe ich, um dennoch zu arbeiten?
Antwort: Alternativen kann man nicht aus dem Ärmel schütteln. Überlegen Sie, welche Tätigkeiten aus Ihrem bisherigen Arbeitsleben auch in anderen Berufsfeldern Verwendung finden könnten, und thematisieren Sie dies in dem Beratungsgespräch bei Ihrer Agentur für Arbeit. Denken Sie dabei auch an Ihre Freizeit. Gibt es hier vielleicht Ansätze, um diese mit einer zukünftigen Beschäftigung in Verbindung zu bringen. Vergessen Sie dabei nicht, dass Sie während der Erziehungszeit ebenso wertvolle soziale Kompetenzen erworben haben, die Ihnen nützlich sein können.
Frage: Ich habe während der Ausbildung ein Baby bekommen. Wie kann ich den Berufsabschluss nachholen?
Antwort: Nutzen Sie das Beratungsangebot der Berufsberatung. Hier werden mit Ihnen gemeinsam entsprechende Berufsausbildungsmöglichkeiten gesucht und die finanziellen Rahmenbedingungen geklärt. Grundsätzlich besteht nach dem Berufsbildungsgesetz auch die Möglichkeit für Mütter und Väter die Ausbildung in Teilzeit zu absolvieren. Jedoch muss dies im Einzelfall mit dem jeweiligen Ausbildungsbetrieb besprochen werden.
Frage: Mein Vater hatte vor kurzem einen Schlaganfall. Wenn er demnächst von der Reha zurück kommt, möchte ich mich um ihn kümmern und ihn pflegen. Wie kriege ich das zusammen mit meiner Berufstätigkeit hin?
Antwort: Sie sollten auf jeden Fall das Gespräch mit Ihrem Arbeitgeber suchen und ihre Situation darlegen. Bitten Sie Ihren Arbeitgeber um einen frühzeitigen Termin um gemeinsam nach einer für beide Seiten realisierbaren Lösung zu suchen. Sprechen Sie über eine mögliche Arbeitszeitverlagerung oder auch zeitlich befristete Stundenreduzierung. Ggf. ist auch das seit dem 1. Januar 2012 geltende Familienpflegzeitgesetz eine alternative Lösung. Die neue Familienpflegezeit macht es möglich, nahe Angehörige zu pflegen und weiterhin erwerbstätig zu sein. Weitere Informationen zur Familienpflegezeit finden Sie auch in den Informationsbroschüren für Beschäftigte und Unternehmen sowie unter www.familien-pflege-zeit.de.
Frage: Acht Jahre lang habe ich meine Eltern gepflegt. Jetzt da Sie verstorben sind, möchte ich wieder arbeiten. Wer hilft mir dabei?
Antwort: Die Arbeitsmarktsituation ist zurzeit günstig, so dass die Suche nach freien Stellen durchaus erfolgreich sein kann. Nutzen Sie die verschiedenen Möglichkeiten der Stellensuche. Erkundigen Sie sich neben den klassischen Stellenanzeigen in den Zeitungen, der Jobbörse der Agentur für Arbeit im Internet auch in ihrem Umfeld nach Arbeitsmöglichkeiten. Sofern Sie noch nicht wieder bei der Agentur für Arbeit gemeldet sind, sollten Sie dies unbedingt nachholen, auch wenn Sie durch die Betreuungszeit Ihrer Eltern keinen Anspruch auf Leistungen haben, werden Ihnen Unterstützungsmöglichkeiten angeboten.
Frage: Ich habe vor der Elternzeit in Vollzeit gearbeitet. Damit ich mehr Zeit mit meinem Kind verbringen kann, möchte ich nach der Elternzeit in Teilzeit arbeiten gehen. Kann mein Arbeitgeber mir die Teilzeitarbeit ablehnen?
Antwort: Zuerst einmal lebt das vorherige Arbeitsverhältnis wieder auf. Unter bestimmten Bedingungen des Teilzeit- und Befristungsgesetz besteht ein Anspruch auf einen Teilzeitarbeitsplatz. Wichtig ist, dass der Wunsch dem Arbeitgeber rechtzeitig (mindestens ein Vierteljahr vor möglichen Beginn) mitgeteilt wird. Es sollte dann nach gemeinsamen Lösungen gesucht werden. Ein Arbeitgeber kann auch aus betrieblichen Gründen den Wunsch nach einer Teilzeitstelle ablehnen.
Veranstaltungen kostenfrei und ohne Anmeldung besuchen
Frage: Ich bin derzeit noch in Erziehungszeit und will mich aber mit dem Thema "Wiedereinstieg" bereits auseinandersetzen? Bekomme ich auch einen Termin bei der Agentur für Arbeit?
Antwort: Selbstverständlich! Sowie Sie wissen, dass es nach der Elternzeit keine Möglichkeit zum Einstieg im alten Unternehmen gibt, können Sie sich an die Agentur für Arbeit wenden und einen Termin vereinbaren. Die Beauftragten für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt der Agenturen für Arbeit bieten regelmäßig Informationsveranstaltungen zum "Wiedereinstieg nach der Familienphase" an. Diese Veranstaltungen können Sie ohne Voranmeldung und kostenfrei besuchen. Hier gibt es Antworten auf viele Fragen, die die Rückkehr ins Berufsleben gründlich vorbereiten. Fragen der Kinderbetreuung und Umverteilungen von Aufgaben innerhalb der Familie sind ebenso wichtig wie aktuelle Informationen über den regionalen und überregionalen Arbeitsmarkt sowie zu Möglichkeiten beruflicher Weiterbildung und finanziellen Unterstützungsmöglichkeiten durch die Agentur für Arbeit.
Frage: Während der Erziehungszeit habe ich über die Möglichkeit einer Selbständigkeit nachgedacht. Ich habe eigentlich auch schon tolle Ideen. An wen kann ich mich wenden?
Antwort: Es passiert wirklich nicht selten, dass Frauen während der Zeit der Kinderbetreuung, in der von ihnen auch viel Kreativität und Organisationstalent abverlangt wird, mit dem Gedanken einer selbständigen Arbeit auseinandersetzen. Kompetente Beratung finden Sie beispielsweise bei der Industrie- Handels-, oder Handwerkskammer, Steuer- und Unternehmensberatungen, bei Fachverbänden, Kreditinstituten und Gründungszentren sowie - immer wenn es um Verträge geht - bei Rechtsanwälten und Notaren. Im Land Sachsen-Anhalt gibt es für Existenzgründungswillige zudem das ego-Piloten Netzwerk (ego - steht hier für Existenzgründungsoffensive). Diese Piloten sind in allen Regionen des Landes vor Ort und bieten eine unverbindliche und kostenlose Beratung sowie Begleitung der Existenzgründung an. Daneben gibt es weitere spezielle Programme für Gründerinnen. Hier kann Ihnen die Agentur für Arbeit neben ersten Informationen auch die Kontaktdaten vermitteln.
Frage: Ich bin alleinerziehende Mutter und arbeitslos. Gibt es für mich besondere Maßnahmen zur Weiterqualifizierung?
Antwort: Das Dienstleistungsangebot der Agentur für Arbeit gilt grundsätzlich für Männer und Frauen gleichermaßen. Für Personen, die ihre Erwerbstätigkeit wegen der Betreuung und Erziehung aufsichtsbedürftiger Kinder oder der Betreuung pflegebedürftiger Angehöriger unterbrochen haben (mindestens für ein Jahr) und in angemessener Zeit danach in die Erwerbstätigkeit zurückkehren wollen, sieht der Gesetzgeber besonderen Unterstützungsbedarf vor. So sollen diese Personen im besonderen Maße bei der Beratung und Vermittlung sowie bei der Förderung der beruflichen Weiterbildung Unterstützung erhalten. Welche Möglichkeiten das in Ihrem konkreten Fall sind, wird in einem persönlichen Gespräch gemeinsam mit Ihrer Vermittlungsfachkraft erarbeitet. Dabei finden Ihre Lebensverhältnisse zeitlich inhaltlich und organisatorisch soweit wie möglich Berücksichtigung.
Frage: Wie lange kann ich Elternzeit in Anspruch nehmen?
Antwort: Für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die ihr Kind in den ersten Jahren selbst betreuen möchten, gibt es den gesetzlichen Anspruch auf Elternzeit. Sie kann bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes genommen werden. Während dieser Zeit besteht ein Kündigungsschutz, das Arbeitsverhältnis bleibt aufrechterhalten. Nach Ablauf der drei Jahre hat die Mutter oder der Vater Anspruch auf die Rückkehr an den alten bzw. einen vergleichbaren Arbeitsplatz.
Frage: Ich habe vom Bundesfreiwilligendienst gelesen. Wäre dies eine Alternative, um wieder ins Berufsleben zurück zu kehren?
Antwort: Der seit Juli 2011 bestehende Bundesfreiwilligendienst (BFD) ist für Menschen aller Altersgruppen gedacht. Er kann deshalb für Wiedereinsteigerinnen und Wiedereinsteiger ein Sprungbrett in die Arbeitswelt sein. Einige Einrichtungen gehen noch einen Schritt weiter und bieten nach dem Bundesfreiwilligendienst eine weitere Qualifizierung an. Bei Interesse können Sie sich im Internet auf der Seite www.bundesfreiwilligendienst.de informieren.
Frage: Kann ich Arbeitslosengeld und gleichzeitig Elterngeld bekommen?
Antwort: Ein Anspruch auf Arbeitslosengeld und gleichzeitig Elterngeld besteht nur, wenn Sie alle weiteren Voraussetzungen erfüllen. Dazu zählt, dass Sie den Vermittlungsbemühungen zur Verfügung stehen und eine Beschäftigung von mindestens 15 Stunden wöchentlich suchen sowie die Kinderbetreuung abgesichert ist. Damit der Anspruch auf Elterngeld bestehen bleibt, dürfen Sie eine Beschäftigung nur bis zur 30 Stunden wöchentlich anstreben. Arbeiten Sie darüber hinaus, erlischt der Anspruch.