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Eisige Hoffnung Deutscher Forscher will sich einfrieren lassen

Mit Frostschutzmittel und Stickstoff will sich Klaus Sames nach dem Tod einfrieren lassen. Er glaubt fest an ein Leben nach dem Tod. Doch will er das vorher lieber erstmal an einem Schweineherz probieren.

Von Nico Pointner, dpa 25.12.2016, 12:00

Ulm (dpa) - Klaus Sames steht im Einbalsamierungsinstitut in Ulm, es riecht nach Desinfektionsmittel, im Nebenraum sind Särge aufgetürmt. Hier wird er eines Tages liegen.

In der Hand hält er eine Brustbeinsäge, um damit den Brustkorb aufzumachen. "In der Drosselgrube machen wir einen kleinen Schnitt", sagt Sames und hält sich die scharfe Säge direkt an den Hals. Vor zwei Jahren konnten sie an einer Leiche üben. "Da haben wir alles gelernt, was man an Handgriffen wissen muss." Der Brustkorb wird geöffnet, über eine Herz-Lungen-Maschine soll Frostschutzmittel in seine Blutbahn gepumpt werden. Dann erst soll die Leiche unter Null Grad gekühlt werden, ohne dass sich zerstörerische Kristalle bilden. So zumindest die groteske Theorie.

Sames gilt in Deutschland als Pionier der Kryonik. Sein Plan wirkt wie aus einem grotesken Science-Fiction-Film: Der Ulmer Altersforscher Klaus Sames will sich nach seinem Tod tiefkühlen und in ein paar Hundert Jahren wieder auftauen lassen - dann eben, wenn tödliche Krankheiten heilbar sind.

"Das ist ein Hirngespinst", meint etwa Frank-Michael Weigner vom Verband Deutscher Präparatoren. Körperzellen seien mit Flüssigkeit gefüllt. "Wenn man das 'runterkühlt, dehnt sich die Flüssigkeit aus, dann platzen alle Zellen." Da helfe auch keine Kühlflüssigkeit in den Blutadern. Und selbst wenn man Menschen ohne größere Schäden einfrieren könnte: "Wenn man auftaut, wird der ganz normale Verwesungsprozess weitergeführt." Er findet gut, dass Menschen auch mal sterben. "Irgendwann muss auch Schluss sein."

"Man kann jeden aufheben", glaubt hingegen Sames. "Man kann das Sterben unterbrechen." Er weiß aber auch, dass sich ein Mensch kaum ohne Schäden einfrieren lassen dürfte. Die Konservierung kompletter menschlicher Organe hält er aber prinzipiell für möglich. Deshalb will er bald ein Schweineherz auf minus 130 Grad tiefkühlen - und dann wiederbeleben. Es wurmt ihn, dass seine Wissenschaft nicht ernst genommen wird. Erst nach seiner Zeit als Mediziner outete er sich als Kryonik-Anhänger. Er träumt vom "Durchbruch zur medizinischen Seriosität".

Sames hat vor kurzem einen Verein rund um sein "Kompetenzteam" gegründet, wie er es nennt. Damit will er um Geld werben und den Ruf verbessern. 14 Menschen seien ehrenamtlich dabei, drei Balsamierer gehören dazu, ein Kardiotechniker, ein Medizintechniker.

Auch Karen Conrad ist dabei. Auch die 46-jährige Krankenschwester für Intensivmedizin findet das ewige Eis verlockend. "Es ist doch komisch", sagt sie: "Alle wollen länger leben. Aber kaum einer will die Chance wahrnehmen, länger zu leben."

Sames will sich schlicht nicht damit abfinden, dass eines Tages Schluss sein soll. "Ich habe die Endlichkeit des Seins zuerst religiös bewältigen wollen", sagt der ehemalige Theologiestudent. "Ich dachte ich wäre gläubig, doch dann hat das aufgehört."

Sames ist als ehemaliger Gerontologe leidenschaftlicher Forscher. Die Kryonik ist seine Ersatzreligion, sie gibt ihm Hoffnung. "Ich habe Angst vorm Sterben, aber Grauen vor dem Tod", sagt er. Es geht um Auferstehung. Kryonist will er genauso wenig genannt werden wie Kryoniker. "Das hat so einen Sektenklang", sagt er. "Ich versuche, den naturwissenschaftlichen Projektcharakter zu betonen.

Wenn er von Tod und Wiederauferstehung spricht, hat das wenig mit Religion zu tun. Trotzdem glänzen seine Augen dann vor Begeisterung. Er berichtet von Kindern, die nach einer Stunde aus eisigem Wasser geborgen und wiederbelebt wurden. In den USA sei einem Kaninchen eine aufgetaute Niere erfolgreich eingepflanzt worden, schwärmt er. Nächstes Jahr will er das Projekt in Angriff nehmen. Falls sein Versuch mit dem Schweinherz klappen sollte, träumt Sames schon weiter: "Und was ist ein Mensch außer einer Ansammlung von großen Organen?", fragt er dann.

In einem Kunststoffsack mit Trockeneis will er eines Tages dann "gemütlich nach Amerika schippern", erzählt er. 28 000 Dollar hat er dem Cryonics Institute gezahlt, damit sie ihn im Ewigen Eis aufbewahren. Dort will er dann bei minus 196 Grad kopfüber hängen, bis sie ihn auftauen. "Das ist mindestens so seriös wie das Marsprojekt" sagt er. Er stellt sich bereits seinen Start in ein neues Leben vor. "Da wird jemand sein, der darauf programmiert ist, mich in die neue Realität einzuführen", sagt er. Und dann wolle er Champagner trinken.