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"Unglaubliche Errungenschaft" Erstes Bild von Schwarzem Loch

Bislang gab es von Schwarzen Löchern nur Illustrationen. Jetzt haben Astronomen das erste Bild gemacht - und sprechen von einer "unglaublichen Errungenschaft". Acht Observatorien waren für die Aufnahme notwendig.

Von Christina Horsten und Till Mundzeck, dpa 10.04.2019, 18:20

Brüssel/Bonn (dpa) - Die Erwartungen waren groß, als Astronomen vor einigen Jahren an den Start gingen, um die erste Aufnahme eines Schwarzen Lochs zu machen.

Nun haben sie geliefert. Auf gleich sechs Pressekonferenzen präsentierten die Forscher des "Event Horizon"-Teleskopnetzwerks (EHT) am Mittwoch zeitgleich die Aufnahme, die in die Geschichte eingehen dürfte: Sie zeigt einen dunklen Fleck vor einem verschwommenen leuchtenden Ring. "Wir sind hoch erfreut, Ihnen mitteilen zu können, dass wir etwas gesehen haben, von dem wir gedacht haben, es wäre unsichtbar", sagte der Astrophysiker Shep Doeleman in Washington.

Bislang gab es von Schwarzen Löchern nur Illustrationen. Bei dem aufgenommenen Exemplar handelt es sich um das extrem massereiche Schwarze Loch im Zentrum der 55 Millionen Lichtjahre entfernten Galaxie Messier 87. Dieses Schwarze Loch hat 6,5 Milliarden mal mehr Masse als unsere Sonne.

Um in dieser gigantischen Entfernung noch ausreichende Details erkennen zu können, hatten die Forscher acht Einzelobservatorien auf vier Kontinenten rechnerisch zu einem Superteleskop zusammengeschlossen. Mehr als 200 Menschen in 20 Ländern arbeiteten an dem Projekt. "All die gemeinsamen Beobachtungen zu koordinieren war ein riesiges Problem", sagte Joey Nielsen von der Villanova Universität in Pennsylvania. "Aber alle haben wahnsinnig gute Arbeit gemacht."

Nasa-Wissenschaftler Paul Hertz sprach von einer "unglaublichen Errungenschaft": "Vor Jahren dachten wir noch, dass wir ein riesiges Teleskop bauen müssten, um ein Bild eines Schwarzen Loches zu bekommen. Aber indem wir einzelne Teleskope dazu gebracht haben, zusammen wie eins zu arbeiten, hat das Team des EHT es Jahrzehnte früher als gedacht geschafft."

"Die Ergebnisse geben uns zum ersten Mal einen klaren Blick auf ein supermassives Schwarzes Loch", betonte Anton Zensus, Direktor am Bonner Max-Planck-Institut für Radioastronomie. Dort wurden die Daten der beteiligten Radioteleskope zusammengeführt.

Aufgrund ihrer extremen Masse lassen Schwarze Löcher noch nicht einmal das Licht entkommen, dadurch sind sie praktisch unsichtbar. Allerdings heizt sich Materie, bevor sie in ein Schwarzes Loch gezogen wird, extrem stark auf und strahlt dann hell. Dieses charakteristische Leuchten ist in rot in der jetzt vorgelegten Aufnahme zu sehen.

Das Bild sei eine Bestätigung von Albert Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie unter den extremsten Bedingungen des Universums, berichtete Karl Schuster, Direktor des Instituts für Radioastronomie im Millimeterbereich (IRAM), das an der Beobachtungskampagne beteiligt war.

Um ein Schwarzes Loch bildet sich eine Gas- und Staubscheibe, auf der neue Materie in den Raumzeitschlund strudelt. Diese Materie dreht sich immer schneller, wird dabei durch Reibung extrem heiß und leuchtet hell auf. Die Teleskope fotografierten das Schwarze Loch vor dieser sogenannten Akkretionsscheibe, "wie eine schwarze Katze auf einem weißen Sofa", erläuterte die Max-Planck-Gesellschaft.

Mit den Beobachtungen, die auch im Fachblatt "Astrophysical Journal" vorgestellt werden, hoffen die Forscher zahlreiche grundlegende Fragen zu beantworten, darunter: Sehen Schwarze Löcher so aus wie von der Theorie erwartet? "Wir waren ehrlich gesagt überrascht, wie gut der beobachtete dunkle Fleck mit der aus unseren Computersimulationen vorhergesagten Struktur übereinstimmt", sagt Zensus.

Der experimentelle Durchbruch öffne die Tür zu einer Vielzahl neuer Beobachtungen, die unbekannte Details der kosmischen Schwerkraftfallen enthüllen könnten, erläuterte Schuster. "In Zukunft möchten wir auch die Dynamik der einstrudelnden Materie untersuchen. Im Grunde möchte man einen Film davon machen."

Event Horizon Telescope

Phantom des Universums

Schwarze Löcher sind Orte der Extreme. Die Masse ist in ihnen so stark zusammengepresst, dass nichts ihrer enorm hohen Anziehungskraft entkommt. Nicht einmal das Licht dringt nach außen. Schwarze Löcher sind also quasi unsichtbar - was ihnen ihren Namen gab.

Wie lassen sich Schwarze Löcher dann beobachten? Zwar sind sie selbst unsichtbar, verraten sich jedoch über die Materie, die sie verschlucken. Wegen ihrer extrem starken Beschleunigung heizt sich Materie, die in ein Schwarzes Loch fällt, auf Millionen Grad Celsius auf und strahlt dann hell. Dieses charakteristische Leuchten können Teleskope registrieren.

Schwarze Löcher gibt es wohl in fast jeder Größe im Kosmos - von der einfachen Masse unserer Sonne bis zu Milliarden Sonnenmassen. Sie können zum Beispiel aus ausgebrannten Riesensternen entstehen, die am Ende ihrer Existenz unter der eigenen Schwerkraft zu einem Schwarzen Loch zusammenstürzen. Welche Mindestmasse ein Stern dafür haben muss, ist unter Astrophysikern nicht eindeutig geklärt.

Diese grafische Darstellung zeigt einen Stern, der von einem schwarzen Loch geschluckt wird und dabei einen roten Schweif aus Röntgenstrahlen hinter sich lässt. Foto: M.Weiss/NASA/Chandra X-ray Observatory/AP
Diese grafische Darstellung zeigt einen Stern, der von einem schwarzen Loch geschluckt wird und dabei einen roten Schweif aus Röntgenstrahlen hinter sich lässt. Foto: M.Weiss/NASA/Chandra X-ray Observatory/AP
NASA/Chandra X-ray Observatory/AP
Auf der chilenischen Chajnantor-Hochebene steht der Teleskopverbund Atacama Large Millimeter Array, kurz ALMA. Foto: Christoph Malin/Christophmalin/ESO
Auf der chilenischen Chajnantor-Hochebene steht der Teleskopverbund Atacama Large Millimeter Array, kurz ALMA. Foto: Christoph Malin/Christophmalin/ESO
ESO/HO
Das Observatorium auf dem Gipfel des hawaiianischen Berges Mauna Kea ist eines der acht Einzelobservatorien auf vier Kontinenten, die zu einem Superteleskop zusammengeschlossen wurden. Foto: Maunakea Observatories/AP
Das Observatorium auf dem Gipfel des hawaiianischen Berges Mauna Kea ist eines der acht Einzelobservatorien auf vier Kontinenten, die zu einem Superteleskop zusammengeschlossen wurden. Foto: Maunakea Observatories/AP
Maunakea Observatories/AP