1. Startseite
  2. >
  3. Leben
  4. >
  5. Familie
  6. >
  7. Cybergrooming: Schutz und Hilfe für Kinder vor sexuellem Missbrauch

Sachsen-Anhalt Kinder im Visier: Warum "Cybergrooming" eine Gefahr ist und wo Eltern Hilfe finden

Sexualstraftäter nehmen auch im Internet keine Rücksicht auf Kinder und Jugendliche. Das sogenannte "Cybergrooming" wird immer häufiger zum Problem, auch in Sachsen-Anhalt. Worin genau die Gefahr liegt und wo Eltern Hilfe finden, erfahren Sie bei uns.

Von Sebastian Rose Aktualisiert: 13.10.2023, 10:26
Annäherungen von Erwachsenen an Minderjährige im Internet heißt "Cybergrooming". Die Täter haben die sexuelle Ausbeutung ihrer Opfer im Visier. Eine große Gefahr für Kinder und Jugendliche, auch in Sachsen-Anhalt.
Annäherungen von Erwachsenen an Minderjährige im Internet heißt "Cybergrooming". Die Täter haben die sexuelle Ausbeutung ihrer Opfer im Visier. Eine große Gefahr für Kinder und Jugendliche, auch in Sachsen-Anhalt. Symbolfoto: IMAGO / Christian Ohde

Magdeburg - Die sexuelle Ausbeutung von Minderjährigen ist ein hochemotionales und viel diskutiertes Thema. Im Internetzeitalter setzen Täter verstärkt auf das sogenannte "Cybergrooming".

Bei dieser Masche nähern sich zwielichtige Internetuser den Kindern und Jugendlichen über soziale Netzwerke, nutzen die Unerfahrenheit der jungen Menschen aus, locken diese mit harmlosen Nachrichten und Komplimenten und bedrängen sie später mit Drohungen, um beispielsweise an Nacktfotos oder Videos zu gelangen.

Wie läuft die Masche "Cybergrooming" ab und was sind die Gefahren?

"Die Täter geben sich in Chats oder Online-Communitys gegenüber Kindern oder Jugendlichen als ungefähr gleichaltrig aus oder stellen sich als verständnisvolle Erwachsene mit ähnlichen Erfahrungen und Interessen dar. So gewinnen sie das Vertrauen ihrer Opfer mit dem Ziel, sie zu manipulieren", erklärt Michael Klocke, Pressesprecher des Landeskriminalamts Sachsen-Anhalt, auf Nachfrage.

Jetzt anmelden: Alles zum Thema Familie in Sachsen-Anhalt in unserem neuen Newsletter

"Die Fotos werden dann teilweise als Druckmittel gegen die Minderjährigen eingesetzt, um sie zu weiteren Handlungen zu bewegen. Manche Täter verfolgen außerdem das Ziel, sich auch 'offline' mit den minderjährigen Opfern zu treffen und sie zu missbrauchen", so Klocke weiter.

14-jährige Ayleen aus Baden-Würtemberg nach "Cybergrooming" ermordet

Wie in dem Fall der 14-jährigen Ayleen aus Baden-Württemberg, die im Juli vergangenen Jahres von einem 30 Jahre alten Mann nach monatelangen sexualisierten Chats in Hessen getötet wurde.

In Deutschland ist "Cybergrooming" als eine Form des sexuellen Missbrauchs von Kindern verboten. Wer Kinder und Jugendliche im Internet mit sexueller Absicht bedrängt, muss mit Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren rechnen.

Zu einer "tatsächlichen“ sexuellen Handlung in der realen Welt muss es dabei nicht kommen – allein die Absicht genügt. "Auch muss das Kind nicht auf die Nachrichten reagiert haben: Für eine Strafbarkeit reicht es aus, dass das Kind eine solche Nachricht zur Kenntnis genommen hat", so das LKA.

Eine genaue Statistik zur Anzahl an "Cybergrooming"-Fällen in Sachsen-Anhalt gibt es nicht, da laut LKA mehrere Straftatbestände von dem Begriff umfasst werden. Kriminologen allerdings seien besorgt und gingen von einer deutlichen Zunahme der Fälle aus, schreibt dazu die Deutsche Presseagentur.

Sachsen-Anhalt: Hier finden Eltern Hilfe - so lassen sich Kinder schützen

"Eltern und Vertrauenspersonen können ihre Kinder effektiv vor den Gefahren des 'Cybergrooming' – der sexuellen Gewalt im Internet - schützen, indem sie eine offene Kommunikation pflegen und über die Risiken des Online-Kontakts mit Fremden informieren ohne die Nutzung von digitalen Medien zu verbieten", berichtet Nadia Boltes von der Landesvereinigung kulturelle Kinder- und Jugendbildung (Lkj) Sachsen-Anhalt.

"Wenn Kinder wissen, dass sie offen über ihre Erlebnisse im Internet sprechen können oder dass Verbote folgen, werden sie eher bereit sein, von belastenden Erfahrungen zu berichten", so Boltes. 

Gemeinsames Festlegen von klaren Regeln und das Überprüfen der Privatsphäre-Einstellungen in den genutzten Apps und sozialen Netzwerken seien ebenfalls entscheidend.

Wenn Kinder und Jugendliche bereits betroffen sind, sei es entscheidend, sich an Vertrauenspersonen wie Eltern, Lehrkräfte oder Freunde zu wenden und über die Erfahrungen zu sprechen. "Diese Personen bieten emotionale Unterstützung und helfen, angemessen auf die Situation zu reagieren.

Für Jugendliche, denen ein persönlicher Austausch schwerfällt, steht die anonyme Online-Beratung beispielsweise durch speziell ausgebildete JUUUPORT-Scouts zur Verfügung." Diese bieten Unterstützung über WhatsApp zu festgelegten Chat-Zeiten an. Auch bietet das Kinder- und Jugendtelefon montags bis samstags von 14 bis 20 Uhr unter 116 111 eine kostenlose telefonische Beratung an.

Wichtige Hinweise nach "Cybergrooming"-Vorfall

Weiter sei es ratsam, Beweise zu sichern, indem Chat-Verläufe dokumentiert werden. Screenshots können später bei rechtlichen Schritten von großer Bedeutung sein. Um den Missbrauch zu stoppen, sollte die betreffende Person gemeldet und blockiert werden. Auch die Betreiber einer Plattform sollten ebenfalls über den Vorfall informiert werden.

"Hierzu bieten Projekte wie ZEBRA eine Anlaufstelle, um Fälle von 'Cybergrooming' zu melden", so Boltes. Die Servicestelle Kinder- und Jugendschutz bietet beispielsweise Informationsveranstaltungen für Eltern mit Schulkindern zum Thema 'Sexting' und 'Cybergrooming' an. Fachkräfte und Interessierte können sich zudem für eine kostenfreie Fortbildung am 22. November bei der Servicestelle digitale kulturelle Bildung der Lkj Sachsen-Anhalt anmelden.

Auch können sich Eltern Hilfe bei den Internet-Beschwerdestellen, wie jugendschutz.net oder dem Verein JUUUPORT beraten lassen.

Auch bei der Polizei erfahren Betroffene laut LKA-Pressesprecher Michael Klocke Hilfe und finden Informationsmaterial. Zudem wurde im September aufgrund steigender Verbreitungszahlen von Kinderpornographie durch Minderjährige selbst ein Katalog zur Eindämmung durch das Landeskriminalamt erarbeitet.

Jedes Polizeirevier verfüge über Beamte, welche sich intensiv mit Präventionsarbeit befassen. Des Weiteren gebe es in jedem Polizeirevier Opferschutzbeauftrage, welche als Ansprechpartner zur Verfügung stehen.

(Weitere) Hilfsangebote/Ansprechpartner bei "Cybergrooming"

www.juuuport.de - Onlineberatung von Jugendlichen für Jugendliche

www.nummergegenkummer.de - Nummer gegen Kummer mit dem Kinder- und Jugendtelefon unter 116111 und dem Elterntelefon unter 0800 1110550 oder auch als Onlineangebot (anonyme Beratungsstelle)

- Wildwasser e.V. (www.wildwasser-halle.de, www.wildwasser-dessau.de, www.wildwasser-magdeburg.de)

- „Miß-Mut“ e.V. (www.miss-mut.de – Stendal)

Den Tätern drohe bei Missbrauch von Kindern ohne Körperkontakt eine Strafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren Gefängnis, bei Vorbereitungshandlungen von Missbrauchsdelikten – wie unter anderem das Anbahnen von Kontakten zu Kindern – drei Monate bis fünf Jahre.

In dem Fall der ermordeten 14-jährigen Ayleen aus Baden-Würtemberg muss der Täter wegen Mordes, versuchter Vergewaltigung und Entziehung Minderjähriger lebenslang in Haft. Zudem stellte der Richter die besondere Schwere der Schuld fest und ordnete die Sicherungsverwahrung an - und damit die Höchststrafe.