MZ-Leserforum Familienrecht und Vorsorge für Eltern und Kinder: Wer für wen Unterhalt zahlen muss
Wann müssen Großeltern für ihre Enkel Unterhalt zahlen? Wann hat der Ex-Partner Anspruch auf Geld? Wie lange dürfen Kinder den Eltern auf der Tasche liegen? Fachanwältinnen für Familienrecht haben die Antworten.
Wenn die Liebe zerbricht, beginnt oftmals der Streit zwischen den Partnern. Es geht um Unterhalt, die Aufteilung des Vermögens oder den Umgang mit den gemeinsamen Kindern. Um solche und weitere Fragen ging es beim Leserforum zum Thema Familienrecht. Die Fachanwältinnen für Familienrecht Olivia Goldschmidt aus Magdeburg, Marie-Luise Merschky aus Halle und Sandra Baatz aus Naumburg haben die Fragen der Anrufer beantwortet.
Ich bin 88 Jahre alt und lebe seit fünf Jahren von meinem Mann getrennt. Dieser ist zwischenzeitlich in ein betreutes Wohnen aufgenommen worden. Ich habe die folgende Frage: Wird nicht nach drei Jahren die Ehe automatisch geschieden? Ich selber möchte aufgrund meines Alters die Ehescheidung nicht einreichen. Hafte ich dann noch für meinen Mann? Ich selber bin Rentnerin und beziehe ca. 1.200 Euro Altersruhegeld.
Eine Ehe wird nicht automatisch geschieden, es bedarf immer eines Antrages bei Gericht. Sie haften im klassischen Sinne nicht für ihren Mann. Wenn dieser Verträge eingeht, so bleibt er allein der Schuldner. Anders ist es jedoch bei der gesetzlichen Unterhaltspflicht zwischen Ehegatten. Ihr Mann könnte Trennungsunterhalt von Ihnen begehren.
Und: Wenn Sozialleistungen für ihn erbracht werden, kann der Staat Sie in Regress nehmen. Dafür ist jedoch erforderlich, dass Sie selber über genügend Einkünfte verfügen. Ihr Selbstbehalt gegenüber Ihrem Mann liegt bei 1.475 Euro, sodass Sie hier nichts befürchten müssen. Auch eine Eigentumswohnung oder ein selbst bewohntes Haus verändert die Sachlage nicht, dieses bleibt Ihnen unangetastet.
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Mein Sohn hat aus einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft mit einer Frau gemeinsam ein Kind. Das Kind ist nunmehr vier Jahre alt. Mein Sohn ist vor einem halben Jahr verstorben. Die Kindesmutter selber bezieht Bürgergeld. Bin ich als Großvater verpflichtet, für meine Enkel aufzukommen? Ich habe lediglich eine Rente in Höhe von 1.600 Euro.
Grundsätzlich gilt, dass Verwandte in gerader Linie unterhaltsverpflichtet sind. Dazu gehören auch Großeltern. Allerdings müssen Großeltern erst zahlen, wenn die Eltern des Kindes nicht genügend Einkommen haben oder verstorben sind.
In Ihrem Fall ist der Vater verstorben und wie Sie mitteilen, ist die Kindesmutter nicht leistungsfähig. Dann kann durchaus auch auf Sie zurückgegriffen werden. Allerdings steht Ihnen ein höherer Selbstbehalt als den Eltern zur Verfügung. Mit Ihrer Rente liegen Sie weit unter dem Selbstbehalt, sodass Sie nicht befürchten müssen, in Haftung genommen zu werden.
Mehrere Ausbildungen
Unser Sohn hat nach dem Abitur zunächst eine Tischlerlehre absolviert. Danach hat er ein Bauingenieurstudium aufgenommen. Auch da hat er abgeschlossen. Wir haben sowohl zu Lehrzeiten ihm ein Taschengeld gegeben als auch ihn als Student mit Unterhalt unterstützt. Jetzt will er Philosophie studieren und will wieder Unterhalt von uns haben. Ist das rechtens?
Als Eltern sind Sie grundsätzlich verpflichtet, Ihren Kindern Ausbildungsunterhalt zu zahlen. Wie Sie schildern, hat Ihr Sohn zunächst eine Lehre und danach ein sich fachlich anschließendes Studium absolviert. Die Rechtsprechung lässt den Kindern dann einen Unterhaltsanspruch, wenn nach einer Lehre ein sich darauf aufbauendes Studium anschließt. Auch dieses hat Ihr Sohn abgeschlossen.
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Nunmehr will er nach Ihren Aussagen ein völlig von den bisherigen Ausbildungsstationen abweichendes Fach, nämlich das der Philosophie, beginnen. Auch hier ist die Rechtsprechung zum Teil sehr großzügig, wenn Kinder ihre Ausbildungsrichtung wechseln wollen.
In Ihrem Fall jedoch sind zwei Ausbildungen bereits durchlaufen und das geplante Studium so weit weg von den vorherigen Ausbildungen, dass ich keine Verpflichtung für Sie mehr sehe, noch ein Philosophiestudium zu unterstützen.
Überstunden schrubben
Ich habe mit drei verschiedenen Frauen zusammen insgesamt fünf Kinder. Ich arbeite auf Montage. Mein durchschnittliches Nettoeinkommen beläuft sich auf etwa 2.400 Euro. Damit kann ich unmöglich für alle Kinder den vollen Satz zahlen. Darf ich dennoch zu vollem Unterhalt verpflichtet werden?
Grundsätzlich sind Sie als Vater, wenn wie in Ihrem Falle die Barunterhaltspflicht besteht, zur Zahlung des Mindestunterhaltes für die Kinder verpflichtet. Dies ist ein Tabellenbetrag in Höhe von 100 Prozent. Mit fünf Kindern können Sie diesen jedoch nicht leisten. In Ihrem Fall liegt ein Mangelfall vor.
Nach der herrschenden Rechtsprechung müssen Sie jedoch alle Anstrengungen unternehmen, den vollen Betrag zahlen zu können. Es wird durchaus auch verlangt, dass Sie einen Nebenjob aufnehmen, um etwaige Differenzen auszugleichen.
Eine Arbeitsleistung von 48 Stunden die Woche wird verlangt. Auch wird gefordert, dass Sie sich nach einer höher bezahlten Stelle umschauen. Um der Inanspruchnahme zu entgehen, sollten Sie darlegen, dass Sie zeitlich aufgrund Ihrer Montagearbeit nicht in der Lage sind, weitere Tätigkeiten aufzunehmen. Für den Fall, dass Sie gerichtlich in Anspruch genommen werden, empfiehlt sich auch die Vorlage diverser Bewerbungsschreiben auf höher bezahlte Stellen.
Ich habe eine siebenjährige Enkelin. Vor vielen Jahren ist der Unterhalt für sie, sie lebt bei meiner Tochter, berechnet worden. Meine Tochter wollte dies nun überprüfen lassen und hat das Jugendamt eingeschaltet. Der Kindesvater reagiert auf alle Anschreiben nicht. Wie geht es jetzt weiter?
Da die außergerichtlichen Aufforderungen offensichtlich nicht gefruchtet haben, müsste nunmehr ein gerichtliches Verfahren aufgerufen werden. Ihre Tochter kann mit dem Jugendamt sprechen, ob es das für sie übernimmt. Ansonsten sollte sie sich selbst anwaltlich vertreten lassen.
Meine Frau und ich haben uns vor einem halben Jahr getrennt. Ich bin ausgezogen. Sie lebt alleine in unserem Haus. Nun möchte sie, dass ich mich weiterhin an den Kosten für Strom, Wasser und ähnliche Dinge beteilige. Aber ich habe in meiner neuen Wohnung diese Kosten doch auch. Muss ich mich dennoch an den laufenden Kosten meiner Frau beteiligen?
Das hat der Bundesgerichtshof schon 2009 klargestellt. Verbrauchsabhängige Nebenkosten, die auch ein Mieter zu tragen hat, muss Ihre Frau für die Zukunft alleine tragen.
Wann Notar sinnvoll ist
Meine Frau und ich sind rechtskräftig geschieden. Im Scheidungsverfahren wurde nicht alles geregelt. Wir haben uns jedoch jetzt darauf verständigt, dass wir uns keinen Vermögensausgleich zahlen, und wir wollen gegenseitig vorsorglich auf Unterhaltsansprüche verzichten. Jetzt habe ich gehört, dass ich dafür zum Notar gehen muss. Ist dies richtig?
Da Sie schon rechtskräftig geschieden sind, gelten verschiedene Formvorschriften nicht mehr. Nach Rechtskraft der Scheidung können die Ehegatten formfrei eine Unterhaltsvereinbarung treffen. Sie können auch deklaratorisch erklären, dass kein Zugewinn entstanden ist. Es empfiehlt sich jedoch die juristische Beratung, damit der Vertrag sicher wirksam ist. Mit Hinzuziehung eines Notars wäre das gewährleistet. Sie müssen abwägen, ob Sie sich wechselseitig vertrauen oder sicherheitshalber einen Vertrag aufsetzen.
Ich wurde jetzt vom Landkreis angeschrieben und aufgefordert, mein Einkommen und Vermögen offenzulegen. Offensichtlich bezieht mein Erzeuger Sozialleistungen und sie wollen mich jetzt zur Kasse bitten. Ich habe kein Vermögen und mein Einkommen ist auch nicht gerade hoch. Wie soll ich reagieren?
Zu Ihren Einkünften und Ihrem Vermögen sollten Sie gewissenhaft Auskunft erteilen. Mit Wirkung vom 1. Januar 2020 ist das Gesetz zur Entlastung unterhaltsverpflichteter Angehöriger in der Sozialhilfe und in der Eingliederungshilfe, das sogenannte Angehörigen-Entlastungsgesetz, in Kraft getreten. Demnach können Unterhaltspflichtige, die nicht mehr als 100.000 Euro im Jahr an Einkünften haben, nicht zur Zahlung herangezogen werden.
Meine Frau und ich haben uns nach 18 Jahren Ehe getrennt. Die Kinder sind schon aus dem Haus, jetzt will meine Frau von mir Trennungsunterhalt, obwohl sie nur 25 Stunden pro Woche arbeitet. Würde sie wie ich vollschichtig arbeiten gehen, hätten wir fast das gleiche Einkommen mit jeweils etwa 2.800 Euro. Steht Ihr überhaupt ein Trennungsunterhalt zu?
Grundsätzlich ja. Während des Trennungsjahres ist Ihre Frau noch nicht verpflichtet, vollschichtig erwerbstätig zu sein. Es kann sozusagen für sie alles so bleiben wie bisher. Die unterhaltsrechtliche Differenz betreffend steht ihr ein sogenannter Aufstockungsunterhalt zu.
Erst nach Ablauf des Trennungsjahres greift die Eigenverantwortung, um den Unterhaltsbedarf auf der Basis eines vollen Einkommens entsprechend den ehelichen Lebensverhältnissen selbst zu decken.
Die Ex hat einen Neuen
Ich bin per Unterhaltsvergleich verpflichtet, fünf Jahre monatlich 700 Euro nachehelichen Unterhalt an meine Ex-Frau zu zahlen. Jetzt hat meine Frau schon seit zwei Jahren einen festen Partner. Sie wohnen auch zusammen, fahren gemeinsam in den Urlaub und auch bei unseren Kindern ist der neue Partner schon fest integriert. Muss ich weiterhin den Unterhalt an meine Ex-Frau zahlen?
Der Unterhaltsberechtigte kann in der Tat seinen Anspruch verlieren. Ihm kann dabei der Unterhalt teilweise oder sogar ganz versagt werden. Gemäß Paragraf 1579 Ziffer 2 Bürgerliches Gesetz-Buch sieht der Gesetzgeber dies in der Variante vor, wenn der Berechtigte in einer verfestigten Lebensgemeinschaft lebt. Die Rechtsprechung geht bei einer zwei bis drei Jahre bestehenden Partnerschaft von einer Verfestigung aus. Zuvor nur, wenn in der neuen Partnerschaft zum Beispiel ein gemeinsames Kind geboren oder eine gemeinsame Immobilie erworben wurde.
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Letztendlich muss es unter Berücksichtigung des Einzelfalls für den Unterhaltsverpflichteten grob unbillig sein, weiterhin Unterhalt zu zahlen. Dabei spielen etwa frühere ehebedingte Nachteile aufgrund der Betreuung der gemeinschaftlichen Kinder oder der langen Ehedauer eine Rolle. Dies wird in den verschiedenen Gerichtsbezirken verschieden gehandhabt.
Meine 16-jährige Tochter, die bei ihrer Mutter lebt, hat eine Ausbildung begonnen und verdient nun etwa 800 Euro netto. Per Urkunde des Jugendamts bin ich verpflichtet, 105 Prozent des Mindestunterhaltes zu zahlen, was derzeit nach Abzug des hälftigen Kindergeldes monatlich 553 Euro ausmacht. Bleibt es jetzt bei dieser Unterhaltszahlung oder wird es weniger?
Der Unterhaltsbedarf Ihrer Tochter verringert sich während der Minderjährigkeit nach Abzug einer berufsbedingten Ausbildungspauschale – in der Regel von 100 Euro – um die hälftige verbleibende Ausbildungsvergütung, in Ihrem Fall also in Höhe von 350 Euro. Dies bedeutet, dass Sie aktuell nur noch monatlich 203 Euro zu zahlen hätten.
Mein volljähriger Sohn studiert in Halle mit eigenem Hausstand und bekommt aufgrund des Einkommens seiner Eltern kein BAföG. Wie berechnet sich der Unterhaltanteil der Elternteile?
Ausgehend von dem Unterhaltsbedarf Ihres volljährigen studierenden Sohnes mit eigenem Hausstand in Höhe von derzeit 930 Euro sind davon 250 Euro Kindergeld abzuziehen. Es verbleibt ein Unterhaltsbedarf von 680 Euro.
Dieser Unterhaltsbedarf ist anteilig von den Eltern entsprechend dem jeweiligen unterhaltsrelevanten Einkommen – das zuvor zu ermitteln wäre – zu decken. Verfügen beispielhaft beide Eltern über ein annähernd gleiches unterhaltsrelevantes Einkommen, verbleibt für Sie gegenüber Ihrem Sohn eine Unterhaltsverpflichtung in Höhe von derzeit monatlich 340 Euro.