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Test zum Weltglückstag am 20. März Wer ist glücklicher? Kinderlose Familien oder die mit Kind

Laut Glücksatlas sind Familien in Sachsen-Anhalt so glücklich wie in keinem anderen Bundesland. Woran liegt das und können Eltern der Zufriedenheit auf die Sprünge helfen?

Von Helene Kilb Aktualisiert: 17.03.2025, 14:09
Gina Schöler ist selbsternannte Glücksministerin und Mutter. Zu ihrem Glück gehört die Familie dazu.
Gina Schöler ist selbsternannte Glücksministerin und Mutter. Zu ihrem Glück gehört die Familie dazu. (Foto: Elmar Witt)

Kinder, Arbeit und Partnerschaft unter einen Hut zu bekommen, ist nicht immer einfach. Und trotzdem sind Familien im Schnitt glücklicher als Menschen in anderen Lebenskonstellationen. Woran liegt das? Und welche Tricks helfen, das Familienglück auch in anstrengenden Zeiten wiederherzustellen?

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Danach gefragt, wie glücklich sie selbst als zweifache Mutter ist, holt Gina Schöler tief Luft. „Dieses Luftholen spricht wohl für sich“, sagt sie. „Ich bin mitten in der ‚Rush Hour‘ des Lebens. Dieser Spagat zwischen den zwei Welten fällt schon mal schwer, auch wenn ich die besten Kinder der Welt habe.“

Wissenschaftlich bewiesen: 5 Dinge, die glücklich machen

Oft denke sie dann: „Gina, du weißt doch, wie glücklich sein geht. Warum klappt es dann nicht?“ Schöler hat 2012 zusammen mit einer Gruppe von Studierenden das „Ministerium für Glück und Wohlbefinden“ gegründet. Als selbsternannte Glücksministerin will sie mit Kampagnen und Mitmachaktionen für mehr Lebenszufriedenheit sorgen.

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Auch anderen Menschen dürfte es oft schwer fallen, sich nicht zwischen Kindern, Arbeit, Haushalt und Mental Load aufzureiben. Unglücklicher als kinderlose Paare oder Singles sind sie deshalb aber erstaunlicherweise nicht. „Zwar sackt das Zufriedenheitsniveau der Eltern nach der Geburt zunächst ab“, sagt Stephanie Heß, Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Makrosoziologie der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg (OVGU).

„Wie groß der Knick ist, hängt von der familiären Situation ab. Zum Beispiel ist der Knick tendenziell tiefer, wenn die Eltern jünger sind, wenn es keine Geschwisterkinder gibt oder wenn beide Eltern viel arbeiten müssen, weil sie finanziell nicht so gut aufgestellt sind.“ Aber nach den ersten zwei oder drei Lebensjahren steige das Glücksniveau wieder an. „Die Elternschaft an sich hat einen substanziellen positiven Effekt“, sagt Heß. „Langfristig ist die Lebenszufriedenheit in Haushalten mit Kindern höher als in kinderlosen.“

Hohe Zufriedenheit trotz ausbaufähiger Familienfreundlichkeit

Gilt das auch für Familien in Sachsen-Anhalt? Einen Hinweis gibt der Glücksatlas, eine jährlich erhobene, repräsentative Studie zur Lebenszufriedenheit der Deutschen. Dem Glücksatlas 2024 zufolge ist Sachsen-Anhalt ein „Overperformer“: also ein Gebiet, in dem das Glücksniveau höher ist, als es die objektive Lebensqualität vermuten lässt. Und bei der Familienzufriedenheit vergaben die Befragten im Schnitt 7,9 von 10 maximalen Punkten – so hoch wie in kaum einem anderen Bundesland.

Dabei könnte es um die Familienfreundlichkeit in Sachsen-Anhalt besser stehen, wie eine nicht repräsentative, aber wissenschaftlich begleitete Erhebung der Mitteldeutschen Zeitung und der Volksstimme nahelegt.

Familien-Umfrage 2023: Familie Rößler ist in Rehehausen, einem Dorf im Burgenlandkreis, sehr glücklich.
Familien-Umfrage 2023: Familie Rößler ist in Rehehausen, einem Dorf im Burgenlandkreis, sehr glücklich.
(Foto: Torsten Biel)

Im Schnitt bewerteten die Befragten die Familienfreundlichkeit in Sachsen-Anhalt auf einer Skala von eins (sehr gut) bis fünf (sehr schlecht) nur mit einem Wert von 2,92. Untersucht wurden Lebensbereiche wie Arbeit, Kita, Schule und Vereine mit mehreren Fragen. Etwa bei „Arbeit“ beantworteten Eltern Fragen nach der Bezahlung, Job-Verfügbarkeit, Sicherheit des Arbeitsplatzes, Anfahrtsweg oder Vereinbarkeit mit der Familie.

Haben, lieben, sein: drei Säulen zum Glück

Warum die objektive Lebensqualität sich nur eingeschränkt auf die Zufriedenheit auswirkt, kann die Soziologin Heß nur mutmaßen: „Sachsen-Anhalt war schon immer strukturschwächer als andere Bundesländer, sodass negative Entwicklungen vielleicht weniger Auswirkungen haben.“ Als Beispiel nennt sie die Arbeitslosenquote, die mit derzeit 8,3 Prozent zwar etwas höher ist als in anderen Bundesländern, aber schon die Jahre zuvor konstant auf diesem Niveau lag.

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„Ein anderer Grund könnte der Gini-Koeffizient sein“, sagt Heß. Dieser zeigt an, wie groß die Einkommensungleichheit in einem Gebiet ist. In Sachsen-Anhalt liegt der Gini-Koeffizient bei 0,26 –

was bedeutet, dass die Einkommensungleichheit hier etwas geringer ist als im Bundesdurchschnitt. Damit neigen die Menschen vielleicht weniger dazu, sich mit anderen zu vergleichen. „Und sich nicht zu vergleichen, ist meistens gesünder für unsere Lebenszufriedenheit“, sagt Heß.

Dazu kommt, dass die objektive Lebensqualität nur ein Stück vom Glück ist. Von den vielen Modellen der Glücksforschung nutzt Heß am liebsten das des finnischen Soziologen Eric Allardt. „Es besagt, dass ein Leben auf drei Säulen steht: haben, lieben, sein“, sagt Heß.

Demzufolge sind neben Wohlstand (haben) zwischenmenschliche Beziehungen (lieben) und eine erfüllende selbstbestimmte Tätigkeit oder ein Hobby (sein) entscheidend fürs Glück. „Um zufrieden zu sein, braucht es nicht in jedem dieser Bereiche zehn von zehn Punkten“, sagt Heß. „So könnte etwa eine tolle Familie ausgleichen, dass man seinen Job nur okay findet.“

Glück ist Übungssache

Ein bisschen haben Familien ihre Zufriedenheit auch selbst in der Hand. „Glücklich sein kann man üben“, sagt Glücksministerin Schöler. Im herausfordernden Alltag helfen „Happy Hacks“: „Ich rate Eltern und Kindern, zu schauen, was ihnen Freude bereitet, bei welchen Tätigkeiten sie die Zeit vergessen und das vermehrt in den Familienalltag zu integrieren“, sagt Schöler. Auch gut: „Sich auf das Schöne fokussieren – gerade wenn man ein eher pessimistischer Mensch ist“, sagt Schöler.

Daneben hilft es, die eigenen Bedürfnisse und Gefühle gut zu kennen und zu kommunizieren. „Diese radikale Ehrlichkeit – etwa wenn ich sage, dass ich einen Moment Ruhe brauche – versteht schon meine Zweijährige“, sagt Schöler. „Ich habe gelernt, dass ich das ohne schlechtes Gewissen kommunizieren und den Kindern damit sogar ein gutes Vorbild in Sachsen Selbstfürsorge sein kann.“

Sie findet: „Wir Eltern sollten uns nicht pauschal die Super-Man- oder Super-Woman-Maske aufsetzen, sondern zugeben, dass wir manchmal weniger Kraft haben als wir gerne hätten.“ Eltern, denen das sehr schwer fällt, können gut eine Psychotherapie in Anspruch nehmen und die Erkenntnisse daraus zuhause anwenden.

Glücksräuber sollten Familien meiden: „Bei uns ist es das klassische Hamsterrad“, sagt Schöler, „wenn wir berufliche und privaten To-Dos abarbeiten und die Zeit ständig knapp ist.“ Dabei verfallen ihr Mann und sie schnell ins „Aufwiegen“: Typisch seien Sätze wie: „Ich mache ja viel mehr als du, warum hast du das jetzt nicht gemacht?“, sagt Schöler. „Wir sagen uns dann: ‚Hör mal, wir haben gerade die Goldwaage ausgepackt.‘ Das auszusprechen, hilft, Abstand zu nehmen und die Perspektive zu wechseln.“

„Ansonsten bleibt noch Humor“, sagt Schöler. Dann erzählt sie von einem Tag mit Magen-Darm zuhause: „Während ich bei den Kindern war, habe ich schnell Tickets für einen Comedian online bestellt, um sie meinem Mann zum Geburtstag zu schenken. Meine Tochter rannte derweil halbnackt durchs Wohnzimmer, weil sie beim Anziehen war. In den paar Minuten, in denen ich am Computer war, kübelte mein Sohn in eine Schüssel und meine Tochter kackte auf den Teppich. Ich musste einfach lachen.“

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Kinder und Glück

Kinder tauchen bei den genannten Befragungen nicht auf. Aber Eltern können leicht selbst herausfinden, wie es um deren Zufriedenheit steht: „Einfach fragen“, rät die Soziologin Heß. „Ab einem Alter von sechs Jahren können die meisten Kinder detaillierte Informationen über ihre Emotionen geben. Gut zu wissen: „Bei Kindern ändern sich die Gefühle schneller und sind weniger gefiltert. Aber sie sind ja trotzdem korrekt.“ Und: „Eltern überschätzen den Effekt ihrer eigenen

Stimmung auf das Kind. So schätzen etwa depressive Eltern die Stimmung des Kinds schlechter ein, als es das Kind selbst tun würde.“ Auch bei Kindern greift das „Haben-lieben-sein-Modell“: Zum „haben" gehört etwa ein eigenes Zimmer und Taschengeld, das sie selbstbestimmt ausgeben dürfen.