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Tipps für das Zusammenleben Streit in Familien: Wenn alle unterschiedliche Auffassungen von Ordnung haben

Als Familie zusammenzuleben, ist nicht immer ganz einfach. Vor allem dann nicht, wenn man unterschiedliche Auffassungen vom Aufräumen hat. Wie lässt sich das in den Griff bekommen? Expertinnen geben Tipps.

Von Heidi Becker Aktualisiert: 15.04.2025, 14:12
Kreatives Chaos: Im Kinderzimmer ist es selten aufgeräumt. Um Streit vorzubeugen, sollten sich Familien besprechen, wer wofür zuständig ist.
Kreatives Chaos: Im Kinderzimmer ist es selten aufgeräumt. Um Streit vorzubeugen, sollten sich Familien besprechen, wer wofür zuständig ist. Foto: dpa

Aufräumen, Wäsche waschen, staubsaugen, wischen, Bettwäsche wechseln: Die Aufgaben, die im Haushalt anfallen, scheinen endlos. Schön, wenn man sich diese in der Beziehung aufteilt, denn geteiltes Leid ist halbes Leid, oder? In der Realität sieht das aber oft anders aus – und das führt nicht selten zu Streit.

Genau mit diesem Thema haben sich Johanna Lemke und Sabrina Rox beschäftigt. Die beiden sind Aufräumberaterinnen und haben im vergangenen Jahr das Buch „Socken unterm Sofa: Der Aufräumguide für eine entspannte Partnerschaft“ geschrieben. Lemke und Rox arbeiten seit fünf Jahren als Aufräumberaterinnen und wissen: Das Thema Aufräumen und Beziehung hängen eng zusammen.

„Wenn es unterschiedliche Ordnungsbedürfnisse in der Beziehung gibt, kann das dazu führen, dass eine Person unglücklich ist“, erklärt Lemke. Das wirkt sich dann selbstverständlich auch auf die Beziehung aus. „Es gibt zum Beispiel den Typ Mensch, der Unordnung gar nicht sieht und den sie auch nicht stört. Dann gibt es Menschen, die äußere Ordnung brauchen, um sich innerlich entspannter zu fühlen“, sagt die Aufräumberaterin.

Dass Ordnung gut für unsere Psyche ist, ist sogar wissenschaftlich belegt. Eine Studie zeigte bereits im Jahr 2010, dass Menschen, die ihr Zuhause als sauber und aufgeräumt empfanden, ein höheres Wohlbefinden und eine bessere psychische Gesundheit hatten.

Hoheitsgebiete helfen

Was kann man aber tun, wenn die Menschen in einer Beziehung nicht an einem Strang ziehen, was die Ordnung angeht? Lemke erklärt, dass Streitereien über unterschiedliche Aufräumbedürfnisse normal seien – schwierig werde es aber dann, wenn die zwei gar nicht zueinanderkommen und keinen Respekt für die Bedürfnisse des oder der anderen aufbringen können.

Um das Problem anzugehen, ist es wichtig, dieses erst einmal zu sehen. Das bedeutet aber nicht, dass die Person, die weniger im Haushalt macht, sich komplett ändern muss. „Aufräumen hat immer auch etwas mit Respekt und Wertschätzung der Partnerin oder dem Partner gegenüber zu tun“, erklärt Lemke. „Wer die Bedürfnisse des anderen anerkennt und schätzt, wird deswegen vielleicht nicht den ganzen Tag aufräumen, aber man kann aufeinander zugehen und sich dann in der Mitte treffen, wo es beiden besser geht.“

Sich in der Mitte zu treffen, ist nicht immer ganz einfach. Was aber auf keinen Fall hilft, sind Vorwürfe. Besser sei es etwa, Aufräumstress wertschätzend zu lösen – etwa indem man Hoheitsgebiete aufteilt, weiß Lemke. „Wenn ein Paar zu Machtkämpfen neigt und jeder findet, nur sie oder er macht die Wäsche richtig oder räumt den Geschirrspüler korrekt ein, kann es helfen, genaue Bereiche einzuteilen.“

Wenn etwas herumliegt, ist das ein Zeichen dafür, dass es keinen richtigen Platz hat – dieser sollte dann gesucht und definiert werden.

Johanna Lemke, Aufräumberaterin und Buchautorin

So sei die eine Person etwa komplett für die Wäsche zuständig, die andere für die Küche. „Reinreden ist dann verboten – helfen nach Erlaubnis natürlich schon“, rät die Aufräumberaterin. Auch helfen kann es, die „Superkraft“ des anderen anzuerkennen.

Hinter jedem Aufräumtyp stecke Lemke zufolge nämlich ein Charakter, der wertgeschätzt werden wolle und müsse. „Es hilft dann, sich klarzumachen, welche Superkraft sie oder er in die Partnerschaft bringt. Vielleicht ist die chaotische Bastlerin der lebensfrohe Farbtupfer in einem ansonsten ziemlich cleanen Haushalt?“

Mit Aussortieren beginnen

Wo aber anfangen, wenn das Haus, die Wohnung oder auch nur der Kleiderschrank im Chaos versinken? Helfen kann dann eine Aufräumberatung. Lemke erklärt, dass die Probleme sehr unterschiedlich sind, wegen denen sie gerufen werden.

„Manchmal sind es die Sachen der Kinder, die sich überall ausbreiten, andere haben viel zu viel Kleidung und deswegen gar keinen Platz mehr im Schrank.“ Wenn Hempels Schwestern, wie sich Lemke und Rox nennen, loslegen, geht es in den meisten Fällen mit Aussortieren los. „Dabei wird alles einmal herausgenommen und geschaut, ob man es wirklich noch braucht. Oft kommt dann schon die Frage auf, was einen daran hindert, es loszulassen“, erklärt Lemke.

Nach dem Aussortieren kommt der wichtigste Schritt: „Eine neue Ordnung schaffen, damit alles seinen Platz hat und das Chaos nicht wieder entstehen kann“, sagt Lemke. Wenn alles seinen Platz habe, so die Aufräumberaterin, falle das Ordnunghalten zukünftig viel einfacher.

Feste Routinen entwickeln

Wichtig sei auch, sich immer wieder zu überprüfen. „Wenn etwas herumliegt, ist das ein Zeichen dafür, dass es keinen richtigen Platz hat – dieser sollte dann gesucht und definiert werden“, sagt Lemke.

Die Aufräumberaterin empfiehlt außerdem, regelmäßig auszumisten – das könne ruhig alle sechs Monate passieren und gehe auch nebenbei. „Während das Nudelwasser kocht, kann man zum Beispiel einmal die Vorräte durchgehen und schauen, was man gar nicht benutzt. Diese kann man in Foodsharing-Gruppen oder in der Nachbarschaft verschenken“, empfiehlt Lemke.

Sie rät außerdem zu festen Routinen – etwa beim Wäschewaschen. „Wenn man sich daran gewöhnt, Wäsche direkt einzusortieren, können Stapel gar nicht erst entstehen“, rät Lemke. Auch, wenn eine aufgeräumte Wohnung kein Garant für eine aufgeräumte Beziehung ist – es kann helfen.

Zu dem Schluss kommt auch eine Parship-Studie, in der 91 Prozent der Befragten der Meinung sind, dass sich ein gutes Management der Hausarbeit positiv auf die Beziehung auswirkt. Grund genug, mit dem Aussortieren anzufangen.