Krankenkassen ziehen an Steigende Zusatzbeiträge: Beschäftigte spürbar mehr belastet
Zum kommenden Jahr erhöhen die meisten Krankenkassen ihre Zusatzbeiträge - zum Teil um mehr als das Doppelte. Beschäftigte kann das mehrere hundert Euro im Jahr kosten - sofern sie nicht wechseln.
München/Berlin - Schon in diesem Jahr fühlt sich mehr als jeder Dritte gesetzlich Versicherte (36 Prozent) durch die Beiträge seiner Krankenversicherung finanziell belastet. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage des Marktforschungsinstituts Innofact im Auftrag des Ratgeberportals „Finanztip“. Die schlechte Nachricht: Im kommenden Jahr dürfte die Belastung für die meisten gesetzlich Versicherten noch deutlich größer ausfallen.
Der Grund: Die individuellen Zusatzbeiträge der Kassen steigen 2025 offenbar noch stärker, als vom Bundesgesundheitsministerium prognostiziert. Die Behörde war im Schnitt von einem Anstieg um 0,8 Prozentpunkte von 1,7 auf 2,5 Prozent ausgegangen. Nachdem die ersten Kassen ihre Zusatzbeiträge für das kommende Jahr bekanntgegeben haben, wird aber klar: Viele Kassen reißen sowohl die angekündigte Anhebung als auch den durchschnittlichen Zusatzbeitrag bei weitem.
„Finanztip“ hat sich die bereits veröffentlichten Zahlen der 35 bundesweit tätigen, gesetzlichen Krankenkassen angeschaut. Bisheriger Spitzenreiter beim Zusatzbeitrag ist die Knappschaft, die ab dem kommenden Jahr zum allgemeinen Beitragssatz von 14,60 Prozent zusätzlich 4,40 Prozent verlangt. Das bedeutet einen Anstieg zum Vorjahr von 1,70 Prozentpunkten. Noch mehr Steigerung gibt es bei der BIG direkt gesund, die den Zusatzbeitrag sogar um 1,74 Prozentpunkte auf dann 3,39 Prozent anhebt.
Mehrbelastung für Beschäftigte kann mehrere hundert Euro betragen
Zwar teilen sich Beschäftigte die Beiträge mit ihrem Arbeitgeber. Bei alleinstehenden Versicherten (keine Kinder, Lohnsteuerklasse 1) bei der BIG direkt gesund landen bei einem Bruttomonatslohn von 4.000 Euro nach der Anhebung laut „Finanztip“-Berechnungen aber dennoch jeden Monat rund 24 Euro weniger im Geldbeutel. Das entspricht einer Mehrbelastung von etwa 287 Euro pro Jahr. Versicherte der Knappschaft verzichten zusätzlich zu dem bisher schon stolzen Zusatzbeitrag auf immerhin rund 23 Euro pro Monat oder 276 Euro im Jahr. Rentnerinnen und Rentner trifft die Anpassung besonders hart - sie müssen die Mehrbelastung alleine tragen.
Auch die IKK Classic (3,40 Prozent), die IKK Südwest (3,25 Prozent), die Energie-BKK (2,98 Prozent), die SBK (2,90 Prozent), die BKK Provita (2,89 Prozent) und die AOK NW (2,79 Prozent) übersteigen den prognostizierten Durchschnittssatz von 2,5 Prozent deutlich. Unter den zehn Krankenkassen mit den bislang höchsten Steigerungen bleiben einzig die Audi BKK (2,40 Prozent) und die TK (2,45 Prozent) im kommenden Jahr unter diesem Schätzwert.
Bei Beitragsanhebung: Sonderkündigungsrecht
Und jetzt die gute Nachricht: Erhöht die Krankenkasse den Beitragssatz, können Versicherte von ihrem Sonderkündigungsrecht Gebrauch machen und sich eine günstigere Kasse suchen. Der Zeitschrift „Finanztest“ (Ausgabe 1/2025) zufolge reicht der Antrag bei der aufnehmenden Krankenkasse aus, um bei der bisherigen auszusteigen. Eine gesonderte Kündigung ist nicht nötig. Die neue Kasse nimmt im Anschluss Kontakt mit der bisherigen auf und teilt Versicherten den Beginn der Mitgliedschaft mit. Ist alles geschafft, sollte der Arbeitgeber über den Wechsel informiert werden.
Welche der bundesweit tätigen Kassen im kommenden Jahr die günstigsten Preise bieten, ist derzeit nicht klar. Denn noch haben nicht alle Anbieter ihre Zusatzbeiträge für 2025 veröffentlicht. „Finanztest“ empfiehlt aber ohnehin nicht, den finanziellen Vorteil bei einem Wechsel zu überhöhen. Prüfen sollten gesetzlich Versicherte zuvor auch, inwiefern sich Extraleistungen, Service und Erreichbarkeit der Kassen unterscheiden. Auch das sind wichtige Faktoren bei der Auswahl der Kasse.
Für die Umfrage zur finanziellen Belastung durch die Krankenkassenbeiträge hat das Marktforschungsinstitut Innofact im Auftrag von Finanztip zwischen dem 13 und dem 16. Dezember mehr als 1.000 Personen im Alter von 18 bis 79 Jahren befragt.