Die Zeit läuft Wie Eigentümer die Grundsteuerreform meistern
Mit der Neuberechnung der Grundsteuer kommt auf Immobilienbesitzer einiges an Arbeit zu. Sie müssen zig Angaben zusammentragen, um die Fragen der Finanzbehörden zu beantworten. Viel Zeit bleibt nicht.
Berlin - Von 2025 an wird die Grundsteuer für rund 36 Millionen Wohnhäuser, Grundstücke und Nicht-Wohngebäude in Deutschland neu berechnet. Immobilieneigentümer geben dafür schon dieses Jahr beim Finanzamt eine Erklärung zur Feststellung der Grundstückswerte ab.
Fragen und Antworten zu dem, was auf Eigentümer zukommt, was sie beachten und jetzt tun sollten:
Warum wird die Grundsteuer anders berechnet?
Die Neuregelung geht auf das Bundesverfassungsgericht zurück. 2018 kippten die Karlsruher Richter die bisher geltende Grundsteuererhebung auf Basis von Einheitswerten. Diese seien zu alt und ungerecht: Im Westen stammen sie aus dem Jahr 1964, im Osten aus dem Jahr 1935. Bund und Länder fanden nach dem Urteilsspruch verfassungsgemäße Lösungen.
Nun werden von allen Eigentümern Daten ihrer Immobilien abgefragt, auf deren Basis von 2025 an die neue Grundsteuer zu entrichten ist.
Was wollen die Finanzbehörden von den Eigentümern wissen?
Weil die Bundesländer die Grundsteuer künftig nach unterschiedlichen Modellen berechnen, unterscheiden sich auch die abgefragten Angaben. In manchen Ländern sind zum Beispiel der Bodenrichtwert und die Grundstücksfläche anzugeben, in anderen Katasterangaben wie Flurstück und Flurnummer sowie Alter des Gebäudes und dessen Nutzung.
Und wie werden die Eigentümer darüber informiert?
Gesetzlich vorgesehen sind lediglich öffentliche Bekanntmachungen. Dennoch wollen die meisten Bundesländer von April an nach und nach Informationsschreiben zur Feststellungserklärung an die einzelnen Eigentümer verschicken.
Bayern und Thüringen wollen nach Auskunft von Claudia Kalina-Kerschbaum von der Bundessteuerberaterkammer den Anfang machen. Ab Mai sollen voraussichtlich Brandenburg, Baden-Württemberg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz folgen. Für Juni hätten Schleswig-Holstein, Saarland, Sachsen und Sachsen-Anhalt den Versand vorgesehen, Bremen für Juli.
Für Hessen steht nach bisheriger Planung offenbar noch kein zentraler Termin fest, dort sollen sich die Kommunen kümmern. In Hamburg ist noch offen, wie informiert werden soll. Berlin verzichtet auf individuelle Schreiben und wendet sich direkt an Hausverwaltungen.
Sicherheitshalber sollten Eigentümer bundesweit aber nicht allein die Zusendung von Informationsschreiben abwarten, sondern zusätzlich auf öffentliche Bekanntmachungen zur Grundsteuer achten.
Woher bekommen Eigentümer die notwendigen Daten?
Die Angaben müssen Immobilieneigentümer grundsätzlich selbst beschaffen. Das dürfte aufwendig werden. Fläche, Nutzung, Baujahr und Sanierungen stehen meistens in den Bau- und Kaufunterlagen, ebenso wie Mit- und Sondereigentumsanteile bei Eigentumswohnungen. Aber schon bei Anbauten ist vielleicht Nachmessen erforderlich und auch Bodenrichtwerte gilt es erst einmal zu recherchieren. Dabei hilft das amtliche Bodenrichtwertinformationssystem (Boris) des jeweiligen Bundeslands.
Regulär sind diese Angaben zahlungspflichtig. „Für die Grundsteuer stellen die Behörden die Daten jedoch kostenlos bereit“, sagt Sibylle Barent vom Eigentümerverband Haus & Grund Deutschland. Flurstück und Flurnummer können über das Katasteramt besorgt werden.
Bis wann bleibt Zeit zur Ablieferung der Feststellungserklärung?
Eigentümern sitzt eine Frist im Nacken: Sie beginnt am 1. Juli und endet am 31. Oktober 2022. Bis dahin müssen die Unterlagen spätestens beim Finanzamt sein. Das klingt zunächst noch lange hin.
Holger Freitag, Vertrauensanwalt des Verbands privater Bauherren (vpb), warnt jedoch davor, den Aufwand für das Zusammensuchen der Unterlagen zu unterschätzen. „Wer nichts hat, sollte sich kümmern. Die Ämter sind nicht darauf ausgelegt, dass 30 Millionen Immobilienbesitzer losstürmen.“ Auch das Boris-System ist noch nicht überall startklar. Es könnte also mancherorts zeitlich knapp werden. Barents Tipp für Eigentümer ist eindeutig: „Jetzt mit dem Zusammenstellen anfangen.“
Nach Auskunft von Kalina-Kerschbaum planen einige Bundesländer, bereits in den Informationsschreiben relevante Angaben für die Grundsteuer zur jeweiligen Immobilie mitzuteilen. Das würde Eigentümern die Arbeit erleichtern. Eigentümerinnen und Eigentümer sollten die Daten aber anhand der eigenen Unterlagen auf Richtigkeit überprüfen und bei Bedarf korrigieren, sagt Kalina-Kerschbaum.
Wie kommen die Unterlagen zum Finanzamt?
Die Abgabenordnung sieht die Übermittlung der Grundsteuerfeststellungserklärung über das elektronische Elster-Portal vor. Dort wollen die Bundesländer Formulare zum Eintragen der Grundsteuerangaben hinterlegen. Entsprechend den verschiedenen Steuermodellen wird es abweichende Formulare geben.
Die Abgabe in Papierform wird in Ausnahmefällen möglich sein. Etwa, wenn jemand weder einen PC noch PC-Kenntnisse hat. Wer die Papier-Option nutzen will, stellt einen formlosen, begründenden Antrag bei der Finanzverwaltung, so Haus & Grund. Auch hier gilt: Frühzeitig kümmern, damit man die Formulare zügig erhält. Neben Papier gibt es zum Elster-Portal weitere Alternativen: Verwandte oder Freunde um Dateneingabe bitten oder den Steuerberater.
Gibt es Besonderheiten für Eigentümer mit mehreren Immobilien?
Ja, jedes Gebäude und jede Eigentumswohnung wird als wirtschaftlich eigenständig betrachtet und erfordert eine gesonderte Erklärung. Auch dann, wenn jemand in einer Eigentumswohnanlage mehr als eine Einheit besitzt. Verteilen sich die Objekte auf mehrere Bundesländer, kommt erschwerend hinzu, dass eventuell verschiedene Anforderungen zu erfüllen sind.
Wozu nutzt der ganze Aufwand?
Basierend auf den Auskünften der Eigentümerin oder des Eigentümers erstellt die Finanzverwaltung dessen Grundsteuerwertbescheid. Den sollen Eigentümer voraussichtlich von 2023 an bekommen. Das Dokument ist zentral: Es bildet die Grundlage für den Messbescheid. Aus diesem berechnen die Kommunen am Ende die Grundsteuer, die dann von 2025 an zu zahlen ist.
Weil also der Wertbescheid über die Höhe der Steuer mitentscheidet, sollten Eigentümerinnen und Eigentümer ihn gründlich prüfen. „Wer Fehler entdeckt, kann binnen eines Monats nach Bekanntgabe Einspruch beim Finanzamt einlegen“, sagt Kalina-Kerschbaum. Spätere Reklamationen seien ausgeschlossen.
Was passiert bei falschen Angaben?
„Unrichtige Daten fallen dem Eigentümer auf die Füße“, sagt vpb-Experte Holger Freitag. Wer zu viel Fläche oder zu hohe Werte ansetze, zahle später wahrscheinlich zu viel Grundsteuer. Und wer zu wenig ansetze, begehe Steuerhinterziehung.