Flinke Kugeln: Flippermuseum feiert Geburtstag
Mit Wehmut reisen hier viele in die eigene Vergangenheit: Die mechanischen Spielwiesen im Deutschen Flippermuseum in Neuwied wirken wie aus der Zeit gefallen. Bundesweit gibt es noch weitere Flippersammlungen - und auch wieder zunehmend Fans der Silberkugeln.
Neuwied/Schwerin (dpa) – Überall flimmert und blinkt es. Die Silberkugeln rollen. Musikfetzen und metallische Stimmen hallen durch verwinkelte Räume.
Die Stromrechnung ist groß - und der nostalgische Spaß auch: Das Deutsche Flippermuseum in Neuwied feiert an diesem Samstag (10.9.) seinen zehnten Geburtstag. Mit rund 50 Geräten hat es 2006 eröffnet. Heute sind es etwa 150 auf rund 350 Quadratmetern.
Einst standen Flipperautomaten in unzähligen Gaststätten. Bis der Siegeszug von Videospielen und Computern sowie das Kneipensterben in Dörfern ihnen den Garaus machte. Inzwischen sorgt die Wehmut vieler nicht mehr ganz junger Flipperfreunde jedoch für eine Gegenbewegung: Es gibt wieder einen kleinen Boom, es werden wieder mehr Geräte hergestellt, sagt der Neuwieder Museumschef Axel Hillenbrand. Aber eher für Privatleute, für Sammler. Bundesweit bietet mittlerweile eine Handvoll Museen den Fans eine Rückreise in die Blütezeit der Flipper an.
So auch eines in Schwerin, mit mehr als 90 Geräten, wie Jörg Grünwald vom kleinen Trägerverein erzählt. Zu uns kommen auch viele Kinder, die Flipper nur auf dem PC oder Tablet gespielt haben. Wenn sie die Automaten bei uns zum ersten Mal in echt erleben, sind sie begeistert. In beiden Museen können Besucher selbst flippern. Alle Generationen. Im Online-Gästebuch der Schweriner Sammlung heißt es zum Beispiel: Die Oma hat zum ersten Mal an einem Flipper gespielt! Hat Spaß gemacht!
Leuchtende Kinderaugen kennt auch Hillenbrand in Neuwied nur zu gut: Sie haben dabei andere Wörter. Sie sagen "ich habe noch drei Leben", so wie bei den Videospielen, statt wie wir "ich habe noch drei Kugeln". Und sie sagen "Token" zu den DM-Münzen, mit denen die meisten Flipper nur funktionieren. Viele Besucher wollen laut Hillenbrand ihren Kindern einen Eindruck ihrer Jugend vermitteln. Viele Väter freuen sich auch, mal wieder gegen den Sohn zu gewinnen. Mit der Playstation schaffen sie das ja oft nicht mehr.
Die in Neuwied ausgestellten Modelle zeigen acht Jahrzehnte der Pinball-Geschichte, wie Flipper im Englischen heißen. Los geht es mit hölzernen Geräten der 30er Jahre, etwa dem Victory Ball - oder dem Bomber mit kleinen Militärflugzeugen, der Reichsgroschen schluckte. Damals war es noch kein aktives Spiel, sondern die Kugel landete in irgendeinem von Nägeln umrandeten Loch. In welchem und mit wie vielen Punkten, das war eher Glück.
1947 kamen die Flipperfinger auf – bewegliche Elemente, mit denen die Spieler die Kugel im Spiel halten können. Es ist ein Geschicklichkeitsspiel, kein Glücksspielautomat, wie Hillenbrand betont. Er ist Vorsitzender des kleinen Neuwieder Trägervereins. Alles was es zu gewinnen gibt, ist ein Extraball.
Die meisten Flipper widmen sich einem Thema aus Film, Sport und Unterhaltung, meist mit aufeinander abgestimmten Licht- und Akustikeffekten, und erzählen so vom früheren Zeitgeist. Es geht um Spaß. Themen wie Krieg oder Arbeitslosigkeit kommen kaum vor, erklärt Hillenbrand, der hauptberuflich bei einem Wohlfahrtsverband arbeitet.
Auch auffällig: Flipper sind eher auf Männer ausgerichtet. Frauen seien mehr in klischeehaften Darstellungen auf dem Spielfeld und dem Kopfteil zu finden. Ein Playboy-Automat im Museum zeigt zum Beispiel Bikinimädchen.
Oft konnten vier Kneipenbesucher gegeneinander um Punkte flippern. Eine Besonderheit in Neuwied bietet das Modell Apollo 13 - es hat laut Hillenbrand den höchsten Multiball. Denn hier können 13 Kugeln auf einmal auf den Spieler einprasseln. Das ist eher ein Gag.
Ich habe meine Diplomarbeit über Star Trek geschrieben und mich danach mit einem Star-Trek-Flipper belohnt, erzählt der Pädagoge und Sozialarbeiter. Bald seien es mehr Flipper geworden und die Idee für das Museum sei entstanden. Dort bringt der kleine Trägerverein auch neu gekaufte Geräte aus ganz Europa auf Vordermann. Rund 5000 Besucher zieht das Museum laut Hillenbrand jedes Jahr an. Dazu gehört seit 2013 auch ein kleines Flipperhotel mit drei Zimmern im Stil unterschiedlicher Spielautomaten und mit zwei Flippergeräten zum nostalgischen Daddeln bis zum Schlafengehen.
Es gibt auch noch eine ganz aktive Spielszene: die Mitglieder der deutschen Flipper-Liga. Hier sind nach eigenen Angaben bundesweit noch hunderte Fans mit sportlichen Zielen in Ligen unterwegs. Sie wollen nicht allein im Keller ihrem Hobby frönen, sondern sich in Wettbewerben messen und regelmäßig ihre Meister küren. Deutschlands Silberkugeln sind zwar weniger geworden - aber sie rollen weiter.