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Gespräche auf Augenhöhe sind wichtig / Viele Formen der Unterstützung möglich Für alte Eltern da sein und ihnen helfen

28.01.2012, 04:19

Oft merkt man an Kleinigkeiten, dass die eigenen Eltern älter werden. Aber wie soll man ihnen helfen?

München/Zürich (dapd) l Wenn die Mutter die Treppe zur Haustür langsamer erklimmt als früher oder der Vater immer häufiger Termine vergisst, beginnen viele, sich Gedanken über die Zukunft zu machen: Wie soll das mal werden, wenn meine Eltern Hilfe brauchen? "Wichtig ist, dass man sich erst einmal über seine eigenen Vorstellungen zu diesem Thema klar wird", empfiehlt Bettina Ugolini, Autorin des Ratgebers "Ich kann doch nicht immer für dich da sein".

Dabei sollte man sich fragen, was man aufgrund seiner Lebensbedingungen und seiner Kompetenzen leisten kann, aber auch wo man Grenzen hat. Dabei helfe es, sich möglichst konkret vorzustellen, wie es beispielsweise wäre, wenn man seine Eltern im Pflegefall selbst versorgen würde. "Wenn dabei negative Gefühle aufkommen, sollte man das unbedingt ernst nehmen", sagt die Diplompsychologin, die an der Universität Zürich die Beratungsstelle "Leben im Alter" leitet. Sei man nicht ehrlich und übernehme Aufgaben aus reinem Pflichtgefühl, dann erledige man sie widerwillig - "Das tut keinem der Beteiligten gut", gibt die Expertin zu bedenken.

Hat man seinen Standpunkt gefunden, sollte man das Gespräch mit seinen Eltern suchen. "Allerdings ist es wichtig, dass man das Thema Alter nicht zu brachial anspricht", betont Gertrud Teusen, Autorin des Ratgebers "Da sein - Nah sein: Wie wir unseren alten Eltern guttun können". Die meisten Menschen wollten nicht wahrhaben, dass sie alt werden, und reagierten auf diese Thematik daher erst einmal sehr ablehnend. Besser sei es, möglichst unverfänglich in das Gespräch einzusteigen. "Beispielsweise könnte man ansprechen, dass man selbst eine neue Brille braucht - und dabei fragen, wie es denn um Mutters Sehfähigkeit bestellt ist", schlägt Teusen vor.

Erwachsene Kinder sollten zudem darauf achten, dass sie ihren Eltern auch im Alter auf Augenhöhe begegnen. "Schwierig wird es meistens dann, wenn die Rollen umgedreht werden und Kinder plötzlich anfangen, ihre Eltern wie Kinder zu behandeln", sagt Ugolini. Die Expertin empfiehlt, die eigenen Beobachtungen zu beschreiben und deutlich zu machen, dass einen die Situation beunruhigt. Wichtig sei, dass man auch die Perspektive der Eltern im Blick behalte und sie frage, ob sie Ähnliches empfinden oder die Lage vielleicht ganz anders beurteilen. Das Ziel sollte sein, gemeinsam einen Weg zu finden, wie man mit dem Älterwerden umgehen möchte.

Manchmal sei es hilfreich, wenn eine Vertrauensperson bei so einem Gespräch anwesend sei, um es ein bisschen zu moderieren - diese Aufgabe könnte beispielsweise der Pfarrer, der Hausarzt oder auch Freunde der Familie übernehmen. "Mit einem einzigen Gespräch ist es außerdem meistens nicht getan - man muss sich langsam und Schritt für Schritt annähern", sagt Ugolini.

Wenn die Eltern Unterhaltungen über ihr Älterwerden allerdings partout ablehnten, sollte man das akzeptieren und sie erst einmal in Ruhe lassen, betont die Psychologin. "Erst, wenn man sich ernsthafte Sorgen um das Wohlergehen macht - etwa, weil man verdorbene Lebensmittel im Schrank der Mutter findet - sollte man insistieren und deutlich machen, dass man unter dieser Situation leidet und sich Sorgen macht", sagt Ugolini.

Oft seien sich Eltern und ihre erwachsenen Kinder nicht mehr so nah wie früher, gibt Gertrud Teusen zu bedenken. "Es ist daher wichtig, dass man langsam wieder einen vertrauensvollen Kontakt aufbaut", sagt die Autorin. Man müsse seinen Eltern immer wieder deutlich machen, dass man nicht einfach über ihren Kopf hinweg entscheidet, sondern dass man sie mit ihren Wünschen und Bedürfnissen ernst nimmt.

Die Möglichkeiten, die eigenen Eltern zu unterstützen, sind vielfältig. Bettina Ugolini ermuntert Familien, hier ihre eigenen, kreativen Lösungen zu finden. "Viele freuen sich beispielsweise, wenn ihre Kinder für sie Rechercheaufgaben übernehmen." Man könne für seine Eltern Informationen darüber zusammentragen, wer Hilfen anbietet, was für Sozialdienste es in der Umgebung gibt. Eine andere Möglichkeit sei, sich finanziell an Unterstützungsmaßnahmen zu beteiligen. Falls man weiter weg wohne oder wenig Zeit habe, zeige man auf diese Weise, dass man sich in der Verantwortung sieht und etwas zur Betreuung der Eltern im Alter beitragen möchte.

"Viele Erwachsene wissen gar nicht, wie viel Geld ihre Eltern monatlich zur Verfügung haben", gibt Gertrud Teusen zu bedenken. Es könne durchaus sein, dass die Mutter beispielsweise nicht mehr so oft zum Friseur geht, weil sie es sich nicht mehr leisten kann - möglicherweise würde sie sich daher über einen Gutschein freuen.