Naturmedizin Mädesüß ist kein Aspirin-Ersatz
Gegen Kopf- und Gliederschmerz sei eine Pflanze gewachsen, die Arzneien wie Aspirin überflüssig mache, wird von Heilkundlern behauptet.
Berlin (dpa/uk) l Der Name der vermeintlichen Wunderpflanze: Mädesüß. Die darin vorhandenen schmerzstillenden Substanzen seien viel besser und natürlicher und „können alles, was Asprin kann“. Selbst zur Vorbeugung gegen Thrombose sei Mädesüß empfehlenwert. Ist das wirklich so?
Tatsächlich wird Mädesüß bei Fieber- und Erkältungskrankheiten empfohlen – aber als unterstützende Therapie, nicht als Schmerzmittel-Ersatz. Die Effekte der pflanzlichen Substanzen sind schwächer als jene der in Aspirin enthaltenen Stoffe. Für alle anderen Anwendungen fehlen bis dato ausreichend überzeugende Studien.
Das Mädesüß (lateinisch: Filipendula ulmaria) ist eine Staude, die bis zu zwei Meter hoch wachsen kann. Sie gedeiht vor allem auf feuchten Wiesen oder entlang von Bächen. Auffällig sind ihre zahlreichen rispigen Blüten, die gelblich-weiß gefärbt sind und süßlich duften.
In diesen Blüten befinden sich die wirksamen Substanzen: Stoffe wie Salicylaldehyd und Salicylsäuremethylester. Diese werden im Körper aufgespalten. Dabei entsteht Salicylsäure, eine Vorstufe des erprobten Schmerz- und Fiebermittels Acetylsalicylsäure, enthalten etwa in Aspirin. Salicylsäure wirkt ähnlich wie jene Substanzen, allerdings nicht so stark.
Die European Scientific Cooperative on Phytotherapy (ESCOP), eine renommierte Organisation, die Arzneimittel pflanzlichen Ursprungs wissenschaftlich bewertet, ordnet Mädesüß darum nicht als „Aspirin-Ersatz“ ein, geschweige denn als „Allheilmittel“. Die Pflanze dient der ESCOP zufolge allenfalls der „unterstützenden Therapie bei Erkältungskrankheiten“. Bei weiteren Indikationen wie Blasen- und Nierenbeschwerden seien die Studien bislang nicht ausreichend, heißt es. Dass Mädesüß gar blutverdünnend sei und darum auch vorbeugend gegen Thrombose eingesetzt werden könne, wie auch kursiert, wird in dem Gutachten nirgends erwähnt.
Zwar fanden russische Forscher bereits vor gut 30 Jahren heraus, dass Mädesüß auch Heparin-ähnliche Substanzen birgt. In tierischen Organismen hemmen diese die Blutgerinnung. Jedoch wurde Mädesüß nie weiter dahingehend erforscht oder getestet. Das Heilmittel als Thrombose-Prophylaxe anzupreisen, ist darum unbelegt – bisweilen gar fahrlässig.
Allerdings gibt es für Mädesüß auch praktische Anwendungen im Alltag. So kann man auch mit Pflanzen räuchern Wohldüfte in Räume bringen, Weihrauch ist ein bekanntes Beispiel. Aber das geht auch mit heimischen Gewächsen wie mit getrocknetem Mädesüß. So kann man angenehme Gerüche erzeugen, die nichts mit üblicher Handelsware gemein haben.
Bei den Spirituosen boomt seit einiger Zeit Gin, der Wodka und Rum in der Bar der Hipster fast verdrängt hat. Auch hier hat sich der Einsatz von Mädesüß bewährt, um komplexe, ungewöhnliche Aromen im Gin zu erzielen. Kombinationen mit weiteren Kräutern sind dabei keine Grenzen gesetzt.
„Bei klassischen Gins liegt die Anzahl der Botanicals in der Regel unter 20. Beim New Western Style geht die Zahl nach oben. Bei 94 verschiedenen Aromen braucht es Experten, um das zu schmecken“, erläutert Eric Bergmann, Keeper in der Bar „Jigger & Spoon“ in Stuttgart.
Auch Vögel lassen sich mit Mädesüß im heimischen Garten anlocken: Sie fressen gern die Samen der Staudenpflanze.