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Hyalomma Zeckenplage in Ostdeutschland: Riesenzecke geht aktiv auf Jagd - Starker Anstieg von Krankheiten

Eine exotische Riesenzecke gilt seit kurzer Zeit als Bedrohung für Mensch und Tier in heimischen Gefilden. Nicht zuletzt dadurch, dass sie schwere Krankheiten übertragen kann. Warum sich vor dieser ungemein großen Zecke in Acht genommen werden sollte.

Von DUR/eb/lb Aktualisiert: 26.07.2024, 13:36
Die Zecke Hyalomma marginatum ist deutlich größer als die hierzulande üblicherweise vorkommende Zeckenart und kann Zecken-Fleckfieber auf den Menschen übertragen. Foto:
Die Zecke Hyalomma marginatum ist deutlich größer als die hierzulande üblicherweise vorkommende Zeckenart und kann Zecken-Fleckfieber auf den Menschen übertragen. Foto: Imago/Zoonar

Magdeburg/Halle (Saale). - Sommer bedeutet auch Zeckensaison. Neben der bekannten "herkömmlichen" Zecke sorgte eine ganz besondere Art bereits vor wenigen Jahren für Aufruhr - die Hyalomma, eine tropische Riesenzecke.

Nun sind die Spinnentierchen auch in Ostdeutschland weiter auf dem Vormarsch. So ist beispielsweise die Zahl der von Zecken verursachten Krankheiten in Sachsen zuletzt deutlich angestiegen.

Bis Mitte Juni sind laut der Landesuntersuchungsanstalt (LUA) neun sogenannte Frühsommer-Meningoenzephalitis-Erkrankungen, kurz FSME, in dem Bundesland festgestellt worden. FSME verursacht starke Hirnhautentzündungen.

Zudem seien 395 Fälle von Lyme-Borreliose registriert worden. Anfang Mai waren es lediglich ein Fall von FSME und 173 Borreliosefälle.

"Inzwischen gab es einzelne Funde auch aus Sachsen-Anhalt", berichtet Susanne Glasmacher, Pressesprecherin des Robert Koch-Instituts (RKI). Bundesweit werden pro Jahr zwischen zwei bis 20 Exemplare ans RKI zur Untersuchung geschickt. Denn wer eine mögliche Hyalomma-Zecke findet, sollte sie an das RKI schicken. Darum bittet das Institut.

Hyalomma-Zecke: Aussehen und Größe

Die Hyalomma-Zecken stammen eigentlich aus den tropischen Gebieten in Afrika und Südasien und sind wahrscheinlich über Zugvögel oder Reisende mit Haustieren in Deutschland eingeschleppt worden. Sie sind bis zu drei Mal größer als die hierzulande heimische Holzbock-Zecke und können bis zu zwei Zentimeter groß werden. Ein Erkennungsmerkmal sind neben der Größe auch die gestreiften, langen Beinchen.

Die Gattung Hyalomma ist deutlich größer als heimische Exemplare.
Die Gattung Hyalomma ist deutlich größer als heimische Exemplare.
Foto: Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr/ dpa

Wie verhält sich eine Hyalomma-Zecke?

Kurz gesagt: ganz anders als unsere heimischen Zecken, die als Lauerzecken gelten. Der Gemeine Holzbock etwa krabbelt auf Gräser. „Er wartet dort im Grund genommen ziemlich regungslos, bis jemand vorbeikommt und sie abstreift“, erklärt Prof. Ute Mackenstedt von der Universität Hohenheim.

Lesen Sie auch: Zeckensaison in Sachsen-Anhalt: Wo die Blutsauger nun lauern

Hyalomma-Zecken sind hingegen Jagdzecken. Sie verbergen sich in Spalten oder unter Steinen und tauchen erst auf, wenn sie aktiv nach einem Wirt suchen. „Der Name Hyalomma bedeutet dabei übersetzt "Glasauge". Die Zecke kann uns also sehen - und dann aktiv auf uns zulaufen“, sagt die Wissenschaftlerin.

Die Tiere können aus einer Entfernung von bis zu zehn Metern mit den Augen oder ihren chemischen Sinnen Warmblüter wahrnehmen und sie über mehrere hundert Meter verfolgen.

Riesenzecke Hyalomma: Überträger von Fleckfieber und Krim-Kongo-Fieber

Die exotische Riesenzecke ist besonders für den Menschen gefährlich, da sie durch ihren Biss Fleckfieber und Krim-Kongo-Fieber übertragen kann.

Beim Fleckfieber, auch "Zecken-Fieber" genannt, sind hohes Fieber, das tagelang anhält, und Hautausschlag typische Symptome. Bei rechtzeitiger Behandlung heilt Fleckfieber jedoch folgenlos ab.

Beim Krim-Kongo-Fieber zählen hohes Fieber, Schüttelfrost, Gliederschmerzen, Benommenheit und Magen-Darm-Beschwerden zu den häufigsten Symptomen. Gegen das Krim-Kongo-Fieber-Virus helfen weder Medikamente noch gibt es derzeit einen Impfstoff. Je nach Virusstamm liegt die Sterblichkeitsrate im Falle einer Erkrankung mit dem Krim-Kongo-Fieber bei bis zu 50 Prozent, da es beim Menschen zu einem schweren hämorrhagischen Fieber kommen kann, berichtet das Ärzteblatt.

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Hyalomma-Zecke: Erster Fleckfieberfall 2018

Noch ist die Riesenzecke in unseren Gefilden nicht heimisch geworden und ist den hierzulande typischen Zeckenarten in der Menge noch weit unterlegen. Die Wahrscheinlichkeit, einer Hyalomma-Zecke zu begegnen, ist also äußerst gering.

Die Hyalomma trat bereits 2018 vereinzelt in Deutschland und Österreich auf. Ein Mann aus Nordrhein-Westfalen wurde 2018 im Juli durch eine Hyalomma-Zecke auf der Jagd gestochen. Der Pferdebesitzer erkrankte dadurch an Fleckfieber. Die sofortige Behandlung mit Antibiotika wirkte allerdings rasch und erfolgreich. In den darauffolgenden Jahren wurden immer mehr Zecken dieser Art gesichtet.

Eine Hyalomma rufipes (Männchen) Zecke liegt auf einer Ein-Cent-Münze.
Eine Hyalomma rufipes (Männchen) Zecke liegt auf einer Ein-Cent-Münze.
Foto: Fabian Sommer/ dpa

Weitere Verbreitung der Hyalomma-Riesenzecke möglich

Die milden Winter lassen das Spinnentier leicht überwintern und die immer mehr zu erwartenden Hitzesommer begünstigen die weitere Ausbreitung. "Es ist unklar, ob die im Winter überlebenden Tiere ausreichen, um langfristig eine eigene Population in Deutschland aufzubauen", veröffentlichte das RKI im Juli 2020 zu dieser Thematik.

Dr. Peter Hagedorn, tätig am RKI im Zentrum für Biologische Gefahren und Spezielle Pathogene Hochpathogene Viren, gab jedoch auf Anfrage einen Ausblick, warum sich die Hyalomma Zecke durchaus weiter ausbreiten könnte. Es gebe einige Kriterien für das Risiko, dass sich eine Art als invasiv herausstellt. Folgende erfüllt die Riesenzecke:

  • Fehlen von Feinden
  • Hohe Anzahl von Nachkommen (Hyalomma mit bis zu 15.000 Eier, Holzbock bis zu 1.000 Eier)
  • Hohe ökologische Toleranz (Riesenzecke kommt in tropisch-feuchten sowie in trockenen Gebieten zurecht)
  • Hohe Mobilität (z.B. durch den Transport durch Vögel oder das Anheften an Tieren)

Es reiche allerdings ein Ausschlusskriterium, um die Besiedlung eines Gebietes zu verhindern. "Im Falle der Hyalomma-Zecke könnte das die Temperatur sein, die über drei Wochen durchgängig über 20 Grad Celsius liegen sollte, damit sich ein großer Teil der angekommenen Nymphen zum erwachsenen Tier entwickeln kann", erklärt Hagedorn.

Ist die Hyalomma-Zecke auch in Sachsen-Anhalt auf Jagd?

In vielen Bundesländer konnte das Vorkommen der Riesenzecke bereits bestätigt werden - so auch in Sachsen-Anhalt.

Sollte eine mögliche Hyalomma-Zecke gefunden worden sein, bitten das RKI und Dr. Hagedorn um die Einsendung dieser Zecke. Das gilt auch für Personen, die in Sachsen-Anhalt leben. 

Wie entferne ich eine Zecke?

Zunächst sollte schnell gehandelt werden, um die Zecke zu entfernen. In der Regel können Zecken mit einer feinen, spitzen Pinzette entfernt werden. Dafür die Zecke mit der Pinzette knapp über der Haut ergreifen und langsam unter gleichmäßigem Zug gerade herausziehen.

Es gibt auch spezielle Zecken-Pinzetten dafür. Bei Unsicherheit sollte jedoch immer der Hausarzt aufgesucht werden. Nach der Entfernung der Zecke sollte jedoch sowieso ein Arzt aufgesucht werden, denn nicht selten werden durch einen Zeckenbiss Krankheitserreger übertragen

Wie schütze ich mich vor einem Zeckenbiss?

Das Robert Koch-Institut empfiehlt geschlossene Kleidung, Insektenschutzmittel für die Haut und das aktive Absuchen nach einem Aufenthalt in hohem Gras oder Wäldern, um sich vor Zeckenbissen zu schützen.

Was ist nach einem Zeckenstich zu beachten?

Nach dem Zeckenbiss sollte die Einstichstelle gründlich beobachtet werden. Das RKI erklärt auf seiner Informationsseite dazu: "Auch ein Foto von der Stichstelle kann hilfreich sein. Sollte nach einigen Tagen bis Wochen eine deutliche ringförmige Hautrötung, typischerweise im Zentrum blasser als am Rand, entstehen und sich ausweiten, sollte ein Arzt zwecks weiterer Abklärung aufgesucht werden."

Das gilt auch bei grippeähnlichen Symptomen wie Fieber, Abgeschlagenheit, Unwohlsein, Kopfschmerzen oder Gliederschmerzen.