Gesundheit Heiler statt Schmarotzer
Der Magdeburger Heilpraktiker Michael Richter therapiert Erkrankte erfolgreich mit den kleinen Blutsaugern.
Magdeburg l Acht kleine Blutegel haben Bernd-Volker Brahms eine Operation im Krankenhaus erspart. Sie lösten den tiefliegenden Bluterguss auf, den sich der Stendaler nach einem Sturz mit dem Fahrrad an der Hüfte zugezogen hatte. Andernfalls hätte unter Vollnarkose die Beule aufgeschnitten und eine Drainage gelegt werden müssen.
Es ist nicht die erste erfolgreiche Behandlung, die Heilpraktiker Michael Richter aus Magdeburg mit Hilfe von Blutegeln durchführen konnte. Auch Kniearthrosen, Tennisellenbogen, Mittelohr-entzündungen oder Hörsturze behandelt er auf diese Weise. Nur bei Krampfadern muss er die Erwartungen meist dämpfen: „Sie gehen dadurch nicht weg, aber die Blutegel bewirken Erleichterung und verbessern die Beweglichkeit“, erklärt Richter.
Auch an der Charité in Berlin hat man die Heilkräfte der Blutegel wiedererkannt, die bereits die Ägypter für sich entdeckt hatten. An der Hochschulambulanz für Naturheilkunde der Charité-Universitätsmedizin am Immanuel-Krankenhaus erforscht Assistenzarzt Christoph-Danie Hohmann die Wirkung der Tiere, deren Speichel bis zu 200 bioaktive Substanzen enthält, deren genaue Wirkmechanismen noch weitgehend ungeklärt sind. Was bei Patient Bernd-Volker Brahms geschah, erklärt er so: Nach dem Biss des Blutegels, dessen Kalkzähnchen sich mercedessternförmig in die Hautoberfläche sägen, beginnt dieser zu saugen. Dabei gelangt der Speichel in die Wunde und sorgt mit seinen vielfältigen Wirkstoffen dafür, dass das Blut nicht gerinnt, sich das geronnene Hämatom wieder verflüssigt und Entzündungsvorgänge an der verletzten Stelle gehemmt werden. „Da kommt die große Putzkolonne an“, fasst er zusammen. Der Blutegel sei nicht in der Lage mit seinen feinen Zähnen bis ins Hämatom vorzudringen, erklärt Michael Richter. Im Grunde würde der Selbstheilungsprozess des Körpers angeregt. Hat sich der Blutegel vollgesaugt, lässt er sich wieder fallen und ist für ein Jahr lang satt. Richter bezieht sie aus Biebertal bei Kassel. Da die Blutegel aus Infektionsgründen nur einmal verwendet werden dürfen, schickt er sie nach der Behandlung per Post zurück. Nach einer gewissen Quarantänezeit dürfen sie dort ihre Altersruhe in einem Rentnerteich der Lebenshilfe Gießen genießen.
Beim Patienten bluten die Bissstellen anschließend bis zu zehn Stunden aufgrund der blutverdünnenden Wirkung des Speichels nach. Bei Bernd-Volker Brahms veränderte sich der Bluterguss in den ersten beiden Tagen nicht spürbar, erst danach schrumpfte er sichtlich. „Es kribbelte leicht an der Stelle“, berichtet er. Den Biss des Blutegels empfand er wie den Einstich einer Spritze. Michael Richter und Andreas Hohmann warnen Patienten davor, sich in Eigenregie mit Blutegeln zu behandeln. „Das sollte nur unter Aufsicht geschehen“, erklärt Richter. Entscheidend sei unter anderem, wo der Blutegel angesetzt werde, das sei selten die akute Schmerzstelle. In der Therapie werden außerdem spezielle medizinische Blutegel verwendet, die apothekenpflichtig sind und nur an Ärzte, Tierärzte und Heilpraktiker abgegeben werden dürfen.
In der Regel werden die Kosten für die Blutegeltherapie von gesetzlichen Krankenversicherungen nicht übernommen. Eine Ausnahme bildet die Charité, die mit der Techniker-Krankenkasse (TK) einen integrierten Versorgungsvertrag geschlossen hat. Bei Rheuma- und Arthritispatienten der TK werden daher auch die ambulanten Kosten von der Kasse bezahlt.
Heilpraktiker Michael Richter senkt die Kosten für seine Behandlungen, indem er Patienten sammelt und ihnen Gruppentermine anbietet.