Finanzämter sind verpflichtet, Einheitswerte für Grundstücke periodisch zu überprüfen Höhere Steuer nach Modernisierung
Ihr 1997 erworbenes Haus hat eine Familie in Schwanebeck nach und nach modernisiert. Jetzt aber wird sie mit höheren Grundsteuern zur Kasse gebeten.
Angeblich sei die Berechnung nach dem Kauf des Grundstücks nicht korrekt erfolgt, teilte man den erstaunten Eigentümern mit. Ein später eingebautes Bad und die moderne Heizung seien nicht berücksichtigt worden. Können sich die Grundsteuern durch Modernisierungen im Haus wirklich erhöhen?, fragten sie.
Durch eine Modernisierung kann sich der Einheitswert von Grundstücken tatsächlich erhöhen, bestätigt Holger Neumann von Haus Grund und erläutert, dass die Grundsteuer auf einem Einheitswertbescheid basiert, den die Bewertungsstelle des Finanzamtes erstellt.
Diese Einheitsbewertung ist kompliziert und umstritten, räumt der Präsident von Sachsen-Anhalts Landesverband der Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümervereine ein, da sie teilweise noch auf Bewertungsmodellen vom 1.1.1935 (Gebiet der ehemaligen DDR) oder vom 1.1.1965 (Gebiet der alten Bundesrepublik) vorgenommen wird. Zwar arbeiten die Länder seit mehreren Jahren an einem neuen Modell, konnten sich bisher aber nicht einigen.
Aus dem beim Finanzamt erstellten Einheitswertbescheid wird mit Hilfe der sogenannten Steuermesszahl der Steuermessbetrag berechnet. "Der ist nun die eigentliche Grundlage der Grundsteuererhebung, weil die Gemeinde diesen Betrag nur mit ihrem Hebesatz multipliziert", so Neumann. Beträgt der Hebesatz in einer Gemeinde zum Beispiel 450 Prozent, so wird der Steuermessbetrag mit 4,5 multipliziert und ergibt so die Grundsteuer.
"Das bedeutet auch, dass Widersprüche gegen eine höhere Grundsteuer bei der Gemeinde sinnlos sind. Denn Ursache ist fast immer ein veränderter Einheitswert", betont Neumann.
Rückwirkende Erhebung der Grundsteuer möglich
Finanzämter seien sogar verpflichtet, Einheitswerte für Grundstücke periodisch zu überprüfen und fortzuschreiben. Dazu werden Fragebögen verschickt, denen der Eigentümer oftmals hilflos gegenüber-steht und sie nicht ausreichend oder teilweise falsch beantwortet. Der dann folgende, neue Einheitswertbescheid vom Finanzamt wird oft nicht beachtet. Erst wenn die Gemeinde eine Nachzahlung zur Grundsteuer haben möchte, wacht der Betreffende auf und versucht, bei der Gemeinde Widerspruch einzulegen. "Die weist ihn aber mit Recht ab, denn die Ursache der höheren Grundsteuer ist der neue, zumeist höhere Einheitswert", so Neumann. Bei der Eigentümer-Schutzgemeinschaft kenne man zahlreiche Fälle, in denen Einheitswertbescheide missachtet oder einfach abgeheftet wurden. Rat sollte man sich aber holen, bevor das Kind in den Brunnen gefallen ist, also bevor der Einheitswertbescheid bestandskräftig wurde.
Auch den Lesern aus Schwanebeck rät er zu einer detaillierten Überprüfung des Bescheides, um festzustellen, ob dieser rechtmäßig ist und ob nachgezahlt werden muss.
Denn eine rückwirkende Erhebung der Grundsteuer ist im Rahmen der Festsetzungsverjährung nach Abgabenordnung möglich. "Der Beginn der Verjährung kann sich allerdings auf frühere Zeitpunkte verschieben, wenn Feststellungen zum Einheitswert, beispielsweise durch fehlende Mitwirkung des Eigentümers, verzögert wurden", so der Präsident von Haus Grund.