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Entscheidung des Bundessozialgerichtes Intelligenzrente: "Leere Hüllen" sind vom Tisch

Von Gudrun Oelze 28.06.2010, 05:20

20 Jahre nach der deutschen Widervereinigung mussten viele Ostrentner erstaunt zur Kenntnis nehmen, dass sie am Tag vor Inkrafttreten der Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion in "leeren Hüllen" gearbeitet hatten. Mit diesem Begriff begründete die Deutsche Rentenversicherung die angebliche Unrechtmäßigkeit von Bescheiden, die einstigen Ingenieuren volkseigener Betriebe eine Sonderrente brachten.

Zuvor konnten Versicherte auch dann in die DDR-Rentenzusatzversorgung für technische Intelligenz einbezogen werden, wenn sie dafür gar keine Urkunde oder keinen Einzelvertrag besaßen. Nach einem BSG-Urteil mussten lediglich die abstrakten Zugangsvoraussetzungen zum jeweiligen Versorgungssystem erfüllt sein, darunter eine Beschäftigung in einem volkseigenen Produktionsbetrieb am 30. Juni 1990.

Ostdeutsche Landessozialgerichte in Sachsen, Thüringen und Brandenburg stellten später fest, dass volkseigene Produktionsbetriebe am Tag vor der Währungsunion nur noch "Leere Hüllen" waren und für dort beschäftigte Ingenieure damit kein Anspruch auf Zusatzversorgung für die Technische Intelligenz bestand.

Dazu liegt nun eine Entscheidung des Bundessozialgerichtes vor. "Wie ist diese ausgefallen und was muss ich tun, um meinen Anspruch auf die fiktive Intelligenzrente geltendmachen zu können?", fragte Heinz Depkat aus Magdeburg, ein ehemaliger Weinert-Werker.

Wie ihn wird es viele andere Ingenieure im Ruhestand freuen, dass nach mehreren Urteilen des BSG in Kassel seit Mitte Juni eindeutig feststeht: Versicherte, die am 30. Juni 1990 in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der ehemaligen DDR arbeiteten und eine ingenieurtechnische Tätigkeit ausübten, haben einen Anspruch nach dem Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG).

Damit wandten sich Deutschlands oberste Sozialrichter dagegen, dass allein durch die begonnene Umwandlung eines volkseigenen Betriebes in eine Kapitalgesellschaft auch die Betriebsmittel vor dem 30. Juni 1990 übernommen wurden und der volkseigene Produktionsbetrieb mangels Eigenkapital nicht mehr in der Lage war, zu produzieren und seine Mitarbeiter zu entlohnen.

Das Bundessozialgericht vertritt dagegen die Auffassung, dass der volkseigene Betrieb bis zum 30. Juni 1990 existierte, wenn eine Nachfolgegesellschaft bis zu diesem Zeitpunkt nicht rechtsfähig war. Damit kann für damals dort Beschäftigte durchaus Anspruch nach dem AAÜG für Angehörige der Technischen Intelligenz bestehen.

Diese neue Rechtsprechung des Bundessozialgerichts werde umgesetzt, versichert die Deutsche Rentenversicherung Bund. Betroffene können sich bei Rückfragen an den Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme (Hirschberger Str. 4, 10317 Berlin) oder in einer der Beratungsstellen in Magdeburg, Burg, Haldensleben, Gardelegen, Salzwedel, Stendal, Aschersleben, Halberstadt und Wernigerode informieren.

Die jüngsten BSG-Urteile wertet Arnd Müller aus Möser als einen "Sieg der Vernunft gegenüber den Entdeckern von leeren Hüllen". Dadurch seien "der offensichtlich von der Politik aufgemachte Druck (Rente nach Kassenlage und Neid diverser angeblicher Sozialpolitiker) nicht nur abgelassen, sondern die Gerichte in 2. Instanz und der Rentenversicherungsträger mit ihren subjektiven Auffassungen total gescheitert", heißt es in seinem Leserbrief.