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TÜV wertet 50000 Hauptuntersuchungen bei Reise- und Linienbussen aus Jeder achte Bus hat erhebliche Mängel

Von Georg Ismar 17.09.2010, 04:18

Erstmals hat der TÜV einen Bus-Report veröffentlicht. Insgesamt haben die Busunternehmen aus früheren Unfällen offenbar wichtige Schlüsse gezogen. Zwar weist jeder achte Bus erhebliche Mängel auf, aber über die Hälfte kommt problemlos durch den TÜV. Sorgen machen alte Busse.

Berlin (dpa). Der Bus hatte eine poröse Vorderachse, verrostete Rahmenteile und einen undichten Tank. Außerdem war der Einklemmschutz defekt – er soll Kinder davor schützen, dass sie nicht von schließenden Türen eingequetscht werden. Der Frankfurter Polizei blieb nichts anderes übrig, als den mit 50 Kindern besetzten schrottreifen Schulbus aus dem Verkehr zu ziehen. Besorgte Bürger hatten die Beamten auf das 18 Jahre alte Fahrzeug hingewiesen.

Dieser Vorfall aus dem August 2009 gehört in Deutschland zu den Einzelfällen. Aber je älter die Busse, desto mehr Probleme gibt es, ergab die gestern in Berlin vorgestellte erste Auswertung von 50000 Hauptuntersuchungen bei Reise- und Linienbussen. Bei den "Ü20"-Bussen sind 23 Prozent in besorgniserregendem Zustand.

Insgesamt weist jeder achte Bus erhebliche Mängel auf, und muss nochmal in die Werkstatt, bevor es die Prüfplakette gibt. Die deutsche Busflotte ist im Schnitt 8,5 Jahre alt – einmal pro Jahr ist eine Hauptuntersuchung fällig. Besonders die Beleuchtung bereitet den TÜV-Inspekteuren Sorgen. Fast 20 Prozent der Busse weisen hier Mängel auf. Aber auch mangelhafte Achsen, eine eingeschränkte Bremswirkung oder zu viel Spiel bei der Lenkung sind ein Problem.

"Aber rein statistisch ist der Bus eines der sichersten Verkehrsmittel", betont das geschäftsführende Präsidiumsmitglied des TÜV, Klaus Brüggemann. Insgesamt kommt der TÜV zu einem gemischten Ergebnis: Zwar ist mehr als die Hälfte der Busse mängelfrei. Aber angesichts von 5,5 Milliarden Passagieren pro Jahr ist jeder Bus mit Mängeln einer zu viel, sagt Brüggemann. Der Bundesverband deutscher Omnibusunternehmer verweist darauf, dass die Anzahl der getöteten Businsassen von 58 im Jahr 1992 auf 12 im Jahr 2009 gesunken sei.

Aber einzelne Unfälle heizen immer wieder Sicherheitsdebatten an – Verallgemeinerungen lassen sich daraus jedoch nicht ziehen, das zeigen die TÜV-Zahlen. Im November 2008 ging bei Hannover auf der Autobahn 2 ein Reisebus in Flammen auf. 20 Menschen starben in der tödlichen Falle, 13 wurden verletzt. Die 32-köpfige Gruppe und der Busfahrer waren auf dem Rückweg von einer Kaffeefahrt. Ein technischer Defekt in der Toilette hatte den Brand ausgelöst.

Bei einem Bus aus Niedersachsen, der am 17. Mai 2003 bei Lyon in Frankreich unterwegs war, kam alles zusammen. Bei dem Unfall starben 28 deutsche Urlauber, 46 erlitten Verletzungen. Ursache für den Unfall war überhöhte Geschwindigkeit von 110 Stundenkilometern bei Dunkelheit und Regen. Obendrein schlief der Fahrer kurz ein. Beim Aufwachen riss er durch plötzliches Bremsen das Fahrzeug nach rechts herum. Er hatte gegen Vorschriften bei Lenk- und Ruhezeiten verstoßen und die Tachoscheibe des zweiten Fahrers einlegt. Zudem war der Bus in miserablem Zustand. Er hatte stark korrodierte Teile, Bremsen und Stoßdämpfer funktionierten nicht mehr richtig – obwohl das Fahrzeug erst wenige Monate zuvor beim TÜV die Prüfplakette erhalten hatte.

Der TÜV verweist darauf, dass es oft weniger die technischen Mängel als vielmehr menschliches Versagen ist, das für Unfälle sorgt – etwa wenn Lenk- und Ruhezeiten nicht eingehalten werden. Seit 2003 gibt es eine EU-weit einheitliche Qualifizierung des Bus- und Lkw Personals – darin wird auch die Pflicht zur ständigen Weiterbildung vorgeschrieben. Zudem wurden die Lenk- und Ruhezeiten verschärft.

Die schwarz-gelbe Koalition hat sich in ihrem Koalitionsvertrag dazu bekannt, Fernlinien im Busverkehr zuzulassen. Das dürfte den Wettbewerb weiter verschärfen. Um auf Nummer sicher zu gehen, hat TÜV-Experte Brüggemann für die Verbraucher einen simplen Tipp: Bei der Busreise nicht die falschen Prioritäten setzen. "Wer stets das billigste Angebot wählt, spart am Ende an der Sicherheit."