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Betriebliche Gesundheit Tabuthema Wechseljahre? Was Frauen im Job helfen kann

Hitzewallungen, Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen: Wer in den Wechseljahren Beschwerden hat, fühlt sich oft auch im Berufsleben eingeschränkt. Was im Joballtag helfen kann.

Von Sabine Meuter, dpa 03.03.2025, 00:05
Am Arbeitsplatz sind die Wechseljahre vielerorts noch immer ein Tabu. Anlaufstellen können dann zum Beispiel Betriebsärzte oder auch der Betriebsrat sein.
Am Arbeitsplatz sind die Wechseljahre vielerorts noch immer ein Tabu. Anlaufstellen können dann zum Beispiel Betriebsärzte oder auch der Betriebsrat sein. Christin Klose/dpa-tmn

Konstanz/Hamburg - Bei der einen treten sie früher ein, bei der anderen später: Und genauso unterschiedlich erleben Frauen ihre Wechseljahre auch. Manche fühlen sich nicht anders als zuvor, andere hingegen empfinden die Symptome als sehr belastend. Und Erschöpfung, Schlafstörungen und Reizbarkeit sind nicht nur im Alltag lästig, sondern wirken sich auch auf die Arbeit negativ auf.

Wobei die Bandbreite der Symptome in den Wechseljahren noch um einiges größer ist, wie Emma Erhard, Psychologin bei IFBG (vormals: Institut für Betriebliche Gesundheitsberatung) sagt. Auch depressive Verstimmungen, Inkontinenz und vaginale Beschwerden kommen vor. Sie gehen mitunter mit Juckreiz, Schwindel oder sogar Herzrhythmusstörungen einher. 

„Solche Symptome können im Job den Stress verstärken und die Fehleranfälligkeit erhöhen, wodurch der Arbeitsalltag für viele Frauen zur Herausforderung wird“, so Erhard.

Das kann Folgen haben. In einer Umfrage mit mehr als 2000 Befragten, die 2023 im Rahmen des Projekts „MenoSupport“ von Wissenschaftlerinnen der HWR Berlin durchgeführt wurde, gab knapp ein Viertel an, aufgrund der Wechseljahre bereits Arbeitsstunden reduziert zu haben. Jede fünfte Frau über 55 gab an, aufgrund der Wechseljahre früher in den Ruhestand zu gehen oder gegangen zu sein. 

Wie Frauen gegensteuern können

Doch Frauen können gegensteuern. „Sie müssen wegen Wechseljahre-Beschwerden nicht zwingend ihre Arbeitszeit reduzieren oder gar in den Vorruhestand gehen“, sagt die Gynäkologin Katrin Schaudig. Und sie müssen auch nicht unter den Symptomen leiden. Im Gespräch mit Arzt oder Ärztin kann man zum Beispiel prüfen, ob eine Hormonersatztherapie sinnvoll ist, bei der der entstehende Hormonmangel mit Hilfe von Medikamenten ausgeglichen wird. 

Bei Schlafstörungen empfiehlt Schaudig, Präsidentin der Deutschen Menopause Gesellschaft, Schlafmittel auf rein pflanzlicher Basis auszuprobieren. Bei Durchschlafproblemen können auch regelmäßige Entspannungsübungen, autogenes Training oder Sport förderlich sein.

Daneben sollten Frauen in den Wechseljahren achtsam gegenüber sich selbst sein: Welche Stressfaktoren gibt es im Alltag und wie kann ich sie reduzieren? Was tut mir gut? Emma Erhard empfiehlt, sich zu fragen, ob die persönlichen Ansprüche an einen selbst realistisch sind. Müssen es immer 100 Prozent sein oder reichen manchmal auch 80 Prozent?

Und: Haben Frauen in den Wechseljahren derart starke Beschwerden hat, dass sie sich nicht in der Lage sehen, ihrer Arbeit nachzugehen, sollten sie sich das auch eingestehen. „Wichtig ist, dass man bei starken Beschwerden frühzeitig sich ärztlich beraten lässt“, sagt Schaudig.

Als Arbeitnehmerin offenes Gespräch mit Vorgesetzten suchen

Eine Herausforderung ist nicht zuletzt, das Thema am Arbeitsplatz überhaupt anzusprechen. Über die Hälfte der Befragten gaben in der „MenoSupport“-Studie an, dass die Wechseljahre an ihrem Arbeitsplatz ein Tabuthema sind. 

Aus Sicht von Emma Erhard sind Aufklärung und Sensibilisierung wichtig, um das Thema Wechseljahre und insgesamt Frauengesundheit im Arbeitsumfeld präsenter zu machen. Hier können zum Beispiel Workshops oder betriebliche Gesundheitsangebote das Bewusstsein stärken. 

„Wichtig ist, dass Frauen sich ohne Druck äußern können, aber nicht darauf reduziert werden“, so Erhard. Dabei können auch anonyme Beschäftigtenbefragungen ohne Rückschlüsse auf einzelne Personen helfen. 

Kein Patentrezept

Eine Schwierigkeit bleibt oft: Ein Patentrezept für wechseljahresfreundliche Arbeitsbedingungen gibt es nicht. Die Bedürfnisse und Möglichkeiten variieren je nach Tätigkeitsbereich. Erhard hält es daher für zielführend, offen mit Führungskräften über individuelle Bedürfnisse und Anpassungen zu sprechen.

„Während im Büro oder Homeoffice oft Flexibilität bei Arbeitszeiten und Pausen besteht, ist das etwa bei körperlich anstrengenden Tätigkeiten nicht immer möglich“, so die Beraterin. Bei Letzteren kann etwa ein ruhiger Pausenraum zum Rückzug eine Option sein. 

Und statt gleich die Arbeitszeit zu reduzieren, kann es auch eine Option sein, in Absprache mit der Führungskraft zumindest vorübergehend an die eigene Lebenssituation angepasste Aufgaben zu übernehmen.

Viele Unternehmen setzen sich mit Frauengesundheit auseinander

Grundsätzlich würden immer mehr Unternehmen die Bedeutung von Unterstützung für Frauen in den Wechseljahren anerkennen, wie Erhard sagt. Laut Schaudig gibt es etwa Firmen, in denen auf Wechseljahre-Beschwerden spezialisierte Gynäkologinnen einen Vortrag für Interessierte halten und anschließend für Einzelberatungen zur Verfügung stehen.

Ansonsten gilt: Wenn der Job durch die Symptome stark beeinträchtigt ist, können auch Betriebsärztinnen und -ärzte oder Betriebsräte Anlaufstellen sein. Zudem bieten Selbsthilfegruppen und Online-Foren Raum für den Austausch mit anderen Betroffenen. „So kann man Erfahrungen teilen und Unterstützung erhalten“, sagt Emma Erhard.