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Internethandel Kein Päckchen unterm Baum? - Wenn Geschenke beim Zoll landen

Kurz vor dem Fest hat man das perfekte Weihnachtsgeschenk im Internet gefunden - aber die Lieferung lässt auf sich warten. Der Zoll kennt solche Fälle gut.

Von Anna Ringle, dpa 19.12.2016, 11:57

Finsterwalde (dpa) - Ski aus der Schweiz, Brettspiel aus Japan und Klamotten aus China: In dem kleinen Zollamt Finsterwalde in Brandenburg geht es zurzeit so ähnlich wie in einer Postfiliale zu.

In einem Lagerraum stapeln sich Pakete und Päckchen. Die Waren kommen aus Ländern außerhalb der EU. Dafür gelten spezielle Zollbestimmungen, die manchmal nicht erfüllt werden. Empfänger müssen aufs Zollamt und Unterlagen nachreichen, um das Päckchen zu bekommen. Kurz vor Weihnachten häufen sich nach Zollangaben deutschlandweit solche Fälle. In den vergangenen Jahren sei es hin und wieder vorgekommen, dass Weihnachtsgeschenke nicht rechtzeitig unter den Tannenbaum kamen.

Klaus Roswenz steht vor einem Regal und nimmt ein Päckchen in die Hand. "Das sind Schuhe, das sieht man an der Form", sagt der Leiter des Finsterwalder Zollamtes. Aber nicht bei jeder Sendung ist erkennbar, was der Inhalt ist. Und genau das ist das Problem.

Bei Warenverkehr aus Drittländern muss für den Zoll erkennbar sein, um welche Produkte es sich handelt und wie hoch der Wert ist. Fehlen Inhaltsangabe oder Rechnung am Päckchen, wird es an Flughäfen beim Eintreffen der Fracht herausgefischt, wie Roswenz erläutert. Es komme auch vor, dass falsche Angaben gemacht werden, um den eigentlichen Wert zu verschleiern und Einfuhrabgaben zu minimieren. Auch bei einem solchen Verdacht schalte sich der Zoll ein, sagt er.

Päckchen mit Unstimmigkeiten werden zu dem Zollamt gebracht, das im Einzugsgebiet des Empfängers liegt. Das betrifft laut Generalzolldirektion Sendungen, die die Deutsche Post AG abwickelt. Die Abläufe der Importverzollung unterscheiden sich bei anderen Beförderern.

Der Empfänger wird zugleich per Schreiben informiert, dass eine Sendung beim Zollamt bereit liegt. "Viele kommen dann her und fragen: "Wieso liegt mein Päckchen beim Zoll?"", sagt Roswenz. Einigen Kunden, die im Internet bestellten, sei gar nicht klar, aus welchem Land die Ware stamme und welche Einfuhrbestimmungen gelten.

Im Jahr 2015 wurden rund 1,4 Millionen Sendungen aus Drittländern zur Klärung von Unstimmigkeiten an deutsche Zollämter weitergeleitet, wie die Generalzolldirektion in Bonn mitteilt. Der Anteil der Sendungen, zu denen Angaben fehlen, nehme zu. Der Zoll führt das auf steigenden Internethandel zurück. Kurz vor Weihnachten häufen sich demnach wegen des Weihnachtsgeschäfts und der zunehmenden Sendungsmenge die Fälle bei den Zollämtern.

Zu den bestellten Produkten, die immer wieder beim Zoll landen, zählen laut Zollamt Finsterwalde Uhren, Schmuck, Schuhe, Kleidung, Nahrungsergänzungsmittel, Videospiele, Handys und Kfz-Ersatzteile. Vor allem mit Päckchen aus den USA und China hätten die Zollbeamte häufiger zu tun, erläutert Roswenz.

Die Verbraucherzentrale Brandenburg schätzt, dass sich einige Kunden auf Plattformen im Internet mehr von einem attraktiven Preis leiten lassen als davon, aus welchem Land die Ware kommt und wie lange die Lieferzeit ist. Gerade vor Weihnachten könnte es dann zu Engpässen kommen, wenn die Ware noch durch den Zoll muss und dort eventuell Probleme auftreten.

Verbraucherzentralen in Deutschland haben zugleich immer wieder mit Beschwerden über fehlende Transparenz im Internethandel zu tun. Verbraucher bemängelten, dass bei einer Bestellung aus einem Drittland nicht deutlich genug ausgewiesen werde, dass zum Preis noch Einfuhrabgaben hinzukommen, sagt Kirsti Dautzenberg vom Verbraucherzentralenprojekt Marktwächter Digitale Welt. Viele Kunden seien überrascht, wenn der Endpreis höher sei.

Schafft es der Empfänger nicht, vor Weihnachten die benötigten Unterlagen innerhalb einer Frist vorzulegen oder begleicht er die Gebühren nicht, bleibt das Paket über die Feiertage beim Zoll. Nach Angaben des Hauptzollamts Frankfurt (Oder) kommt das aber in den seltensten Fällen vor.

"Manche sind traurig, wenn sie im Januar kommen", erinnert sich der Finsterwalder Zollamtsleiter Roswenz an Abholer verspäteter Weihnachtsgeschenke. Andere seien wiederum froh, wenn die Ware überhaupt irgendwann bei ihnen lande - und dann gebe es noch die, die ganz auf die Ware verzichteten. Warum? Weil ihnen der Anfahrtsweg zum Zollamt zu lang oder der Zeitaufwand zu groß sei, sagt Roswenz.

Infos zum Warenverkehr innerhalb der EU

Infos zu Postsendungen aus Nicht-EU-Staaten

Muster einer Zollinhaltserklärung

Infos zum Projekt Digitaler Marktwächter der Verbraucherzentralen