An der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks müssen sich Behinderte beteiligen Komplette Befreiung weiterhin möglich
Ab 1. Januar 2013 wird die Rundfunkgebühr vom Rundfunkbeitrag ersetzt. Volksstimme-Leser wollten wissen, ob es auch eine Befreiung davon gibt. Im Volksstimme-Gespräch informiert darüber Kay Lehmann, Projektmanager GEZ in Leipzig.
Volksstimme: Ist künftig gar keine Befreiung vom Rundfunkbeitrag möglich?
Lehmann: Doch. Wer bestimmte staatliche Sozialleistungen erhält, kann sich befreien lassen: zum Beispiel Menschen, die Arbeitslosengeld II, Sozialhilfe, Grundsicherung oder BAföG beziehen. Sie können mit dem Nachweis der betreffenden Behörde die Befreiung beantragen.
Volksstimme: Welche Regelungen gelten für behinderte Menschen?
Lehmann: Das Bundessozialgericht hat eine Befreiung ausschließlich aufgrund einer Behinderung als unzulässig eingestuft. Diese Vorgabe ist mit dem Rundfunkbeitragsstaatsvertrag umgesetzt worden: Ab Januar des nächsten Jahres zahlen daher auch behinderte Menschen den Rundfunkbeitrag, sofern sie nicht aufgrund ihrer sozialen Situation zu befreien sind. Behinderte mit dem Merkzeichen "RF" im Schwerbehindertenausweis zahlen künftig ein Drittel des Beitrags - also 5,99 Euro im Monat. Taubblinde und Empfänger von Blindenhilfe können - wie bisher - ganz von der Beitragspflicht befreit werden. Zugleich bauen ARD, ZDF und Deutschlandradio ab 2013 den Zugang zu ihren Programmen aus. An deren Finanzierung beteiligen sich nun auch Menschen mit Behinderung, die ja von dem erweiterten Angebot profitieren.
"Betroffene können eine Reduzierung des Beitrags beantragen."
Volksstimme: Wer kann außerdem den reduzierten Rundfunkbeitrag beanspruchen?
Lehmann: Das betrifft blinde oder wesentlich sehbehinderte Menschen mit einem Grad der Behinderung von wenigstens 60 Prozent. Diese Sehbehinderung muss dauerhaft sein, nicht vorübergehend. Auch Menschen, die gehörlos sind oder denen eine ausreichende Verständigung über das Gehör auch mit Hörhilfen nicht möglich ist, können den reduzierten Beitrag beanspruchen. Gleiches gilt für Menschen, deren Grad der Behinderung nicht nur vorübergehend ist und mindestens 80 Prozent beträgt und die wegen ihres Leidens nicht an öffentlichen Veranstaltungen teilnehmen können. Erhalten Behinderte bestimmte staatliche Sozialleistungen, können sie statt einer Ermäßigung eine Befreiung vom Rundfunkbeitrag beantragen. Eine Übersicht über die Regelungen finden Interessierte im Internet auf www.rundfunkbeitrag.de
Volksstimme: Gibt es Härtefallregelungen, etwa für Bezieher ganz geringer Einkommen?
Lehmann: Ja, die gibt es. Wer keinen Anspruch auf Sozialleistungen hat, weil seine Einkünfte die jeweilige Bedarfsgrenze um weniger als 17,98 Euro überschreiten, kann eine Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht als besonderer Härtefall beantragen. Dem Antrag auf Befreiung ist als Nachweis ein ablehnender Bescheid oder eine Bescheinigung der zuständigen Behörde über die Einkommensüberschreitung beizufügen.
Volksstimme: Was passiert, wenn ein Nur-Radio-Hörer weiterhin nur den Beitrag in Höhe der bisher deutlich niedrigeren Rundfunkgebühr oder gar nicht zahlt?
Lehmann: Verweigert sich jemand der Zahlung des Rundfunkbeitrages, muss der übliche Rechtsweg beschritten werden. Grundlage dafür ist der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag.