Gerichtsurteile rund um die Schiffsreise Kreuzfahrt-Passagiere müssen Motorengeräusche hinnehmen
Schiffsreisen stehen bei Urlaubern hoch im Kurs. Die Welt vom Meer aus zu entdecken, hat genauso seinen Reiz wie die Erfahrung, ein schwimmendes Hotel zu bewohnen. Wellness- und Fitnessangebote, Entertainment und Landausflüge zählen für viele zu den Höhepunkten einer Kreuzfahrt. Die Experten der ARAG-Versicherung haben Rechtstipps und Urteile zu Schiffsreisen zusammengestellt.
In die Reisebedingungen schauen: Manchmal können wegen widriger Wetterbedingungen oder anderer Umstände, die sich erst nach dem Auslaufen ergeben, nicht alle geplanten Stationen einer Kreuzfahrt eingehalten werden. Urlauber haben nicht automatisch Anspruch auf eine Minderung des Reisepreises, wenn der Reiseveranstalter bereits in seinen Reisebedingungen festgelegt hat, dass unter Umständen nicht alle Häfen angelaufen werden. Dies gilt allerdings nicht, wenn der Passagier gar nicht erst auf das Schiff gelangt, weil es einen bestimmten Hafen nicht angelaufen hat. (Landgericht Bremen, Az.: 1 O 1335/01)
Schiff läuft Hafen nicht an: Läuft bei einer Kreuzfahrt das Schiff in einen bestimmten Hafen nicht, kann der Reisende den Reisepreis mindern. Im konkreten Fall ging das Schiff 60 Kilometer vor Stockholm vor Anker und die Passagiere mussten mit dem – extra zu bezahlenden – Bus in die Stadt fahren (Amtsgericht München, Az.: 262 C 1373/09).
Vorsicht bei starkem Seegang: Bei schwerer See heißt es für die Besatzung "Eine Hand fürs Schiff, die andere für sich selbst". Aber auch Passagiere müssen sich dann gut festhalten. Stürzen sie und verletzen sich dabei, haften sie selbst. In dem konkreten Fall war ein älterer Kreuzfahrer bei starkem Seegang im Bad seiner Kabine so schwer gestürzt, dass er an den Landausflügen nicht mehr teilnehmen konnte und eine Langzeit-Schmerztherapie benötigte. Er verklagte daraufhin den Reiseveranstalter auf Schadenersatz, jedoch ohne Erfolg. Das Argument der Richter: Haltegriffe beispielsweise im Bad seien weder üblich noch gesetzlich vorgeschrieben. Zudem habe die Besatzung wiederholt über Lautsprecher darauf hingewiesen, sich gut festzuhalten (LG Bremen, Az.: 7 O 124/03).
Keine Minderung wegen Motorengeräusch und Küchengeruch: Passagiere einer Kreuzfahrt müssen gewisse Unannehmlichkeiten hinnehmen. Dazu gehören neben Diesel- und Küchengerüchen auch Motorengeräusche, die nicht über den Normalpegel hinausgehen. Motorengeräusche sind auf einem Schiff zu erwarten und inwieweit diese als störend empfunden werden, hängt vom individuellen Empfinden der Reisegäste ab. Ein Mangel liegt nur vor, wenn ein über dem Geräuschpegel bei Normalbetrieb hinausgehender Lärm verursacht wird, etwa durch einen Schaden am Motor (AG München, Az.: 242 C 16587/07).
Motor- statt Segelschiff: Eine Familie buchte eine Kreuzfahrt auf einem "Motorsegelschiff" in der Hoffnung, dass sich die Angaben im Reisekatalog, welcher gelegentliches Segeln "je nach Ausstattung der Schiffe und Wetterlage" versprach, erfüllen würde. Die Enttäuschung war groß, als die Urlauber feststellen mussten, dass das Schiff gar keine Masten hatte, so dass selbst bei bestem Wind ein Segeln unmöglich war. Als kleinen Trost bekamen die Reisenden nach Rückkehr von den Richtern eine 15-prozentige Reiseminderung zugesprochen. Mehr Rückerstattung war nicht möglich, da ein aufmerksamer Leser aus der Beschreibung ersehen muss, dass ein reines Segelschiff nicht zu erwarten war. Da die Urlauber aber davon ausgehen durften, dass wenigstens ab und zu gesegelt werden würde, war durch die fehlenden Segel ein Reisemangel gegeben (Landgericht Hamburg, Az.: 317 S 120/00).
Ohne Koffer an Bord: Gelangt Reisegepäck erst verspätet auf das Kreuzfahrtschiff, kann der Reisepreis pro Reisetag um 30 Prozent gemindert werden. Ein Ehepaar buchte eine Mittelmeerkreuzfahrt ab Genua. Dort stellte es fest, dass die Koffer, die es am Flughafen aufgegeben hatte, nicht eingetroffen waren. Wegen dieser Beeinträchtigung minderten die Reisenden den Reisepreis für die fünf Tage bis zum Eintreffen des Gepäcks. Ein Schadensersatz für entgangenen Urlaubsgenuss konnten sie nicht geltend machen (AG München, Az.: 132 C 20772/08).
Geld zurück wegen bekannter Piratengefahr: Ein Ehepaar buchte eine dreiwöchige Kreuzfahrt über Durban in Südafrika nach Genua. Nachdem die Reisenden bereits eingeschifft waren, wurde ihnen eröffnet, dass die Route wegen möglicher Piratenattacken im Golf von Aden geändert würde. Die Anlaufstationen Sansibar mit sechsstündigem Aufenthalt und Safaga sowie Soukhna mit jeweils geplanten elfstündigen Aufenthalten entfielen. Hinzu kam ein zusätzlicher fünfstündiger Aufenthalt im Hafen von Sharm El Sheik. Das Ehepaar erstritt vor Gericht eine Reisepreisminderung um 25 Prozent, weil der Reiseverlauf wesentlich geändert worden war. Eine Routenänderung ist nur dann zulässig, wenn die Gründe dafür erst nach Vertragsabschluss eintreten. Verkauft ein Reiseunternehmen eine Reise trotz eines bereits bei Vertragsschluss bestehenden Sicherheitsrisikos, müsse es das Anfahren entweder trotzdem ermöglichen (zum Beispiel durch bewaffnete Patrouillenboote) oder akzeptieren, dass die Reisenden Minderungsrechte ausüben (AG München, Az.: 281 C 31292/09).
Wann zahlt die Reiserücktrittversicherung? Wer eine Reise erst einmal angetreten hat, kann eine bestehende Reiserücktrittsversicherung nicht mehr auf Erstattung des Reisepreises in Anspruch nehmen. Dies gilt bereits bei der Anreise, wenn diese Bestandteil des Reisevertrags ist. Das musste ein Ehepaar erfahren, das sich auf eine Kreuzfahrt freute. Auf der Busfahrt zum Starthafen Genua erlitt die Frau einen Herzinfarkt. Die Reiserücktrittsversicherung erstattete den Reisepreis nicht, da die Reise mit der Busfahrt zum Genueser Hafen bereits angetreten war. Eine Reise gilt als angetreten, wenn die erste gebuchte Reiseleistung zumindest teilweise in Anspruch genommen wurde. Danach greift nur noch eine Reiseabbruchversicherung (LG München, Az.: 25 O 15162/03).(rgm)