Verkehrshelfer Lotsen dürfen keine Autos anhalten
Bundesweit 50.000 junge Verkehrshelfer sorgen für einen sicheren Schulweg. Mit erhobener Kelle Autos anhalten dürfen sie aber nicht.
Ab Donnerstag, wenn es in Sachsen-Anhalts Schulen nach den Winterferien zum zweiten Schulhalbjahr läutet, stehen Dieter Frinken und seine Verkehrshelfer wieder allmorgendlich in Wolmirstedt auf und an einer verkehrsreichen Kreuzung, um Kinder sicher über die Straße zum Schulhaus zu geleiten.
Seit Jahren setze der ehrenamtliche Mitarbeiter im Landkreis Börde das Schülerlotsenprogramm erfolgreich um, hatte die Landesverkehrswacht Sachsen-Anhalt mitgeteilt. Dorthin hatte sich der Leser-Obmann gewandt, nachdem ein Fahrlehrer eindringlich darauf hingewiesen hatte, dass Verkehrshelfer keine Polizeibeamten sind. „Sie dürfen Kindern über die Straße helfen – aber keinen fließenden Verkehr anhalten“, stellte Frank Stahnke, Geschäftsführer der Fahrschule Verkehrsinstitut Magdeburg, klar. Er reagierte auf einen Beitrag zum Einsatz von 35 neuen Verkehrshelfern in der Landeshauptstadt.
Im Unterschied zu Dieter Frinkens Schülerlosten im Landkreis Börde sind die Verkehrshelfer in Magdeburg Erwachsene, die über das Jobcenter für ihre neue Aufgabe geschult und dafür auch bezahlt werden.
Die Jugendlichen und auch die Erwachsenen, die in Wolmirstedt für einen sicheren Schulweg der jüngsten Schulkinder sorgen, tun dies aber ausschließlich ehrenamtlich, mit viel Engagement und auch Erfolg – denn immerhin kommt Deutschlands bester Schülerlotse von dort. Toni Wald aus Farsleben hatte sich im Oktober vergangenen Jahres beim Bundesschülerlotsenwettbewerb in Potsdam souverän gegen die Konkurrenz aus den anderen Bundesländern durchgesetzt. Dennoch wird sich der Zehntklässler nun aus seinem Freiwilligendienst zurückziehen. Ausbilder Dieter Frinken besteht nämlich stets darauf, dass sich seine ältesten Schülerlotsen gut auf die schulischen Abschlussprüfungen vorbereiten, und begeistert darum alljährlich neuen Nachwuchs in den siebten Klassen.
Mit zwei Gruppen organisiert Dieter Frinken den Lotsendienst an zwei Wolmirstedter Schulen, eine weitere, von der Polizei angeleitete Gruppe gebe es in Halle – alles in allem höchstens 80 Schülerlosten (ohne die Erwachsenen in Magdeburg) in ganz Sachsen-Anhalt. Bundesweit soll es 50.000 dieser ehrenamtlichen jungen Verkehrshelfer geben, 14.000 davon allein in Bayern, berichtet Dieter Frinken, den das nicht wundert, da der Verband der Automobilindustrie VDA das Gesamtprojekt sponsert und im Süden der Republik nun mal bedeutende Mitgliedsbetriebe des VDA zu Hause sind …
Schülerlotsen – offiziell jetzt „Verkehrshelfer“ genannt – gibt es in Deutschland seit 1953. Für das Ausbildungskonzept und die Ausstattung mit der Dienstkleidung – neongelbe oder orange Weste und Schirmmütze sowie eine weiß umrandete rote Kelle – ist die Deutsche Verkehrswacht zuständig. Die Ausbildung umfasst theoretischen und praktischen Unterricht, bei dem die mindesten 13 Jahre alten Schülerlosten in spe wichtige Regelungen und verkehrsrechtliche Bestimmungen aus der StVO kennen- und auch das Einschätzen von Geschwindigkeiten, Anhalte- beziehungsweise Bremswegen von Fahrzeugen erlernen.
„Die Verkehrshelfer – egal ob als Jugendliche oder Erwachsene – haben aber keine hoheitlichen Rechte“, betont auch Dieter Frinken. Sie sollen Lücken im laufenden Straßenverkehr abpassen, um dann Kinder über die Straße zu geleiten. Mit erhobener Kelle Autos anhalten dürfen sie nicht, stimmt er Fahrlehrer Stahnke zu, der darin sogar einen „gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr“ sieht.
Doch der Appell der Verkehrswacht gilt auch allen Autofahrern. „Auf den Einsatz von Schülerlotsen weist ein spezielles Verkehrszeichen hin“, berichtet Dieter Frinken. „Dabei handelt es sich um ein blaues Quadrat mit der Aufschrift ‚Verkehrshelfer‘. Darüber sind in einem weißen Kasten Kinder sowie eine Person mit waagerecht gehaltener Kelle zu sehen, die den Verkehr regelt.“ Autofahrer haben sich an Stellen, an denen das Verkehrszeichen Nummer 356 „Verkehrshelfer“ aufgestellt wurde, besonders aufmerksam zu verhalten und vorsichtig zu fahren.